Licorice Pizza
Darsteller: Cooper Hoffman, Alana Haim, Benny Safdie, Bradley Cooper
Regie: Paul Thomas Anderson
Dauer: 133 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.upig.de/micro/licorice-pizza
Facebook: facebook.com/UniversalPicturesDE
Man fühlt sich fast wie in der Zehnten, als der Schwarm aus der Parallelklasse so unerreichbar schien. So selbstbewusst wie der 15-jährige Gary (Cooper Hoffman) war man da aber sicher nicht, der beim Shooting in der Schule erstmal ganz frech die 25-jährige Fotoassistentin Alana (Alana Haim) anbaggert. Paul Thomas Anderson (“Magnolia”, “There Will Be Blood”) zeigt in seinem “Licorice Pizza” ohne Anlaufzeit sofort, was Sache ist und nimmt uns mit in die frühen Siebziger, als die Shorts noch knapp und die T-Shirts eng waren. Doch obwohl die knallbunte Ausstattung im sonnigen San Fernando Valley unmittelbar ein wohliges Gefühl hervorruft, geht es Anderson in seinem Coming-of-Age-Film um mehr als pure Nostalgie.
Die allerdings spielt schon eine nicht unwesentliche Rolle – nicht umsonst hat der Regisseur schließlich sein neues Werk nach einer Kette damaliger kalifornischer Kult-Schallplattenläden benannt -, wenn uns Anderson mit Gary die typischen Sorgen und Nöte eines Teenagers näherbringt. Der ist durch kleine Schauspiel-Engagements zwar ziemlich reif für sein Alter und weckt dadurch tatsächlich Alanas Interesse, nachhaltig landen kann er bei ihr aber zu seinem Bedauern nicht. Und doch kann die nicht so richtig von ihm lassen, taucht mit ihm ein in seine Welt der Abenteuer, die sie so fasziniert.
Da fragt man sich dann das eine oder andere Mal, wie das alles funktionieren kann. Dass Gary Alana über seinen Agenten Schauspiel-Castings organisiert, ist ja noch denkbar. Dass der Teenager jedoch aus einer Laune heraus einen daraufhin schnell florierenden Vertrieb für Wasserbetten gründet, sorgt zeitweilig für Stirnrunzeln. Das alles aber inszeniert Anderson so humorvoll und warmherzig, dass man sich mit diesen Gedanken gar nicht lange aufhalten will, um nichts vom schwungvollen Hin und Her der Beziehung von Alana und Gary zu verpassen. Dabei agieren die Debütanten Cooper Hoffman, Sohn des leider viel zu früh verstorbenen Philip Seymour Hoffman, und auch Alana Haim, mit ihren beiden Schwestern Mitglied der erfolgreichen Folk-Pop-Band “Haim”, so natürlich, als hätten sie es einfach in die Wiege gelegt bekommen, ja, macht gerade ihre unverbrauchte und erfrischende Performance einen Heidenspaß und gute Laune.
Überhaupt geht es hier sehr familiär zu, arbeitete Anderson damals nicht nur gerne mit Cooper Hoffmans Vater zusammen, sondern bringt Alana Haim auch gleich ihre beiden Schwestern Este und Danielle mit, die in “Licorice Pizza” ebenfalls ihre Schwestern spielen. Das lag aber auch nahe, haben sie zusammen doch in ihren Musikvideos schon ihre Kameratauglichkeit unter Beweis gestellt, von denen einige, welch ein Zufall, Paul Thomas Anderson inszeniert hat. Diese südkalifornische Connection funktioniert aber auch ausnehmend gut, merkt man der Besetzung ihre Heimatverbundenheit an und strömt der Film seinen angenehmen Lokalpatriotismus so in jeder Sekunde aus.
Der äußert sich nicht nur in seiner festen Verwurzelung in der Schauspielergesellschaft des Valleys – Sean Penn mit einem Kurzauftritt als abgehalfterter Darsteller macht hier eine genauso große Freude wie Bradley Cooper als jähzorniger Filmproduzent, dem die Kids ein Wasserbett liefern – sondern tritt vor allem zutage, wenn Anderson die Probleme in Garys Mikrokosmos immer wieder geschickt in den historischen Kontext des großen Ganzen einbettet und damit gezielt Wiedererkennungseffekte erzeugt. Da werden wir beim Betrachten der globalen Ölkrise, die wegen Produktionsengpässen Garys Bezug von Wasserbetten zum Erliegen bringt, und seines danach alternativ eröffneten Arcade-Spielsalons, alles unterlegt mit einem liebevoll ausgewählten Soundtrack, wirklich ein wenig sentimental.
Doch auch mit der schönen Liebesgeschichte der nicht nur vom Alter her so verschiedenen Alana und Gary holt uns der Regisseur, um hier auch die Spätgeborenen einmal zu vertrösten, sofort ab, integriert diese in ihre teilweise irrwitzigen Unternehmungen, die immer wieder enormen Spaß bereiten. Das verbreitet einfach eine gute Portion Herzenswärme, die der stimmige Retro-Style der 70er nur noch verstärkt. Nostalgie pur – aber nicht nur.
Trailer:
Bewertung: 8 von 10 Punkten