Im Taxi mit Madeleine
Darsteller: Line Renaud, Dany Boon, Alice Isaaz, Jérémie Laheurte
Regie: Christian Carion
Dauer: 91 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.studiocanal.de/title/im-taxi-mit-madeleine-2022
Facebook: facebook.com/STUDIOCANAL.GERMANY
Der Franzose Dany Boon ist allgemein dafür bekannt, auch in seinen selbst inszenierten Filmen („Willkommen bei den Sch’tis“, „Nichts zu verzollen“) einen Humor der eher derberen Art zu pflegen und dabei auch vor dem billigen Gag nicht zurückzuschrecken. Jetzt aber zeigt er uns, dass er auch ganz anders kann und unterwirft sich der Leitung von Regisseur Christian Carion, der mit seinem tragikomischen Werk „Im Taxi mit Madeleine“ bedeutend leisere Töne anschlägt.
Boon spielt hier den selbstständigen Taxifahrer Charles, der im Leben schon weit bessere Tage gesehen hat: Die Schulden drohen ihm über den Kopf zu wachsen, der Kontakt zu seinem Bruder wird zunehmend sporadisch und zu guter Letzt droht er wegen diverser Verkehrsverstöße auch noch den für ihn so wichtigen Führerschein zu verlieren. Lust auf Fahren hat er an diesem Tag eigentlich nicht mehr, aber widerwillig nimmt er dann doch die lukrative Tour quer durch Paris an, irgendwie muss das Geld ja reinkommen. Was ihn jedoch an der Abholadresse erwartet, hat ihm gerade noch gefehlt, steht dort mit der Seniorin Madeleine (Line Renaud) doch eine resolute Dame, die überaus mitteilsam ihre letzte Reise vom selbstbestimmten Leben im eigenen Haus zum Pflegeheim antritt.
An diesem gebrauchten Tag allerdings sind die ständigen Kommunikationsversuche der alten Dame auf dem Rücksitz eindeutig zu viel für den gestressten Charles, der diese erstmal alle höflich zurückweist und sowieso eigentlich nur die Fahrt so schnell wie möglich hinter sich bringen will. Dabei aber will es die redselige Madeleine nicht bewenden lassen und sucht weiter charmant aber bestimmt das Gespräch mit dem so gar nicht zum Quatschen aufgelegten Charles. Alles in allem eine wirklich fein erdachte Ausgangssituation, den übellaunigen Charles auf die an ihrem besonderen Tag so gesprächsbedürftige Madeleine treffen zu lassen, obwohl man unschwer erraten kann, wo Christian Carions Geschichte mit uns hinwill.
Irgendwie aber stimmt von Anfang an die Chemie zwischen Line Renaud und Dany Boon nicht so recht, will der Funke nicht richtig überspringen, als Renauds Madeleine langsam aber sicher die harte Schale von Boons stoffeligem Charles knackt und damit das Eis bricht. Die gibt sich wirklich alle Mühe und bombardiert Charles nicht nur hartnäckig mit Fragen, sondern lässt sich von ihm obendrein in ungemein nostalgischer Stimmung zu Orten chauffieren, die ihr Leben in ihrer bewegten Vergangenheit nachhaltig geprägt haben. Da kann dann auch Charles seine emotionale Mauer nicht lange aufrechterhalten, den spätestens der Stopp an dem Hinterhof, in dem einst ihr Vater von den Nazis erschossen wurde, merklich mitnimmt.
Noch viel eindringlicher aber sind die Situationen, die das Leben der 92-Jährigen in eine ungeahnte Richtung lenken sollten. Da erzählt sie nicht nur von der großen Liebe ihres Lebens zu einem GI, der auch ihr Sohn Mathieu entsprang, sondern schildert noch dazu das fatale Abgleiten ihrer Ehe mit dem gewalttätigen Raymond (Jérémie Laheurte) vom Anhimmeln ins reine Abhängigkeitsverhältnis einer regelmäßig Misshandelten, aus dem sie nur mit drastischen Konsequenzen entkommen konnte.
Das alles schildert uns Carion in wohl getimten Rückblenden, die Madeleines Erinnerungen in ergreifenden, sepiafarbenen Bildern zusammenfassen und damit wunderbar die Stimmung im Paris der 50er Jahre zwischen Tanzabenden und systematisch unterdrückten Frauenrechten transportieren. Dabei brilliert die fast 95-jährige Line Renaud, die ihre Madeleine weniger verbittert als humorvoll auf ihre Erlebnisse zurückblicken lässt und damit letztendlich auch den anfänglich recht einsilbigen Charles aus der Reserve lockt. Dass aber die unterkühlte Geschäftsbeziehung so schnell zur innigen Zuneigung mutiert, durch die die beiden auf ihrer Fahrt urplötzlich eine Menge Spaß haben, will man ihnen trotz der bewegenden Schilderungen der netten alten Dame nicht hundertprozentig abnehmen. So folgt man zwar gespannt Madeleines Erzählungen aus ihrer ereignisreichen Vergangenheit, gegen die jedoch fallen die Ereignisse in der Gegenwart stark ab, die auch noch auf ein sich schon beim Zustieg abzeichnendes Happy End zulaufen.
Trailer:
Bewertung: 6 von 10 Punkten