Jeanne du Barry
Darsteller: Maïwenn, Johnny Depp, Benjamin Lavernhe, Pierre Richard
Regie: Maïwenn
Dauer: 116 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.wildbunch-germany.de/movie/jeanne-du-barry
Facebook: facebook.com/wildbunch.filmlounge.de
Nachdem “Jeanne du Barry” Mitte Mai als Eröffnungsfilm der 76. Internationalen Filmfestspiele von Cannes fungierte und ab dann auch in den französischen Lichtspielhäusern zu sehen war, kommt der Historienfilm von und mit Maïwenn, die Regie führte, die Titelrolle übernahm und zusammen mit Teddy Lussi-Modeste und Nicolas Livecchi auch das Drehbuch schrieb, nun drei Monate später auch in unsere Kinos. Beachtung dürfte der Streifen ganz abgesehen davon, ob er nun gefällt oder nicht, auch dadurch finden, dass Johnny Depp die Rolle des Königs Ludwig XV. bekleidet. Dieser drehte erstmals in seiner Karriere komplett in französischer Sprache, vor allem aber ist er zum ersten Mal wieder seit seinem medial weltweit ausgeschlachteten Prozesses zu sehen, in dem seinem Verleumdungsvorwurf an Ex-Frau Amber Heard, die ihn 2018 körperlicher Misshandlungen bezichtigt hatte, Mitte 2022 größtenteils Recht gegeben wurde.
Wir sehen ihn also als Ludwig XV., und dieser fühlt sich nicht nur zur eigenen Frau hingezogen, sondern lädt, was allgemein bekannt ist, auch immer wieder gerne mal die eine oder andere Dame zur Liebelei in seine Gemächer ein. Genau dorthin möchte auch der durchaus gut situierte Graf du Barry (Melvil Poupaud) seine Geliebte Jeanne Vaubernier (Maïwenn) bringen, denn so kann die ursprünglich aus ärmeren Verhältnissen stammende, attraktive Kurtisane, für die der Graf nicht die erste Anlaufstelle als wohlhabender Gönner ist, seine eigenen Beziehungen zum königlichen Hof deutlich verbessern, was sein Ansehen noch weiter steigern würde.
Mit Hilfe des einflussreichen Herzogs de Richelieu (Pierre Richard), der zu den engsten Vertrauten des Königs gehört, kommt es zu einem Treffen, wo Jeanne zwar nur eine unter vielen anwesenden und anhimmelnden Damen ist, sie weckt aber das Interesse des Königs und landet schließlich auch in seinem Bett. Während sonstige Mätressen aber oft nur kurz am Hofe zugegen waren, scheint Ludwig die etwas frechere, unbeschwerte und auch humorvolle Art der neuen Geliebten zu gefallen, ihm sogar willkommene Abwechslung in einem größtenteils eingefahrenen, oft langweilenden Alltag zu bescheren – und so kommt es zu einer jahrelangen, engen Bindung.
Als Jeanne während dieser nach dem Tod von Ludwigs Gemahlin entgegen der Anstandsregeln und jeglicher Etikette sogar nach Versailles zieht, ist die Aufregung am Hof groß, und die drei Töchter des Königs beobachten sie nicht nur argwöhnisch und lassen sie ihre Abneigung deutlich spüren, sie wollen sie sogar loswerden, während die Beziehung eines unadligen Mädchens vom Dorf zum König auch im Volk als Skandal angesehen wird – doch hier wird Abhilfe geschaffen.
Dass Ludwig XV. amourös reichlich aktiv war, sieht man schon alleine daran, dass er mit seiner Frau Maria Leszczyńska zwischen 1727 und 1737 nicht weniger als zehn Kinder bekam – und diverse uneheliche werden ihm zusätzlich nachgesagt, was damals allerdings nicht wirklich unüblich war. Von seinen Liebschaften ist Madame de Pompadour die bekannteste, da sie ebenfalls eine Bürgerliche war und auch politischen Einfluss nahm. Dieser war bei Jeanne, der auch schon diverse kulturelle Werke von einer Oper bis zum Film gewidmet wurden, später kaum spürbar. Und doch ist auch ihre Geschichte interessant, die hier von Maïwenn allerdings nicht immer historiengetreu erzählt wird, die ein bisschen mehr “Pretty Woman”-Flair erzeugt und sich eine starke Frauenrolle gebastelt hat.
Der Film nimmt uns also mit ins 18. Jahrhundert und präsentiert uns einen angeödeten König, der durch die muntere, offene und wenig ehrfürchtige Art seiner neuen Mätresse wieder auflebt und eigenen Esprit wiederentdeckt. Ob es die eingehende gynäkologische Kontrolle vor dem ersten Treffen mit ihm ist oder das Einimpfen diverser, teilweise skurriler Verhaltensregeln zu Hofe, an die sich Jeanne nicht immer hält, mit ihrem Ankommen im Schloss beginnt einen der Film durchaus gut zu unterhalten.
Maïwenn, die sich diese Rolle in tollen Gewändern und königlichen Mauern sicherlich sehr gerne geschrieben hat, spielt ebenso solide wie Johnny Depp, dem man sein Französisch im Original und den limitierten Sprechszenen ganz gut abkauft und der dem Regenten einigen Ausdruck verleiht – und über den immer gerne gesehenen Pierre Richard als Duc de Richelieu freut man sich sowieso. Am überzeugendsten allerdings spielt Benjamin Lavernhe in der Rolle des Kammerdieners La Borde, der Jeanne die Regeln des Hofs verdeutlichen muss und hierbei dem König gegenüber stets treu ergeben bleibt, auch nie selbst über ihn oder die Vorgaben herziehen oder witzeln würde, auch wenn seine Miene vermuten lässt, dass er teilweise auch gerne lockerer zu Werke gehen würde.
Der Aufstieg einer selbstbewussten Frau, der Gegenwind der Gesellschaft und die Ablehnung durch Ludwigs Töchter, vor allem aber die Liebe – hierum geht es, auch wenn Jeanne erkennen muss, dass selbst sie nicht die einzige Mätresse bleibt. Und gegen Ende kommt auch der Herzog von Berry als Enkel des Königs ins Spiel, denn er soll der zukünftige König Ludwig XVI. werden und bringt die Jeanne gegenüber auch wenig offene Erzherzogin Marie-Antoinette mit an den Hof. Die Handlung von “Jeanne du Barry” lässt sich gut anschauen und regt an, sich mit der Historientreue des Geschilderten zu beschäftigen. Fraglos hingegen ist, dass der Film natürlich auch von der immer wieder überwältigenden Schönheit des Schlosses Versailles mit seinen pompösen Räumen, seinen herrlichen Gartenanlagen und auch seiner Außenansicht profitiert, die auf der Kinoleinwand immer ihre Wirkung haben.
Trailer:
Bewertung: 6 von 10 Punkten