Home Film “Megalopolis” – chaotische Zukunftsvision mit dick aufgetragenem Pathos

“Megalopolis” – chaotische Zukunftsvision mit dick aufgetragenem Pathos

Autor: Mick

"Megalopolis" Filmplakat (© Constantin Film)

Megalopolis

Darsteller: Adam Driver, Giancarlo Esposito, Nathalie Emmanuel, Shia LaBeouf
Regie: Francis Ford Coppola
Dauer: 138 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: constantin.film/kino/megalopolis
Facebook: facebook.com/constantinfilm
Instagram: instagram.com/constantinfilm
Kinostart: 26. September 2024


Es wurde viel geschrieben schon während der Produktion von Francis Ford Coppolas „Megalopolis“, die tatsächlich, man merke auf, schon 1977 mit einer ersten Idee ihren Anfang genommen haben soll. 2019 dann, als das Projekt letztendlich in seine finale Phase ging, war das Bestreben der Regie-Ikone („Der Pate“, „Apocalypse Now“) schon überdeutlich, sich im Spätherbst seiner Karriere mit einem epischen Werk selbst ein Denkmal zu setzen. Dumm nur, dass es da um ihn schon seit Jahrzehnten deutlich ruhiger geworden war, und so die Finanzierung zu keiner Zeit auch nur annähernd mit seinem Anspruchsdenken schritthalten konnte. So verkaufte er letzten Endes sogar Teile seines geliebten Weinguts im Napa Valley um sich, sowieso seit jeher Skeptiker der kalifornischen Kinoindustrie, seine Unabhängigkeit bei der Realisierung seines Films zu sichern. Die aber war der Produktion wohl nicht immer zuträglich, so hörte man von uneingeschränktem Mitspracherecht der Akteure und improvisierten Szenen, die zu chaotischen Verhältnissen am Set führten, und schließlich das gesamte Technikteam zur Aufgabe brachten.

Und das, so ehrlich muss man bei aller Wertschätzung für ein außergewöhnliches Lebenswerk sein, sieht man dem Streifen vom Start weg an, wenn er uns in ein New York der nicht allzu fernen Zukunft entführt, das in Anlehnung an die Antike hier der Einfachheit halber New Rome heißt. Parallelen zum Römischen Reich zur Zeit Ciceros werden gleich anfangs mit gezielten Texttafeln gezogen und legen damit die Latte des Anspruchs doch auf fast schwindelnde Höhe. Ein Vergleich mit der Catilinarischen Verschwörung gegen Cicero – es lohnt sich, mal wieder ein Geschichtsbuch zur Hand zu nehmen – liegt bei der Konfrontation seines Protagonisten Cesar Catilina (Adam Driver) mit dem korrupten Bürgermeister Cicero (Giancarlo Esposito) nahe. Was jedoch soll man damit anfangen, wenn sich jetzt bei Coppola Geschichte eindeutig wiederholt?

Seine Darstellung der heruntergewirtschafteten, dem Untergang geweihten Metropole, die nach neuen Impulsen lechzt, mag da einer Kritik an der gegenwärtigen, gespaltenen Gesellschaftssituation noch am nächsten kommen. Die von Anfang an aufgesetzt wirkenden, theatralischen Dialoge aber, in denen schon mal mit allerlei Pathos Marc Aurel zitiert wird, und Adam Driver permanent an der Schwelle zum Overacting anstrengt, sind dann doch ein wenig zu ambitioniert, als dass sie zur Stimmigkeit des Plots beitragen könnten. Authentizität jedoch ist bestimmt nicht das primäre Anliegen vom Altmeister in seinem Science-Fiction-Drama, mit dem er sicherlich eher provokativ Denkanstöße liefern will als das Publikum permanent abzuholen.

"Megalopolis" Szenenbild (© Courtesy of Lionsgate)

Adam Driver als Cesar Catilina und Nathalie Emmanuel als Julia Cicero
(© Courtesy of Lionsgate)

Leider aber ist von einem stringenten Handlungsverlauf oder gar einem Spannungsbogen herzlich wenig zu erkennen, wenn Coppola den Nobelpreisträger und Frauenheld Catilina mit seiner architektonischen Vision von New Rome als titelgebendes, modern gestaltetes Megalopolis auf den konservativen, sich an die Macht klammernden Cicero loslässt. Die Toga tragende Oberschicht, die sich in ihrer eigenen Blase komplett von der übrigen Bevölkerung entfernt zu haben scheint, spinnt da lustig Intrigen gegeneinander, während sich das gemeine Volk, das in dem Epos so gut wie gar nicht vorkommt, an der Berichterstattung über die Schönen und Reichen erfreuen darf. Zumindest da blitzt vereinzelt bissiger Sarkasmus auf, als sich etwa das sich über ihre Jungfräulichkeit definierende Showsternchen Wow Platinum (Aubrey Plaza) als Catilinas Geliebte entpuppt, oder dessen Cousin Clodio (Shia LaBeouf) mit Umsturzgedanken und populistischen Thesen das Volk hinter sich zu scharen sucht.

Insgesamt aber verheddert sich der Regisseur mehr und mehr in seinen vielen Handlungssträngen, die von Liebestragödie – Ciceros Tochter Julia (Nathalie Emmanuel) verfällt da recht bald dem Womanizer Catilina – bis zum Wirtschaftskrimi – Bankchef Crassus (John Voigt) zieht mit seinem Geld als kleine Reminiszenz an den „Paten“ im Hintergrund die Fäden – reichen und ermüdet uns damit zunehmend. So ist sein als Denkmal gedachter, im stattlichen Alter von 85 doch noch verwirklichter Lebenstraum ein unausgegorener Genremix in billiger, pseudofuturistischer Optik mit sinnfrei eingesetzten Special Effects, der chaotisch statt der geplanten Zukunftvision außer einem äußerst fragwürdigen Frauenbild vor allem ein nachhaltiges Gefühl der Verstörtheit vermittelt.

Trailer:

Bewertung: 4 von 10 Punkten

 

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