Die brillante Mademoiselle Neïla
Darsteller: Camélia Jordana, Daniel Auteuil, Yasin Houicha, Nicolas Vaude
Regie: Yvan Attal
Dauer: 97 Minuten
FSK: freigegeben ohne Altersbeschränkung
Website: squareone-entertainment.com/le-brio
Facebook: facebook.com/MademoiselleNeila.DerFilm
Culture-Clash-Komödien hat man weiß Gott schon genug gesehen, von denen man sich einige wirklich besser hätte sparen sollen. Denn die hatten außer der Deklination landläufiger Stereotypen nicht viel zu bieten und verfestigten damit sogar noch die vorherrschenden Vorurteile. Zugegeben, beim Lesen der Inhaltsangabe von Yvan Attals neuem Film “Die brillante Mademoiselle Neïla” beschlich einen durchaus das Gefühl, hier ein ebensolches Werk präsentiert zu bekommen. Was der algerischstämmige Franzose Attal aber abliefert, belehrt einen sehr schnell eines Besseren. Genau genommen hat man es auch gar nicht mit einer Komödie im eigentlichen Sinne zu tun, denn was die Protagonistin Neïla (Camélia Jordana) an ihrem ersten Tag an der Universität erlebt, nimmt schon weitgehend dramatische Züge an.
Selbstbewusst und stolz, es mit algerischen Wurzeln aus dem verrufenen Pariser Vorort Créteil an die renommierte Assas Law School geschafft zu haben, kommt sie prompt zu spät zu ihrer ersten Vorlesung. Damit ist sie für den wegen ähnlicher Vorkommnisse bereits bekannten Professor Mazard (Daniel Auteuil) ein willkommenes Opfer, der sie vor versammelter Mannschaft im Hörsaal bloßstellt und rassistisch beleidigt. Er hat jedoch die Rechnung ohne die Generation Smartphone gemacht, denn schon kurze Zeit später kursiert der Mitschnitt seiner Hasstirade inklusive Shitstorm im Internet, und er hat sich dafür als Wiederholungstäter vor der Unileitung zu verantworten. Die sieht nur eine Lösung, den unausweichlichen Disziplinarausschuss milde zu stimmen und gleichzeitig das Image der Uni geradezurücken: Er muss Neïla beim prestigeträchtigen, landesweiten Debattierwettbewerb coachen und somit die Toleranz und Weltoffenheit der Schule demonstrieren. Dazu aber gehören immer noch zwei, und Neïla ist von der Idee wegen kaum verwunderlicher Abneigung gegen den querköpfigen Prof trotz seiner Entschuldigung wenig angetan. Doch ihm gelingt es durch seine geschickt eingesetzten Provokationen, sie aus der Reserve zu locken und schließlich von dem Projekt zu begeistern, auch wenn sie überhaupt nicht versteht, warum ausgerechnet sie die Auserwählte sein soll.
Und schon startet das neu formierte Team in die intensive Vorbereitung, bei der wir nicht nur hinter die schroffe Fassade des fachlich genialen Hochschullehrers blicken, sondern sich die beiden eigentlich inkompatiblen, starrköpfigen Charaktere tatsächlich annähern. Das ist von den beiden Hauptdarstellern Jordana und Auteuil wirklich sensationell gespielt, die das Schwanken zwischen kompletter Aversion und Wertschätzung wunderbar transportieren. Ihre grundverschiedenen Welten verdeutlicht Regisseur Attal, einst selbst in Créteil aufgewachsen, dabei immer wieder mit Neïlas langen Zugfahrten, nach denen sie auch noch mit ihren häuslichen Problemen zu kämpfen hat. Er schafft es fast nebenbei, Verständnis für beide Seiten zu erzeugen, deren Einstellungen sich auch nicht groß verändern, als sich persönliche Sympathien entwickeln. So gelingt es ihm, das ernste Thema gesellschaftliche Spaltung mit sympathischer Situationskomik äußerst unterhaltsam aufzubereiten, ohne dabei den nötigen Tiefgang einzubüßen. Und auch wenn sich trotz privater Beziehung die Fronten nicht wirklich aufbrechen, macht er mit seiner detaillierten Charakterisierung der beiden intelligenten Figuren deutlich, dass eine Annäherung beide nur bereichern kann.
Trailer:
Bewertung: 8 von 10 Punkten