Home Film “Joker” – ein großartig gespieltes Psychogramm des späteren Batman-Widersachers

“Joker” – ein großartig gespieltes Psychogramm des späteren Batman-Widersachers

Autor: Tobi

"Joker" Filmplakat (© 2019 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved. TM & © DC Comics)

Joker

Darsteller: Joaquin Phoenix, Robert De Niro, Zazie Beetz, Frances Conroy
Regie: Todd Phillipps
Dauer: 122 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.warnerbros.de/kino/joker.html
Facebook: facebook.com/WarnerBrosAction


Immer wieder mal gibt es Filme, die einem Hintergründe zu Figuren präsentieren, die uns schon lange präsent sind und die doch nicht allzu viel hinterfragt wurden, was natürlich besonders auf Bösewichte zutrifft. Denkt man an diese, so fällt einem schnell auch der Joker ein, als fieser, irre lachender Gegenspieler von Batman. Man kennt ihn aus mehr als 40 Filmen, Real und Zeichentrick zusammen gerechnet, und doch kennt man ihn nicht wirklich.

Überdurchschnittlich fokussiert wurde der Joker bisher vor allem in Christopher Nolans “The Dark Knight” aus dem Jahr 2008, als Heath Ledger ihn überragend spielte und hierfür 2009 auch posthum den Oscar® als bester Nebendarsteller erhielt. Gerade deshalb war es durchaus fraglich, ob ein Film, der sich nur dem Joker widmet und in dem Batman noch nicht als solcher vorkommt, überhaupt Sinn machen und beim Publikum Chancen haben würde. Bei Warner ging man das Risiko ein und legte den Film, was durchaus das Wagnis nicht verringerte, in die Hände von Regisseur Todd Phillips, den man bisher vor allem für Komödien wie die “Hangover”-Trilogie kannte.

Dieser nimmt uns mit nach Gotham City, wo es 1981 eher herunter gekommen als schick aussieht. Noch kritischer allerdings sieht es in Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) aus, der für eine Agentur immer da als Clown auftritt, wo einer gebraucht wird – mal auf der Straße mit Werbeschildern, mal in einem Krankenhaus für Kinder. Schminkt er sich, dann nimmt man ihm sein krankhaft manchmal einsetzendes, manisches und übertriebenes lautes Lachen nicht übel – ist er aber als Privatperson unterwegs, muss er seinen Mitmenschen im Zug oder auf der Straße schon ein stets bei sich geführtes Kärtchen geben, das seinen Zustand erklärt, um nicht komplett für irre gehalten zu werden.

So kommt es, dass er sich oft missverstanden fühlt, und nur seine kranke, altersschwache Mutter, bei der er noch lebt, scheint ihn, den sie “Happy” nennt, zu verstehen – und bald wohl auch seine Nachbarin (Zazie Beetz), mit der er enger zu werden scheint. Abends versucht sich Arthur als Stand-Up-Comedian, wobei die Qualität seiner Gags ihm hierbei ebenso Engagements vor mehr Publikum vermasselt wie seine Lach-Eskapaden. In Arthur wohnt viel Frust und Schmerz über sein Dasein, die er alle irgendwie noch zu kompensieren weiß, bis einige Umstände zur gleichen Zeit sein Verhalten ändern. Als die betreuende Dame vom Sozialamt ihm klar macht, dass er auf Grund gestrichener Gelder nicht mehr unterstützt werden kann, der von ihm und Mama geschätze Late-Night-Moderator Murray Franklin (Robert De Niro) einen seiner Auftritte für Hohn und Spott nutzt und einige Individuen der Gesellschaft um ihn herum Arthur plötzlich noch aggressiver und abwertender als zuvor angehen, eskaliert Fleck und kann seine Wut nicht mehr im Zaum halten.

"Joker" Szenenbild (© 2019 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved. TM & © DC Comics / Foto: Niko Tavernise)

Joaquin Phoenix als Arthur Fleck in Warner Bros. Pictures, Village Roadshow Pictures und BRON Creative’s “Joker” (© 2019 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved. TM & © DC Comics / Foto: Niko Tavernise)

Todd Phillips ist es als Regisseur, Co-Autor und Produzent gelungen, einen “Joker” zu präsentieren, der nicht mit dem Spiel von Heath Ledger konkurriert, sondern eine hervorragende Ergänzung darstellt. Dies funktioniert auch, weil es ja um eine weitaus frühere Phase des Bösewichts geht und um die Entstehung desselben durch Ausgrenzung, Ignoranz und Verrohung der Gesellschaft, gepaart mit psychischen Problemen.

Das Drehbuch, das Phillips gemeinsam mit dem Oscar®-nominierten Autor Scott Silver (“The Fighter”) schrieb, basiert natürlich auf den DC-Charakteren, der Film wird aber zu einem tiefgehenden Psychogramm, das sich von der Comicwelt weit abhebt und auch durchweg der Realität treu bleibt. Die von Kameramann Lawrence Sher gelieferten Bilder aus Gotham City sind toll und erzeugen eine düstere Atmosphäre im Stile der frühen 80er-Jahre, die musikalische Untermalung von Hildur Guðnadóttir passt bestens, der Teppich ist also ausgelegt für große schauspielerische Leistungen.

Eine solche liefert dann auch Joaquin Phoenix, der Arthur Fleck mit seiner Gratwanderung zwischen fröhlichen und gebrochen traurigen, später auch wütenden Gemütszuständen umwerfend spielt und dem Film zu großer Klasse verhilft. Neben ihm gefallen auch Zazie Beetz und Robert De Niro, wobei dieser als Besetzung schon alleine dadurch interessant wird, dass man in der Story-Entwicklung des Streifens durchaus an seine Klassiker “Taxi Driver” und “The King Of Comedy” denken muss.

“Joker” ist ein packender, toller Kinofilm, der nicht umsonst im Rahmen der Filmfestspiele von Venedig, wo er seine Weltpremiere feierte, mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde und sicher auch in der Award-Saison 2020 noch von sich Reden machen wird.

Trailer:

Bewertung: 9 von 10 Punkten

 

Related Articles