Eleanor & Colette
Darsteller: Helena Bonham Carter, Hilary Swank, Jeffrey Tambor, Johan Heldenbergh
Regie: Bille August
Dauer: 114 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: eleanorundcolette-derfilm.de
Facebook: facebook.com/eleanorundcolette.film
Vor kurzem nahm uns Steven Soderbergh in seinem “Unsane – Ausgeliefert” schon mit zu einem äußerst kritischen Diskurs über Patientenrechte in amerikanischen Psychiatrien. Was aber bei ihm noch ein rein fiktionaler Stoff war, ist in Bille Augusts (“Das Geisterhaus”, “Nachtzug nach Lissabon”) neuem Drama “Eleanor & Colette” ein purer Tatsachenbericht, der die 1987 vom kalifornischen Supreme Court gefällte, weitreichende Entscheidung über die Mitbestimmung von Psychiatrieinsassen über ihre Medikation zum Thema macht.
Eleanor Riese (Helena Bonham Carter) leidet seit einer Hirnhautentzündung in der Kindheit unter regelmäßigen Anfällen von chronischer paranoider Schizophrenie, die sie schließlich freiwillig in eine psychiatrische Einrichtung in San Francisco führen. Wir treffen sie, als sie dort gerade spektakulär gegen ihren Willen gewaltsam fixiert und ruhiggestellt wird. Dass sie dabei zwangsweise Medikamente verabreicht bekommt, deren Wirkung keinesfalls erwiesen ist, die dafür aber gravierende Nebenwirkungen haben, kann man getrost als Schweinerei bezeichnen. Das sieht Eleanor ganz genauso, litt sie doch schon zu Hause unter den von ihrer Medikation hervorgerufenen Schädigungen, und wendet sich voller Verzweiflung telefonisch an eine Selbsthilfeorganisation. Dort nimmt sich die junge Anwältin Colette Hughes (Hilary Swank) ambitioniert ihres Falles an, obwohl der, wie sie vor allem ihr Mentor Mort Cohen (Jeffrey Tambor) warnt, ob der übermächtigen Gegnerschaft aus der Pharma- und Medizinindustrie eher einem Kampf gegen Windmühlen gleicht.
August versteht es hier mal wieder ausgezeichnet, die empörende Faktenlage in eine Familiengeschichte einzubetten, die einen von der ersten Minute an berührt. Dazu trägt Bonham Carter mit ihrer Darstellung der nicht ganz einfachen, aber immer liebenswerten Psychopathin sicher einen Großteil bei, und macht die sich langsam entwickelnde – übrigens auch im wahren Leben entstandene – Freundschaft zu ihrer charakterlich geradezu gegensätzlichen Anwältin absolut authentisch. Dieses Zusammenspiel mit Hilary Swank, das die schwierige Beziehung der beiden so unterschiedlichen Frauen so wunderbar widerspiegelt, die sich mit jedem kleinen juristischen Erfolg auch privat näher kommen, rührt einen dabei so ungemein, dass man dem Werk dann auch den nicht gerade originellen Verlauf des gemeinen Gerichtsfilms verzeiht.
Da geht bei der nötigen, akribischen Detailarbeit mal wieder das Privatleben der Workaholic-Anwältin den Bach runter, während für die gute Sache gekämpft und diese letztendlich in der ultimativen Verhandlung erstritten wird. Doch trotzdem wird das anrührende Drama zwar auch wegen der historischen Tragweite seines Inhalts, vor allem jedoch durch die behutsam aufgebaute emotionale Beziehung zu den beiden Hauptfiguren ungemein unterhaltsam, so trocken das Ringen um medizinische Zusammenhänge in der abschließenden Gerichtsverhandlung auch sein mag. Und die ergab schließlich, dass seit 1987 jede unfreiwillige Behandlung von Patienten in psychiatrischen Anstalten richterlich angeordnet werden muss.
Bewertung: 7 von 10 Punkten