Home Film “Ein Tag ohne Frauen” – warmherzige Doku über den Ursprung isländischer Geschlechtergerechtigkeit

“Ein Tag ohne Frauen” – warmherzige Doku über den Ursprung isländischer Geschlechtergerechtigkeit

Autor: Mick

"Ein Tag ohne Frauen" Filmplakat (© Rise and Shine Cinema)

Ein Tag ohne Frauen

Dokumentation
Regie: Pamela Hogan
Dauer: 70 Minuten
FSK: freigegeben ohne Altersbeschränkung
Website: riseandshine-cinema.de/portfolio/ein-tag-ohne-frauen
Facebook: facebook.com/riseandshinecinema
Instagram: instagram.com/riseandshinecinema
Kinostart: 13. März 2025


Legendärer Frauenstreiktag in Island Mitte der 70er Jahre. Noch nie gehört? Macht nichts, so ging es mir bis vor kurzem auch. Aber dafür haben wir ja Produzentin Hrafnhildur Gunnarsdóttir, die selbst am 24.10.1975 als junges Mädchen mit ihrer Mutter auf der zentralen Kundgebung des Tages mitten in Reykjavik stand. Lange trug sie das Projekt mit sich herum, diese Initialzündung der isländischen Frauenbewegung endlich in einem Film aufzuarbeiten und so einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Mit der Regisseurin Pamela Hogan, die selbst fast zufällig vom damaligen Protest erfuhr, bildete sie dann ein kongeniales Gespann, das uns jetzt mit seiner Doku „Ein Tag ohne Frauen“ pünktlich zum internationalen Frauentag und dem 50-jährigen Jubiläum des Events das ebenso erhellende wie herzliche Resultat seiner gemeinsamen Arbeit präsentiert.

Damit haben sie sich wirklich ein nicht nur erstaunliches sondern auch einschneidendes Ereignis ausgesucht, denn nicht von ungefähr steht Island schon seit längerem im weltweiten Ranking auf Platz eins in Sachen Gleichstellung von Frauen. Und das war beileibe nicht immer so, zum Beweis dreht Regisseurin Hogan zum Einstieg in ihre Doku die Zeit erstmal weit zurück und nutzt naheliegend in ihren Interviewsequenzen mit Zeuginnen deren Unmut, um die auch in Island vorherrschende gesellschaftliche Ungerechtigkeit gegenüber Frauen hervorzuheben. Da berichtet eine Arbeiterin, dass sie mit dem gleichen Job am Band einer Fischfabrik wesentlich weniger verdiente als der Mann genau neben ihr. Oder eine emanzipierte Landwirtin, dass ihr Aufnahmegesuch beim Bauernverband allenfalls als Witwe durchgegangen wäre, während sich gleichzeitig der Traum einer jungen Frau von einer Kapitänsausbildung schnell als utopisches Hirngespinst herausstellte.

Umstände, die schon seit Jahren radikale Aktivistinnen in der „Rote Socken“-Bewegung zusammenführten und letztendlich 1975 in der Bildung eines Organisationskomitees für einen Streik mündeten. Doch so aggressiv, wie man vermuten würde, äußern sich die Zeitzeuginnen im Gespräch mit Hogan gar nicht, berichten vielleicht inzwischen altersmilde immer wieder augenzwinkernd von ihren Erfahrungen und lassen uns dabei regelmäßig schmunzeln. Interessanterweise war es gar nicht so schwierig, die vor die Kamera zu bekommen, ist Island nach Aussage von Produzentin Gunnarsdóttir doch generell recht familiär aufgestellt und der Kontakt innerhalb der Community sowieso leicht hergestellt.

"Ein Tag ohne Frauen" Szenenbild (© Rise and Shine Cinema)

(© Rise and Shine Cinema)

Vielleicht sprechen die Aktivistinnen deshalb so frei, merkt man ihnen ihren Enthusiasmus auch nach 50 Jahren noch an und wirken sie dabei allesamt ungemein sympathisch. So wurde aus dem anfänglich geplanten Streik auch schnell ein „Day Off“, um der Aktion ein wenig die Aggressivität zu nehmen und möglichst viele für ihre Sache zu gewinnen. Auch deshalb legten an jenem Oktobertag 1975 unglaubliche 90% der isländischen Frauen zuhause oder im Job ihre Arbeit nieder, gingen auf die Straße und brachten damit die Gesellschaft mächtig ins Wanken. Nicht umsonst sprechen die meisten Männer rückblickend vom „langen Freitag“, an dem sie zum ersten Mal unvermittelt ganz allein mit den häuslichen Pflichten und der Kinderbetreuung betraut waren.

Nur einer von vielen Funfacts der einnehmenden Doku, mit der Hogan ihre Aktivistinnen trotz der Ernsthaftigkeit des Anliegens ganz ohne Verbissenheit, sondern eher amüsiert zu Wort kommen lässt und damit wirklich gute Laune macht. Die hält sich eigentlich über die gesamte Länge ihrer nahezu chronologischen Aufarbeitung der Ereignisse, zu der sie ihre Interviewschnipsel geschickt mit Archivaufnahmen montiert und, wenn mal partout kein Originalmaterial aufzutreiben war, ganz lustig mit rudimentären Zeichentrickeinschüben des Zeichners John Orloff ergänzt.

Insgesamt ist ihr Film so eher Feel-Good-Movie als knallharter Aktivismus, und doch bleibt nicht unerwähnt, wie der Streiktag in recht kurzer Zeit zum Umdenken der isländischen Männer führte, und die Frauen die isländische Gesellschaft irgendwie zum globalen Vorbild machten. Denn schließlich wurde die verhinderte Kapitänsanwärterin schon 1980 als erste Frau zur Präsidentin Islands gewählt. Warum das aber in Deutschland noch immer nicht recht anzukommen scheint, bleibt ein Rätsel.

Trailer:

Bewertung: 7 von 10 Punkten

 

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