Joker: Folie à Deux
Darsteller: Joaquin Phoenix, Lady Gaga, Brendan Gleeson, Catherine Keener
Regie: Todd Phillips
Dauer: 148 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
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Kinostart: 3. Oktober 2024
Mit der Erwartungshaltung ist es immer so eine Sache. Denn die ist natürlich astronomisch, nachdem uns Joaquin Phoenix mit der unglaublichen Ambivalenz seines „Joker“ in Todd Phillips‘ gleichnamigem Film von 2019 geradezu weggeblasen hat. Der war eigentlich von vornherein als eigenständiges Einzelwerk geplant, auch wenn die Hauptfigur ursprünglich als Batmans Gegenspieler dem DC-Comicuniversum entstammt, das in Konkurrenz zum Marvel-Franchise in regelmäßigen Abständen neue Produktionen in die Kinos bringt. Doch das Milliarden-Einspielergebnis von „Joker“ und das auf 200 Mio. Dollar nahezu vervierfachte zur Verfügung stehende Budget waren dann doch zu verlockend, so dass Phillips uns jetzt mit „Joker: Folie à Deux“ eine Fortsetzung seines Psychogramms des gesellschaftlichen Außenseiters präsentiert.
Zwei Jahre schon sitzt Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) wegen seiner Morde aus dem ersten Teil in der Psychiatrie des Gefängnisses ein und wartet auf den Prozess, der bald endgültig über sein Schicksal entscheiden soll. Und fast von der ersten Einstellung an sind wir wieder gefangen von der Leinwandpräsenz Joaquin Phoenix‘, der mit der Rolle verwachsen scheint und uns einen zwar physisch ausgemergelten, enorm abgemagerten Arthur zeigt, dabei aber trotzdem dessen ebenso wachen wie kranken Geist durchscheinen lässt. Drangsaliert von den Wärtern, allen voran der garstige, selbstverliebte Sullivan (Brendon Gleeson), hat er sich inzwischen mit dem tristen Gefängnisalltag arrangiert und fast komplett von seinem selbstbewussten Alter Ego Joker verabschiedet, als im Nebentrakt unvermittelt ein Lichtstrahl in Form der Gesangstherapeutin Harleen „Lee“ Quinzel (Lady Gaga) sein finsteres Leben erhellt.
Die ist mindestens genauso durchgeknallt wie er, hat sich allein seinetwegen in den Knast versetzen lassen und komplettiert nun ganz dem Titel gemäß den Paar-Wahnsinn. Genau genommen aber himmelt sie einzig den Joker an und bringt mit ihrer Zuneigung Arthur im Folgenden immer mehr dazu, sein gebrochenes Ich hinter sich zu lassen und als gefürchteter Joker stolz wiederaufzuerstehen. Das lässt sich zwar ein wenig schleppend an, hat aber mit dem Zusammenspiel der gleichermaßen kranken Seelen durchaus seinen Reiz. Dabei knüpft Joaquin Phoenix, wie eingangs erwähnt, nahtlos an seine Oscar®-Performance aus dem ersten Teil an, verkörpert die innere Zerrissenheit seines Arthur wieder sensationell und lässt uns mitfühlen, wenn dem von Lee zum ersten Mal im Leben Liebe entgegengebracht wird. Dagegen fällt Lady Gagas Darstellung der Lee, die als Joker-Groupie einfach zu eindimensional angelegt ist, doch zu deutlich ab, als dass sich hier das vorher versprochene, kongeniale Zusammenspiel entwickeln könnte.
Das sucht Regisseur Phillips vermehrt in Gesangs- und Tanzeinlagen der beiden, in denen die verliebten Arthur und Lee immer wieder aus ihrer verfahrenen Situation in eine Traumwelt entfliehen können. Unbestritten ist das Gesangstalent von Lady Gaga ein Pfund, mit dem man wuchern kann, und auch, dass Arthur mit Lee die in ihm schlummernde Liebe zur Musik entdeckt, mag noch einleuchten. Im immer mehr zu einer Aneinanderreihung von Musiknummern verkommenden Musical-Plot jedoch wirkt so manche Einlage extra für Lady Gaga in die Handlung geschrieben und kostet gewaltig Stringenzpunkte. Dabei ist Joaquin Phoenix gar nicht mal schlecht, macht in den 70er-Covernummern an der Seite von Lady Gaga durchaus eine gute Figur und lässt auch hier eine Menge Seelenleben seines Arthur/Joker einfließen.
Insgesamt aber gibt der Plot außer der kontrovers präsentierten, zunehmend ermüdenden Liebesgeschichte zu wenig her, um uns durchgehend zu packen. Der nimmt erst zum Ende hin mit der Zuspitzung des Prozesses, in dem sich Arthur auf Anraten von Lee zur Überraschung aller lieber selbst vertritt und als extrovertierter Joker endlich wieder seine Bühne findet, richtig Fahrt auf. Zumindest diese finale Galavorstellung von Phoenix, bei der fast beiläufig auch wieder die in Teil eins so präsente, bissige Gesellschaftskritik anklingt, entschädigt für eine ganze Menge zwischenzeitlichen, musikalischen Leerlauf und hält die enttäuschten Erwartungen dann doch in Grenzen.
Trailer:
Bewertung: 6 von 10 Punkten