Die Unschärferelation der Liebe
Darsteller: Caroline Peters, Burkhart Klaußner, Carmen-Maja Antoni
Regie: Lars Kraume
Dauer: 92 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
Website: www.x-verleih.de/filme/die-unschaerferelation-der-liebe
Facebook: facebook.com/xverleih
Die Grundkonstellation von Lars Kraumes („Der Staat gegen Fritz Bauer“, „Das schweigende Klassenzimmer“) Adaption „Die Unschärferelation der Liebe“ des Theaterstücks „Heisenberg“ von Simon Stephens klingt auf den ersten Blick ganz interessant: Aus einer Laune heraus küsst eine Passantin einen wildfremden Mann in den Nacken. Dessen natürliche Reaktion ist eine Mischung aus Überraschung, Entrüstung und Verlegenheit, aus der schnell ein Gespräch entsteht, das viele verschiedene Entwicklungen der ungewöhnlichen Situation in alle Richtungen zulässt. Erst recht, wenn es sich um zwei so grundverschiedene Charaktere handelt wie hier.
Alexander (Burghart Klaußner) ist introvertierter Metzger und geht stramm auf die Siebzig zu. Er trifft an einer Berliner Bushaltestelle auf die vor Wortgewalt nur so übersprudelnde Mittvierzigerin Greta (Caroline Peters), deren Redeschwall er nahezu schutzlos ausgeliefert ist. Den Grund für ihren spontanen Kuss allerdings möchte er schon gerne herausfinden, also lässt er sich ganz gegen sein Naturell auf eine Unterhaltung mit ihr ein, die zunächst einmal für eine Busfahrt inklusive Spaziergang durchs nasskalte Berlin ausreicht. Beide spielen dabei vom Start weg ihre Figuren so übertrieben theatralisch – und das ist dieses Mal wörtlich gemeint, denn sie standen tatsächlich noch vor kurzem für eben dieses Stück auf der Bühne –, dass es einem wirklich schwerfällt, ihnen ihre Emotionen abzunehmen. Vor allem Caroline Peters gibt ihre extrovertierte Greta von der ersten Sekunde an derart überzogen, dass einem schon nach wenigen Minuten die Lust am Zuhören vergeht.
In gewisser Weise ist das sicherlich Teil ihrer Rolle als nervige Plaudertasche, den sie hier aber so übererfüllt, dass man augenblicklich Mitleid mit dem zurückhaltenden Alexander bekommen muss. Den wenigstens spielt Burkhart Klaußner hier angenehm zurückgenommen und bremst mit seinen trockenen Kommentaren die konstant übers Ziel hinausschießende Peters immer wieder wichtig ein. So schaltet man bei den extrem aufgesetzt wirkenden Dialogen zumindest nicht sofort ab, sondern lässt sich darauf ein, die Charaktere hinter den dicken Fassaden entdecken zu wollen, die das Duo Peters/Klaußner dann wirklich herauszuarbeiten beginnt.
So stellt sich Greta als durchaus verletzlich heraus und versteckt ihre wahre Verzweiflung hinter allerlei Lügengeschichten über sich selbst, wie sie Alexander am nächsten Tag gesteht. Denn mit der einen Begegnung gibt sich Greta natürlich nicht zufrieden, steht plötzlich trotz dessen anfänglicher Ablehnung in Alexanders Fleischerei und versucht so ihre noch kaum existente Beziehung zu vertiefen. Und auch Alexander steht der Nervensäge keinesfalls so abweisend gegenüber, wie er vielleicht sogar sich selber glauben machen will. Im Grunde genommen freut er sich über eine überraschende Abwechslung in seinem Leben, das für den Eigenbrötler seit Jahrzehnten doch in allzu geradlinigen Bahnen verläuft.
Ob man es sich nun vorstellen kann oder nicht, das Drehbuch hat für die beiden vorgesehen, dass sie sich trotz allem näherkommen, sich bei einigen weniger künstlich wirkenden Gesprächen öffnen und tatsächlich zusammen im Bett landen. Dass das für Greta wie so vieles vorher nur Mittel zum Zweck gewesen ist, muss Alexander einfach glauben, als er kurze Zeit später mit ihrer Bitte um Geld konfrontiert wird. Das ist gleichzeitig die stärkste Phase des Films, in der man sich zusammen mit Alexander noch mehr als zuvor gar nichts mehr sicher sein kann, und seine Gedankenspiele um Gretas wirkliche Absichten beim von ihr herbeigeführten Kennenlernen nur allzu gut nachvollziehen kann.
Das allerdings erschöpft sich auf wenige erhellende Momente und hat sich spätestens dann erledigt, als Alexander bereit ist, Greta trotz allem das Geld für die Suche nach ihrem Sohn in den USA zu geben. Dass sich anschließend auch noch beide als Paar auf den Weg machen, mag vielleicht auf der Bühne funktionieren, hier aber scheitert Lars Kraumes Dramödie vor allem am Overacting und den gezwungenen Dialogen, deren humoristische Ambitionen noch dazu ausnahmslos ins Leere laufen. Das macht den über weite Strecken nervtötenden Film vor allem eins: unglaubwürdig.
Trailer:
Bewertung: 3 von 10 Punkten