Home Film “Die Schattenjäger” – zugleich atmosphärisch dichter Thriller und bedrückendes Drama

“Die Schattenjäger” – zugleich atmosphärisch dichter Thriller und bedrückendes Drama

Autor: Tobi

"Die Schattenjäger" Filmplakat (© Immer gute Filme)

Die Schattenjäger

Darsteller: Adam Bessa, Tawfeek Barhom, Julia Franz Richter, Hala Rajab
Regie: Jonathan Millet
Dauer: 105 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: immergutefilme.de/movies/ghost-trail
Facebook: facebook.com/profile.php?id=61573488990914
Instagram: instagram.com/dieschattenjaeger.film
Kinostart: 13. März 2025


Mit “Die Schattenjäger” legt Regisseur Jonathan Millet nach einigen Dokumentar- und Kurzfilmen sein Spielfilmdebüt vor. Dieses beruht in der Hinsicht auf wahren Begebenheiten, dass es von einem deutschen Gerichtsfall inspiriert wurde, der der erste Strafprozess weltweit zu Folterverbrechen des Assad-Regimes in Syrien war.

Nachdem Hamid (Adam Bessa) aus Syrien geflüchtet ist, hat er Asyl in Deutschland beantragt, lebt aber solange in Straßburg und findet sich hier schon gut zurecht, wo er sich mit Gelegenheitsarbeit auf Baustellen durchschlägt. Jeden Job, der ihm vom Ansprechpartner auf dem Amt vorgeschlagen wird, will er allerdings nicht annehmen, wobei es ihm vor allem darum geht, am Ort zu bleiben, aus einem ganz besonderen Grund. Hamid ist eines der wenigen Mitglieder der geheimen, Länder-übergrifenden Yaqaza-Zelle, einem Untergrundnetzwerk von Zivilisten, die es sich zum Ziel gemacht haben, flüchtige Kriegsverbrecher des syrischen Regimes aufzuspüren und dafür zu sorgen, dass diese nun in Westeuropa kein sorgenfreies Leben führen können, wo sie doch für so viel Leid verantwortlich waren.

Um Selbstjustiz geht es hierbei nicht, sondern darum, die Schuldigen zu identifizieren und die Behörden oder auch Presse mit Beweisen und Fakten auszustatten, so dass Strafverfolgung eingeleitet wird. Momentan ist die Gruppe, die über den Sprachchat eines Kriegs-Videospiels kommuniziert, einem Syrer namens Sami Hanna auf den Fersen, der in Assads Foltergefängnis Saydnaya als “Der Chemiker” berüchtigt war und in Straßburg leben soll. Hamid glaubt, ihn, der an seinen Folterungen beteiligt war und dessen Stimme, Geruch und Schritte er nicht mehr aus dem Gedächtnis bekommt, gefunden zu haben in Harfaz (Tawfeek Barhom), der Chemie studiert. Da er, der wie alle während der Folterungen immer eine Augenbinde trug, das Gesicht seines Peinigers allerdings nicht kennt, ist eine Überführung allerdings kompliziert, und doch gibt es Anzeichen dafür, dass er Recht haben könnte. So kommt Nina (Julia Franz Richter) aus Deutschland nach Frankreich, um ihn bei den Recherchen zu unterstützen – und im Angesicht der erlittenen bzw. geschilderten Qualen fällt es schwer, zwischen Fakten und Annahmen klaren Kopf zu bewahren.

"Die Schattenjäger" Szenenbild (© Les Films Grand Huit / Kris Dewitte)

(© Les Films Grand Huit / Kris Dewitte)

Mit “Die Schattenjäger” erzielte Regisseur Jonathan Millet schon einiges an Beachtung. Der Streifen wurde mit dem TAP Revelation Award als “Bester Film” auf dem Lisboa Film Fest ebenso ausgezeichnet wie mit dem In Spirit for Freedom Award beim Jerusalem Film Festival, erhielt zudem bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes 2024, wo er auch seine Weltpremiere feierte, eine Nominierung für eine Goldene Kamera, oder auch für einen Gold Hugo des Chicago International Film Festival.

In seiner Erzählweise macht der Streifen vieles richtig. Zu Beginn wird uns direkt schockierend gezeigt, wie Hamid 2014 zur Beendigung seiner Zeit im Foltergefängnis mit anderen Insassen in die Wüste gefahren und dort ausgesetzt wird, im festen Glauben, dass alle hier ohne Wasser und jegliche Perspektive verenden werden – wenn sie nicht direkt schon einen Schuss in den Rücken bekommen.

In Straßburg dann erleben wir Hamid 2016 als verschlossenen, emotional von der Vergangenheit ausgenüchterten Mann – kein Wunder, hat er seine Frau und seine kleine Tochter doch damals in Aleppo verloren. Inzwischen hat er sich eingelebt, mit dem oben beschriebenen Ziel. Für Videochats mit seiner in einem Flüchtlingslager in Beirut lebenden Mutter (Safiqa El Till) wirft er sich in ein weißes Hemd und lügt ihr vor, es gehe ihm gut und er würde in Berlin als Literaturprofessor arbeiten, hier auch Freunde haben. Die Realität ist hingegen eine andere, Hamid praktiziert Einsamkeit, und selbst an Treffen mit der bei seinen Nachforschungen kennengelernten, aufgeschlossenen Yara (Hala Rajab), die in Syrien Medizin studierte, nun aber in einem Auffanglager für Flüchtlinge lebt und in einer Schneiderei arbeitet, scheint er wenig Interesse zu haben.

Von ihr bekam er aber den Tipp, der ihn zu Harfaz führte. Diesem stellt er nun nach und berichtet den anderen im Netzwerk von seinen wagen Erkenntnissen. Die Kommunikation im Videospiel ist hierbei absolut glaubwürdig dargestellt und hat umso mehr Wirkung, denn die geheimen Absprachen hier erfolgen, während die eigene Figur durch Kriegstrümmer schreitet, hier und dort selbst töten muss. Dann kommt Nina nach Straßburg und mit ihr, die Hamid Agenten-ähnlich im Park trifft, scheint auch der Druck zu steigen, Harfaz zu identifizieren – wenn das mal so einfach wäre. Das Ganze präsentiert Jonathan Millet mit überzeugendem Cast und einer packenden, dichten Atmosphäre, die von Unwohlsein erzeugenden, bestens passenden, elektronischen Score-Klängen von DJ Yuksek unterstützt wird – so dass “Die Schattenjäger” zu gefallen weiß, der als Thriller startet, dann aber zum bedrückenden Drama wird, wenn er mehr und mehr in die abgestumpfte Gefühlswelt des Protagonisten eintaucht.

Trailer:

Bewertung: 7 von 10 Punkten

 

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