Polite Society
Darsteller: Priya Kansara, Ritu Arya, Nimra Bucha, Akshay Khanna
Regie: Nida Manzoor
Dauer: 105 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.upig.de/micro/polite-society
Facebook: facebook.com/Focus.Features.DE
Es ist erfrischend, dass es neben all den namhaft besetzten Blockbuster-Kandidaten, die sich heutzutage dann auch gerne mal weder als genügend reizvoll noch als gewünscht erfolgreich erweisen, immer wieder Filme gibt, die einen mit tollen Ideen zu überraschen und dann auch bestens zu unterhalten wissen. “Polite Society” gehört zu dieser Gattung, die in einer pakistanischen Familie bis zu einem Alter von zehn Jahren in Singapur, später dann in London aufgewachsene Nida Manzoor macht mit ihrem Kino-Langfilmdebüt, bei dem sie Regie führte und für das sie auch das Drehbuch verfasste, also alles richtig.
Im Zentrum des Geschehens steht die forsche, selbstbewusste Teenagerin Ria Khan (Priya Kansara), die ebenfalls als Kind einer britisch-pakistanischen Familie in London lebt und mit den traditionellen Vorstellungen ihrer Eltern Fatima (Shobu Kapoor) und Rafe (Jeff Mirza) reichlich wenig am Hut hat. Rias Traum ist es, wie ihr Idol Eunice Huthart eine weltberühmte Stuntfrau zu werden, wofür sie auch täglich trainiert. Nachdem ihre große Schwester Lena (Ritu Arya) das Kunststudium hingeschmissen hat und wieder mit zu Hause eingezogen ist, wird diese als Kamerafrau für den Social-Media-Kanal mit eingespannt, auf dem Ria ihre Fortschritte präsentiert, gerne mit “Ich bin die Wut”-Kampfschrei agierend, wobei beileibe nicht alle ihre Martial-Arts-Umsetzungen gelingen wollen.
Wenn sie nicht zu Hause oder in der Kampfschule ist, verbringt Ria ihre Zeit mit den besten Freundinnen Clara (Seraphina Beh) und Alba (Ella Bruccoleri), und die drei Mädels scheinen unzertrennlich. Soweit, sogut – bis Raheela (Nimra Bucha) als Freundin ihrer Eltern und Gruppenführerin beim regelmäßigen Treffen pakistanischer Mütter einen festlichen “Eid Mubarak”-Abend in ihrem protzigen Anwesen veranstaltet, zu dem Ria und Lena mitgehen müssen. Wie sich heraus stellt, scheint es hauptsächlich darum zu gehen, Raheelas Sohn Salim (Akshay Khanna) zu verkuppeln, und zum Schrecken von Ria verguckt sich der wohlhabende Genforscher nicht nur in Lena, sondern auch sie in ihn.
Ria ist erschüttert, dass die Schwester sich auf solch einen schmierigen Typen aus unsympathischer Familie einlässt – und schockiert, als sie nach sehr kurzer Zeit schon einen Verlobungsring präsentiert. Zusammen mit Clara und Alba schmiedet sie einen Plan, um die vermuteten Leichen in seinem Keller ans Licht zu bringen – bewusst der Gefahr, dass die geheimen Aktionen gegen Salim den sowieso schon angeschlagenen Familienfrieden weiter gefährden könnten. Aber Mia ist die Wut, und diese ist nicht zu zähmen.
Mit “Polite Society” legt Nida Manzoor, die man bisher vor allem als Regisseurin von sieben Episoden der TV-Serie “We Are Lady Parts” und zweien von “Doctor Who” kennen könnte, ein voll überzeugendes Kino-Debüt vor. Mit Bollywood hat das Ganze bis auf kurzzeitigen Farbenreichtum beim Tragen der festlichen Traditionsgewänder so gut wie nichts zu tun, auch wenn das Filmplakat diese Vermutung anregte. Auch den schon so oft gebotenen Culture Clash drängt Manzoor bewusst in den Hintergrund und belässt die Hauptteile der Handlung innerhalb der Familien mit pakistanischen Wurzeln, wobei die Szenen mit Rias witzigen, ebenfalls alles andere als langweiligen Freundinnen oder in der Schule Spaß bereiten.
Darstellerisch weiß das gesamte Ensemble zu gefallen, von der umwerfend aufspielenden Priya Kansara (“Bridgerton”, “Half Bad”) und der ebenfalls starken Ritu Arya (“Red Notice”, “The Umbrella Academy”) als Schwester über Shobu Kapoor und Jeff Mirza als Eltern und die als beste Kumpaninnen – heute am einfachsten BFFs genannt – jede Menge frischen Wind mitbringenden Seraphina Beh und Ella Bruccoleri bis hin zu Akshay Khanna als verhasstem Schwager in spe und Nimra Bucha als seine verschlagene Mutter.
In puncto Inszenierung hat sich Manzoor einiges einfallen lassen, ob eine Unterteilung in mehrere, plakativ betitelte Kapitel, ansprechend geschnittene, gute Bilder oder bewusst übertriebene, rasante Kampfszenen. Eine geschickte Wendung in der Story gibt es noch dazu. Diese ist von gutem Humor durchzogen, der aber niemals dümmlich wird oder in Slapstick abrutscht. Ganz im Gegenteil, die ideenreiche Geschichte mit einer Portion Coming-of-Age und Familien- wie auch Freundschaftsthemen von herzerwärmendem Zusammenhalt bis zu nervraubendem Zwist bringt sogar viel Charme mit, und augenzwinkernd eingebrachte Martial-Arts-Kampfkunst setzt dem Ganzen noch die Krone auf. So ist “Polite Society” immer unterhaltsam und kurzweilig, ein wahres Vergnügen.
Trailer:
Bewertung: 9 von 10 Punkten