Online für Anfänger
Darsteller: Blanche Gardin, Denis Podalydès, Corinne Masiero, Denis O’Hare
Regie: Benoît Delépine, Gustave Kervern
Dauer: 110 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.x-verleih.de/filme/online-fuer-anfaenger
Facebook: facebook.com/xverleih
Mit “Online für Anfänger” kommt ein Film in unsere Kinos, der schon von sich reden gemacht hat, als einer der erfolgreichsten Kinofilme des letzten Jahres in Frankreich mit über 500.000 Zuschauern, vor allem aber als Gewinner des Silbernen Bären im Wettbewerb der Berlinale 2020.
Zu Beginn mag man dies kaum für möglich halten, startet der Streifen doch nur allzu quatschig, als Marie (Blanche Gardin) durch die Stadt schlendert und sich wie ein Bär den Rücken an einem Baum kratzt. Ob die Szene als Symbol für Hilflosigkeit, Pragmatismus, Naturverbundenheit oder was auch immer gedacht ist, sie ist ein schlechter Einstieg, nach dem sich das Werk des Regie- und Autorenduos Benoît Delépine und Gustave Kervern (“Mammuth”, “Der Tag wird kommen”) aber bald fängt und im Laufe seiner durchaus zu langen fast zwei Stunden deutlich steigert.
Der Titel des Films ist hierbei etwas fehlleitend – was aber nicht so tragisch ist, ergeht es dem Original mit “Effacer l’historique” (was dafür steht, den Browserverlauf zu löschen) doch auch nicht besser. Im Zentrum des Geschehens stehen drei Individuen, die sich kennen und auch immer wieder mal aufeinander treffen, vor allem, weil sie mit Gelbwesten Seite an Seite für ihre Rechte in Frankreich kämpften … an einem Kreisverkehr.
Marie geht es finanziell nicht gut, und so versucht sie nach der Trennung vom Ehemann, ihr Mobiliar im Internet verkaufen. Als sie dann einen Mann kennen lernt, der ihre nicht seltene Trunkenheit ausnutzt und ein Sexvideo dreht, mit dem er sie erpresst, regiert die Angst, ihr jugendlicher Sohn könnte den Clip im Internet sehen – denn bezahlen kann sie nicht.
Der alleinerziehende Witwer Bertrand (Denis Podalydès) ist ein merkwürdiger Eigenbrötler, der sich in eine weit weg lebende Callcenter-Agentin namens Miranda verliebt hat, weil er ihre Stimme so nett findet und sie so geduldig auf ihn eingeht – natürlich nur, um ihm das Geld aus der Tasche zu ziehen, aber das erkennt er in seiner Verliebtheit nicht. Seine Tochter hingegen wird von MitschülerInnen gemobbt, die ein fieses Video von ihr gedreht und auf Facebook veröffentlicht haben, und das würde Bertrand gerne gelöscht haben, aber seine Briefe an das Netzwerk zeigten bislang keinen Erfolg.
Die kantig und ungeschickt agierende Christine (Corinne Masiero) hält sich als Uber-Fahrerin über Wasser, ärgert sich aber über ihre fast durchweg miesen Bewertungen, die sie trotz aller Anstrengungen erhält – wobei sie sich aber auch äußerst ungelenk anstellt, so dass ihr bald die erneute Arbeitslosigkeit drohen könnte. Das wäre fatal, hat sie doch ihr Wohnzimmer bereits untervermietet, um Kosten zu sparen – allerdings wirkt sich ihre Sucht nach Fernsehserien kontraproduktiv aus.
Bei allen drei besteht also dringender Handlungsbedarf, und so suchen sie nach einem Krisentreffen im Kreisverkehr einen sich wenig bescheiden Gott nennenden Hacker auf, um digitale Hilfestellung zu erkaufen.
Die Handlung klingt nicht sonderlich reizvoll, sie gewinnt aber enorm durch all die Kleinigkeiten, die man aus der realen wie auch digitalen Welt wiedererkennt und die hier mit schwarzem Humor geschickt aufgegriffen werden – seien es merkwürdig versteckte, unübersichtliche Passwortlisten, überall lauernde Preisvergleiche, Call-Center-Anrufe oder einen genau beobachtende Nachbarn.
Der Film entfaltet mehr und mehr Gesellschaftskritik und serviert diese zwischen humorvollen Szenen, die einen oft zum Schmunzeln bringen, und auch nachdenklich machenden, weil im Leben oft so passierenden Momenten. Am Ende geht das Ganze dann doch zu weit, als sogar eine Reise ins Silicon Valley angetreten wird, um den Internet-Giganten die Stirn zu bieten – da war der Ansatz mit dem Hacker doch weit glaubwürdiger.
Der Streifen krankt zwar etwas daran, dass die drei Hauptfiguren keine übertölpelten Opfer ohne Schuld sind wie Bertrands Tochter, sondern sich oftmals einfach ausgesprochen dämlich verhalten und somit ihr Leid zum großen Teil selbstverschuldet haben, “Online für Anfänger” entwickelt nach und nach aber mehr Tiefgang und man hat zudem durchaus einigen Spaß.
Trailer:
Bewertung: 5 von 10 Punkten