Maurice der Kater
Animation
Regie: Toby Genkel
Dauer: 93 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
Website: www.mauricederkater.de
Facebook: facebook.com/Telepool
Mit Animationen kennt sich Regisseur Toby Genkel („Ooops!“, „Die Olchis – Willkommen in Schmuddelfing“) inzwischen bestens aus. Und auch die koproduzierende Ulysses Film aus Hamburg hat sich vor allem mit den beiden liebevoll animierten, auch von Genkel verantworteten „Ooops!“-Teilen international einen Namen gemacht. In ihrer nächsten Zusammenarbeit „Maurice der Kater“ nehmen sie sich hier die gleichnamige Kinderbuchvorlage vom renommierten Fantasy-Autor Terry Pratchett vor und bringen mit ihrer Verfilmung eine wunderbare Geschichte über die Koexistenz von Mensch und Tier auf die Leinwand.
Die dreht sich, wie man sich anhand des Titels unschwer herleiten kann, um den listigen Kater Maurice, der aus der Aversion der Menschen gegen Ratten und ihrer Angst um ihre Vorräte ein äußerst lukratives Geschäftsmodell entwickelt hat, mit dem er so manche gutgläubige Gemeinde um ein erkleckliches Sümmchen erleichtert. Er arbeitet dabei nämlich nicht nur mit den Ratten, sondern auch mit dem Jungen Keith zusammen und führt mit ihnen jedes Mal ein effektvolles Schauspiel auf, das den Einwohnern der Dörfer eine böse Rattenplage suggeriert. Abhilfe schafft anschließend jeweils der mysteriöse Kapuzenträger Keith als Flötenspieler, der gegen eine entsprechende Entlohnung die Menschen befreit und die Ratten frei nach dem „Rattenfänger von Hameln“ aus dem Ort leitet.
Natürlich ist das genau genommen Betrug und lässt sich schon gar nicht moralisch mit der Einstellung von Sympathieträgern vereinbaren. Schon bei der anfänglichen Manöverbesprechung der Arbeitsgemeinschaft Maurice/Keith/Ratten jedoch lernt man vor allem letztere und ihre Motive besser kennen und fragt sich dann angesichts des hysterischen Verhaltens der Dorfbewohner wirklich, ob sie es anders verdient haben. Die Ratten nämlich arbeiten zusammen mit Maurice vornehmlich auf das gemeinsame Ziel hin, sich endlich den Weg zu ihrem paradiesischen Zufluchtsort leisten zu können, an dem sie endlich in Ruhe gelassen werden und sich ein eigenständiges Leben aufbauen können. Das gönnt man den überall Verfolgten sofort, denn die haben nicht nur herzensgute Charaktere, sondern sind wie „Sardinen“, „Pfirsiche“ oder „Gefährliche Bohnen“ witzigerweise auch noch nach ihren Fundorten auf der heimischen Müllkippe benannt, so dass man sie gleich ins Herz schließen muss.
In der Stadt ihres geplant letzten großen Coups Bad Blintz aber scheint irgendwas nicht zu stimmen. Es herrscht ohne eine einzige sichtbare Ratte eine merkwürdige Hungersnot, und selbst die ortsansässigen Rattenfänger können sich das mysteriöse Verschwinden der Lebensmittel nicht erklären. Grund genug für Maurice und Gefolge, dem Rätsel nachzugehen, wobei sie obendrein von der pfiffigen Bürgermeistertochter Malizia unterstützt werden. Die hat ihren ursprünglichen Plan sofort durchschaut und ist nun genauso wie sie daran interessiert, die Vorgänge hinter den Leiden der Stadt aufzuklären.
Vom Start weg inszeniert Toby Genkel ein kurzweiliges Vergnügen, bei dem sich die Figuren wieder einmal angenehm vom Mainstream abheben, auch mal Ecken und Kanten haben dürfen und für den einen oder anderen Wortwitz gut sind. Das ist nicht nur für Kinder überaus unterhaltsam, sondern fesselt spätestens dann, wenn wir in Bad Blintz mit unseren Helden zusammen in einen zünftigen Abenteuerplot eintauchen. Da scheinen die Rattenfänger ein ganz böses Spiel mit den Einwohnern zu spielen, das nicht nur unmittelbar die Ratten gefährdet sondern bald auch noch in einer düsteren Bedrohung für alle gipfelt.
Nicht nur gelingt es Genkel und seinem Drehbuchautor Terry Rossio, einen tragfähigen Spannungsbogen aufzubauen, vor allem aber überraschen sie mit ihrer unkonventionellen Erzählstruktur, wenn sich Malizia plötzlich zur frechen Erzählerin der Geschichte aufschwingt und alle Figuren, sich inklusive, in eine herkömmliche Märchenhandlung integriert. Das ist ungemein erfrischend und spielt mit den Stereotypen klassischer Märchen genauso wie mit unsrer Fantasie bei der Zuordnung zu unterschiedlichen Handlungsebenen. So wird Genkels rührend animierte Romanverfilmung zum philosophischen Diskurs über ein friedvolles Zusammenleben, das mit seiner anregenden Erzählweise ungeheuren Spaß bereitet.
Trailer:
Bewertung: 7 von 10 Punkten