Home Film “Konklave” – eine Papstwahl als packender, hervorragend inszenierter Thriller

“Konklave” – eine Papstwahl als packender, hervorragend inszenierter Thriller

Autor: Tobi

"Konklave" Filmplakat (© LEONINE)

Konklave

Darsteller: Ralph Fiennes, Stanley Tucci, John Lithgow, Isabella Rossellini
Regie: Edward Berger
Dauer: 120 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
Website: www.leoninedistribution.com/filme/174747/konklave.html
Facebook: facebook.com/LEONINEStudios
Instagram: instagram.com/leoninestudios
Kinostart: 21. November 2024


Nachdem Edward Berger mit seiner für Netflix realisierten 2022er-Neuverfilmung von Erich Maria Remarques Roman “Im Westen nichts Neues” schwer abräumte und die deutsche Produktion bei der Oscar®-Verleihung in satten neun Kategorien (darunter auch “Bester Film” erstmals für einen deutschen Streifen) nominiert war, dann vierfach ausgezeichnet wurde (u.a. als “Bester internationaler Film”), legt der in Wolfsburg geborene und in Berlin lebende Regisseur und Drehbuchautor nun ein neues Highlight vor. Mit “Konklave” setzt er einen weiteren Roman filmisch um, wobei Peter Straughan den Beststeller von Robert Harris aus dem Jahr 2016 in ein Drehbuch verwandelt hat – und nach dem letzten großen Erfolg konnte Berger diesmal eine internationale Starbesetzung dirigieren.

Im Zentrum der Erzählung steht Ralph Fiennes als Kardinal Lawrence. Als dieser dringend ins Schlafgemach des Papstes gerufen wird sieht er, dass dieser verstorben ist, und das unerwartet. Lawrence wird auf vorherigen Wunsch des heiligen Vaters mit der Aufgabe betraut, die Wahl des neuen Oberhaupts der römisch-katholischen Kirche als Dekan zu leiten, für die alle wahlberechtigten Kardinäle zum Konklave in der Sixtinischen Kapelle in Rom eingeladen werden. Verantwortungsbewusst, aber wenig mit Stolz gesegnet und nicht wirklich glücklich über die ihm übertragene Aufgabe macht sich Lawrence ans Werk, welches dann auch tatsächlich kein einfaches werden soll.

Wie bei anderen Wahlen auch kristallisieren sich schnell die Favoriten verschiedener politischer Ausrichtungen für die katholische Kirche heraus, zu denen der liberale und gemäßigte Staatssekretär Bellini (Stanley Tucci) auf Erneuerungskurs des verschiedenen Pontifexes ebenso gehört wie der eher rückwärtsgewandte Kardinal Tremblay (John Lithgow). Bald erreichen Lawrence vertrauliche Informationen, dass der Papst Letzteren kurz vor seinem Tod auf Grund von Verlogenheit und Korruption seines Amtes entheben wollte – aber wer kann dies belegen? Hierauf angesprochen leugnet der Beschuldigte natürlich und bekundet seine Integrität. Und da wären ja noch andere Kandidaten, wie der extrovertierte, erzkonservative italienische Reformationsgegner Tedesco (Sergio Castellito) oder Kardinal Adeyemi (Lucian Msamati), der zum ersten Papst aus Afrika werden könnte. Völlig unerwartet tritt dann noch ein Unbekannter auf den Plan mit Benitez (Carlos Diehz), den der verstorbene Papst auf Grund politischer Gefahr im Geheimen zum Kardinal von Kabul ernannte und der schon in anderen Krisengebieten den Leidenden mit kirchlicher Lehre zur Seite stand, sich nun rhetorisch gewandt präsentiert.

