Mein fabelhaftes Verbrechen
Darsteller: Nadia Tereszkiewicz, Rebecca Marder, Isabelle Huppert, Dany Boon
Regie: François Ozon
Dauer: 102 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.weltkino.de/filme/mein-fabelhaftes-verbrechen
Facebook: facebook.com/WeltkinoFilmverleih
François Ozon avancierte in letzter Zeit zu so etwas wie dem Woody Allen Frankreichs und stellte selbst in der Corona-Zeit in schöner Regelmäßigkeit jedes Jahr einen neuen Film vor. Erstaunlicherweise weisen alle davon einen gewissen Anspruch auf, und nicht zuletzt finden sich unter ihnen solch veritable Perlen wie die feministisch-bissige Krimikomödie „8 Frauen“ (2002) oder das ergreifende Missbrauchsdrama „Gelobt sei Gott“ (2018). In seinem diesjährigen Streifen „Mein fabelhaftes Verbrechen“ greift er, der sich ja schon in einigen seiner früheren Werke als wahrer Frauenversteher erwiesen hat, einmal mehr das Thema Feminismus auf. Er verfilmt hier ein Theaterstück von 1934, welches sich schon damals überaus fortschrittlich mit den ungleichen Frauenrechten beschäftigte, und transportiert damit praktisch die äußerst aktuelle MeToo-Debatte ins Paris der 30er Jahre.
Wie aus heiterem Himmel sieht sich hier die wenig erfolgreiche Jungschauspielerin Madeleine (Nadia Tereszkiewicz) einer Mordanklage gegenüber. Zwar hat auch sie beim für seine Belästigungen berüchtigten Theaterproduzenten Montferrand (Jean-Christophe Bouvet) vorgesprochen und von ihm sogleich ein eindeutiges Angebot erhalten, von seiner Erschießung kurze Zeit später aber erfährt sie erst durch die plötzlich vor ihrer Tür stehende Polizei. Doch ihre findige Freundin und Mitbewohnerin, die ebenso unterbeschäftigte junge Anwältin Pauline (Rebecca Marder), sieht angesichts eines einschlägigen Präzedenzfalls ihre Chance gekommen, die eigentlich unerfreulichen Umstände zu ihren Gunsten zu drehen und endlich ihre prekäre finanzielle Situation hinter sich zu lassen.
Erst kürzlich nämlich ist in einem ähnlich gelagerten Fall eine Frau freigesprochen worden, und nun bekennt sich auch Madeleine schuldig, plädiert jedoch mit Pauline zusammen ebenfalls auf Notwehr gegen den übergriffigen Intendanten. Ihr Kalkül geht auf, wird sie doch ebenso freigesprochen und sorgt der Prozess augenblicklich in der Metropole für enormes Aufsehen mit beträchtlicher Wirkung: Sowohl Madeleine wird wegen ihres Widerstands gegen die Unterdrückung von Frauen in der Gesellschaft nicht nur mit Blumen sondern bald auch mit lukrativen Rollenangeboten überhäuft, als auch Pauline kann sich vor Aufträgen kaum noch retten. Die Zeiten, in denen sie ständig ihren Vermieter vertrösten mussten und von einer guten Partie vor dem Altar träumten, scheinen der Vergangenheit anzugehören. Da aber tritt mit dem abgehalfterten Stummfilmstar Odette Chaumette (herrlich eingebildet: Isabelle Huppert) die wirkliche Täterin auf den Plan und droht sie auffliegen zu lassen.
Ozon legt seine Komödie handwerklich einwandfrei als bestens ausgestatteten Kostümfilm an, dem man das durchaus charmante Paris zwischen den Kriegen mit all seinen wirtschaftlichen Zwängen und der rückständigen Gesellschaft jederzeit abnimmt. Sein geschickt in den vordergründigen Kriminalplot verpacktes hehres Anliegen des Kampfes für die Rechte der Frauen aber will nicht so recht verfangen. Zu sehr sind seine beiden Hauptfiguren Madeleine und Pauline vor allem auf ihren persönlichen Vorteil aus, als dass wir sie als Aktivistinnen der Frauenbewegung akzeptieren würden, zu denen sie das Drehbuch gerne aufbauen möchte. Zu blass und uncharismatisch agieren hier obendrein die jungen Darstellerinnen Nadia Tereszkiewicz und Rebecca Marder, als dass sie uns emotional abholen könnten oder wir uns gar mit ihnen identifizieren.
Trotzdem hat der Film seine lichten Momente, stellt gerade während des Prozesses das vorherrschende Patriarchat durch die landläufige Forderung der Todesstrafe inklusive allzu abschätziger Bemerkungen heraus und leistet sich noch dazu den einen oder anderen erfrischenden Seitenhieb auf verkrustete Gesellschaftsstrukturen. Den schwungvollen Esprit vorheriger Filme jedoch lässt Ozons neues Werk leider vermissen und plätschert größtenteils recht humorlos vor sich hin. Gut, dass die wieder einmal bestens aufgelegte Isabelle Huppert als alternde Diva den Laden zum Ende hin gewaltig aufmöbelt und uns gerade noch rechtzeitig aus der zwischenzeitlich eingetretenen Lethargie holt.
Trailer:
Bewertung: 6 von 10 Punkten