Home Film “Fighting With My Family” – die Biografie entführt einen in die sonderbare Welt des Wrestlings

“Fighting With My Family” – die Biografie entführt einen in die sonderbare Welt des Wrestlings

Autor: Mick

"Fighting With My Family" Filmplakat (© 2018 Metro-Goldwyn-Mayer Pictures Inc. All Rights Reserved.)

Fighting With My Family

Darsteller: Florence Pugh, Nick Frost, Vince Vaughn, Lena Headey
Regie: Stephen Merchant
Dauer: 109 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: upig.de/micro/fighting-with-my-family
Facebook: facebook.com/FightingWithMyFamily.DE


Irgendwie kann man als rational denkender Mensch das Wrestling-Business nicht richtig für voll nehmen. Mit seinen komplett druchchoreografierten Kämpfen, bei denen scheinbar alles ergebnisoffen und gefühlt nichts reglementiert ist, wirken seine Events meist doch eher wie eine Art Volksverdummung als wie ein ernst zu nehmender sportlicher Wettkampf. Irgendwie aber gelingt es ihm auch seit Jahrzehnten konstant, weltweit eine riesige Fangemeinde zu erhalten und damit dreistellige Millionenumsätze zu generieren. Das allein macht das Phänomen schon beachtenswert und fordert wie jetzt auch Stephen Merchant mit seinem Film „Fighting with My Family“ geradezu dazu auf, auch als Außenstehender mal einen genaueren Blick darauf zu wagen.

Mit seiner Biografie, für die er sich von einer Fernseh-Dokumentation über die englische Wrestlerfamilie Bevis inspirieren ließ, nähert sich der britische TV-Serien-Regisseur der Materie nämlich erstmal ganz unvoreingenommen quasi durch die Hintertür. Wrestling ist zunächst mal Nebensache, viel interessanter sind doch die Charaktere der außergewöhnlichen Familie, die er uns zuallererst vorstellt. Zufälligerweise ist deren Passion nun mal das Wrestling. Wobei, so zufällig war die Wahl der Beschäftigung von Vater Patrick (Nick Frost) ursprünglich eigentlich nicht, denn seine Zukunftsperspektive sah nach mehrjährigen Gefängnisaufenthalten alles andere als rosig aus. Demnach war sein Weg zum Profi-Wrestling zumindest gleichteilig ökonomischer und enthusiastischer Natur, und seine drei Kinder wuchsen so auch nicht ganz zufällig direkt in der Trainingshalle auf.

Mit dieser Vorgeschichte aber langweilt uns Merchant nicht, erzählt sie uns eher häppchenweise zwischen den vergnüglichen Zeilen, wenn wir die herzliche Familie in ihrem Alltag begleiten dürfen. Der besteht für die im Fokus stehenden Saraya (Florence Pugh, die der Wrestlerin wirklich verblüffend ähnelt) und Zak (Jack Lowden) vor allem aus Training und Tingelei zu den Kämpfen, die Papa Patrick als Gründer der englischen Wrestling-Organisation und Mama Julia (Lena Headey) veranstalten. Die sind zwar nur leidlich erfolgreich, reichen aber immerhin aus, um sie irgendwie über Wasser zu halten. Vielleicht ist es aber gerade das, was die Vier so sympathisch macht, sind sie fernab vom US-Wrestling doch vollkommen bodenständig geblieben und träumen allenfalls von der großen Karriere. Doch die ist plötzlich gar nicht mehr so weit entfernt, denn die Scouts des amerikanischen Wrestling-Imperiums WWE sind einfach überall und laden Saraya und Zak unvermittelt zu Probekämpfen ein.

"Fighting With My Family" Szenenbild (© 2018 Metro-Goldwyn-Mayer Pictures Inc. All Rights Reserved.)

(© 2018 Metro-Goldwyn-Mayer Pictures Inc. All Rights Reserved.)

Was gerade eben noch eine nette Familienkomödie mit Wohlfühlatmosphäre war, wird dabei fast schlagartig zum Drama. Im Gegensatz zu Zak erhält nämlich nur Saraya die Möglichkeit, sich in den USA für weitere Aufgaben zu empfehlen, was im Familiengefüge durchaus Risse hinterlässt und die Gesetze des knallharten Business – hier personifiziert durch den gnadenlosen Manager Hutch (Vince Vaughn) – schonungslos aufzeigt. Und spätestens da rückt die Nebensache Wrestling deutlich in den Vordergrund, wird mit Sarayas Chance, sich ihren Kindheitstraum zu erfüllen, zum Lebensinhalt.

Aber auch das kann Merchant, macht seinen Streifen ab da zu einem einfühlsamen Biopic der Wrestlerin, deren Transformation zur Kämpferin Paige nicht nur einen schmerzhaften Abnabelungsprozess darstellt, sondern während der erbarmungslosen Auswahlcamps auch alle Energie erfordert. Das verschafft einen wirklich plastischen Eindruck von den Vorgängen innerhalb der Wrestling-Parallelwelt, deren Aushängeschild Dwayne Johnson dann in einigen Cameo-Auftritten auch noch sein Gesicht in die Kamera halten darf. So sehr man in dem unterhaltsamen Streifen aber auch mit Saraya mitfühlt, die Begeisterung für das Wrestling will sich einem nicht erschließen. Vergleiche mit Theaterinszenierungen hin oder her, die ist und bleibt wohl ein ewiges Mysterium.

Trailer:

Bewertung: 6 von 10 Punkten

 

Related Articles