Als sich alle Wahlberechtigten im Vatikan versammelt haben, schließen sich die massiven Türen und es beginnt ein Rankespiel, das sich über mehrere Tage erstreckt, denn schließlich muss einer der Kandidaten eine Zweidrittelmehrheit erreichen, bis der berühmte weiße Rauch aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle aufsteigen kann für alle draußen wartenden Gläubigen und die Welt zum Zeichen, dass ein neuer Papst gewählt wurde. Kardinal Lawrence, der widerwillig auch selbst von einigen auf den Zettel geschrieben wird, nachdem er in seiner Eröffnungspredigt vom vorgegebenen Text abwich und Gewissheit als Gegnerin von Einheit, Toleranz und dem Glauben an sich bezeichnete, der auf Zweifel fundiert sei, wird mehr als nur der Leiter der Konklave und versucht, Wahrheiten zu ergründen. Von Wahlgang zu Wahlgang ändern sich hierbei die Stimmanteile, beeinflusst von Entwicklungen und Enthüllungen in der Zeit dazwischen, kommt doch einiges Unerwartetes ans Licht.

"Konklave" Szenenbild (© LEONINE)

(© LEONINE)

Mit der Verfilmung von “Konklave” beschert uns Edward Berger einen Einblick in eines der geheimnisumwobensten Rituale überhaupt, der Papstwahl, die schon seit 1878 in der Sixtinischen Kapelle abgehalten wird. In Robert Harris’ Roman heißt der Leiter der Konklave Jacopo Lomeli. Da dieser Name aber vermutlich weniger zum Aussehen von Hauptdarsteller Ralph Fiennes gepasst hätte, wurde im Film Kardinal Lawrence aus der Figur, die aber ansonsten genauso gezeichnet wird, mit viel Gerechtigkeitssinn und Verantwortungsbewusstsein ausgestattet, aber von Zweifeln an sich selbst, an der Kirche als Institution und am Glauben geplagt, nicht aber an Gott.

Fiennes spielt ihn herausragend inmitten eines tollen Ensembles, das hier dann traditionell männlich dominiert ist, wobei mit Isabella Rossellini als Schwester Agnes eine starke Frauenfigur als Ehrlichkeit lebende Verbündete von Lawrence zu sehen ist, die für die Organisation des Wohnheims Casa Santa Marta verantwortlich ist, in dem die teilnehmenden Kardinäle isoliert sind.

Diese Abschottung von der Außenwelt beschert einen großen Reiz, und mit Hilfe starker Bilder von Kameramann Stéphane Fontaine, faszinierendem Schnitt von Nick Emerson, wundervollem Szenenbild von Suzie Davies und auch hier wieder perfekt passendem musikalischem Score des für “Im Westen nichts Neues” Oscar®-geehrten Komponisten Volker Bertelmann ist es Berger gelungen, eine ganz besondere, unheimlich dichte Atmosphäre zu erzeugen. Wenn die Kardinäle bei ihrer Ankunft besondere Sicherheitskontrollen durchlaufen, wenn nicht wenige von ihnen in den Pausen Zigarette rauchend im Hof stehen oder auf ihr Smartphone blicken, dann verdeutlicht dies ihre Menschlichkeit – und auch die ans Licht kommenden Geheimnisse, die hier schnell zum Verhängnis werden können.

Diese aber heraus zu finden obliegt nun Dekan Lawrence, der sicherstellen will, dass kein nächster Papst gewählt wird, der Bestechungsgelder gezahlt hat, ein Rassist ist oder sogar einen amtlichen Kirchenskandal an Stecken haben könnte. So werden die Tage der Konklave nicht nur lang, sondern auch unheimlich spannend, und Berger weiß uns mit seinem Kirchenthriller voll zu packen, der am Ende zwar etwas über die Stränge zu schlagen scheint, hiermit aber nur der Romanvorlage folgt. Nicht nur wenn die Kamera uns die Protagonisten in nuancierten Close-Ups zeigt, Unheil erahnend durch die langen Gänge des Wohnheims fährt oder von oben auf eine fast schon choreographiert wirkende Masse weißer Kardinalsschirme im regnerischen Vatikanshof blickt, dieser Film weiß zu begeistern.

Trailer:

Bewertung: 10 von 10 Punkten

 

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