Robot Dreams
Animation
Regie: Pablo Berger
Dauer: 102 Minuten
FSK: freigegeben ohne Altersbeschränkung
Website: polyfilm.at/film/robot-dreams
Facebook: facebook.com/PLAION.PICTURES
Kinostart: 9. Mai 2024
Im Rennen um den diesjährigen Oscar® für den besten animierten Film musste sich der Zeichentrickstreifen „Robot Dreams“ des Spaniers Pablo Berger („Blancanieves“) noch Hayao Miyazakis Fantasy-Epos „Der Junge und der Reiher“ geschlagen geben. Jetzt aber kommt der warnherzige Oldschool-Film hierzulande in die Kinos und kann beweisen, dass er sich hinter dem philosophischen Werk des legendären japanischen Animationsmeisters keinesfalls zu verstecken braucht.
Ein anfängliches Stirnrunzeln erzeugt es allerdings schon, wenn wir den Hund Dog kennenlernen, wie er abends mit Käsemakkaroni aus der Mikrowelle allein auf seiner New Yorker Couch vor dem Fernseher sitzt. So minimalistisch ist das Design und die Strichform von Bergers klassischem Zeichentrickwerk, dass wir – inzwischen offensichtlich unweigerlich auf aufwändigste, rasante Animationsaction konditioniert – erstmal mit einer seltsamen Grundskepsis reagieren. Aber warum eigentlich? Schon nach wenigen Augenblicken nämlich trifft uns der Regisseur sowohl mit dem nostalgischen Gefühl alter Fernsehserien als auch mit der typisch großstädtischen Einsamkeit seiner Hauptfigur mitten ins Herz und braucht dafür noch nicht einmal ein einziges gesprochenes Wort.
Allein durch seine Augen und den dünnen Strich seines Mundes fühlen wir sofort mit mit seinem niedlichen Dog, dessen einzige Gesellschaft im ausschließlich von vermenschlichten Tieren bevölkerten New York die der entfernten Nachbarn in den erleuchteten Fenstern des Backsteinbaus gegenüber ist. Da kann auch das Zappen durch die Fernsehkanäle oder die wiederholte Partie „Pong“ gegen sich selbst keine Abhilfe schaffen. Zumindest aber ist über die TV-Reklame schnell ein Roboter als neuer Gefährte bestellt, der, am nächsten Tag schon sehnlichst erwartet, auch flugs zusammengeschraubt ist.
Was Berger dann folgen lässt, ist ein klassisches Buddy-Movie in so ziemlich allen erdenklichen Facetten, braucht es dabei nicht einmal einen Tag, bis Dog und Robo durch ihre gemeinsamen Unternehmungen ein Herz und eine Seele werden. Schon das ist, völlig wortlos einzig unterstützt von Geräuschen und einem einschlägigen funky Soundtrack – Earth, Wind and Fires „September“ soll sich als Thema durch die gesamte Handlung ziehen –, dermaßen charmant und herzerwärmend inszeniert, dass man sich gar nicht satt sehen kann an der neuen innigen Freundschaft vor dem farbenfrohen, detailreichen Hintergrund eines Big Apple der 80er Jahre.
Doch auch in Sachen Dramatik hat der liebevoll gezeichnete Film einiges zu bieten, endet doch die herzliche Beziehung der beiden besten Freunde abrupt nach ihrem gedankenlosen Badespaß am Strand mit anschließender Bewegungsunfähigkeit Robos. Zwar ist ölige Hilfe bald besorgt, die Strandbadsaison bei Dogs Rückkehr am Abend aber überraschend beendet. Eine Trennung bis zur Wiedereröffnung im nächsten Frühling ist unvermeidlich, denn ein Rettungsversuch geht schwer daneben, und so muss Dog seinen Freund widerwillig zurücklassen. Der wiederum ist sämtlichen widrigen Umständen inklusive dem über ihn hereinbrechenden Winter ausgesetzt und fantasiert sich in regelmäßigen Abständen aus der deprimierenden Realität in seine Traumwelten mit Dog.
Auch das ist eine ganz große Stärke von Bergers anfangs gewaltig unterschätztem Streifen, der in diesen Sequenzen nicht nur bildgewaltig und bunt der Fantasie freien Lauf lässt, sondern gleichzeitig den melancholischen Trennungsschmerz hautnah spürbar macht. Er begnügt sich eben nicht mit dem Erzählen seiner ohnehin hochgradig zum Mitfühlen einladenden Geschichte und wird damit zu einem ungemein tiefgründigen Seherlebnis, welches sich uns fast unerwartet offenbart. Dass dann auch im Frühling das ersehnte Wiedersehen der beiden ausbleibt, macht das Gefühlschaos auch für uns perfekt und lässt den Film zu einem typischen Beziehungsdrama werden, das kaum ein Realfilm mit menschlicher Besetzung ähnlich einfühlsam umsetzen könnte.
So macht Berger aus Sara Varons eher oberflächlicher Graphic Novel mit ihren niedlichen Figuren einen genauso vielschichtigen wie berührenden Film über die uns alle bewegenden Themen zwischenmenschlicher Beziehungen: Einsamkeit, Glück, Trennung und nicht zuletzt das Loslassen. Selten ist das mit so einfachen technischen Mitteln geglückt, und selten kam man nach dem Nacherleben eigener Erfahrungen so erfüllt aus dem Kino.
Trailer:
Bewertung: 8 von 10 Punkten