Speak No Evil
Darsteller: James McAvoy, Mackenzie Davis, Scoot McNairy, Aisling Franciosi
Regie: James Watkins
Dauer: 110 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.upig.de/micro/speak-no-evil
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Instagram: instagram.com/universalhorrorde
Kinostart: 19. September 2024
Es ist gerade einmal zwei Jahre her, da sorgte der Däne Christian Tafdrup mit seinem Psychothriller „Speak No Evil“ mächtig für Furore. Das ist auch dem Produzententeam um Jason Blum nicht verborgen geblieben, und so hat die renommierte Horrorschmiede Blumhouse in Windeseile die Maschine für ihr Projekt eines amerikanischen Remakes angeworfen. Ob das unbedingt vonnöten war, fragt man sich hier zwar genauso wie bei so manch anderer grandioser europäischer Vorlage. Letztendlich bestimmt aber auch hier der große US-Absatzmarkt die Gesetze, wenn uns Regisseur James Watkins („Eden Lake“, „Die Frau in Schwarz“) jetzt ungewöhnlich zeitnah seine gleichnamige Neuverfilmung präsentiert und damit das Original zumindest aus seiner Nische holt.
Es ist im wahrsten Wortsinne alles eitel Sonnenschein, als das amerikanische Ehepaar Ben (Scoot McNairy) und Louise (Mackenzie Davis) in ihrem Toskanaurlaub auf das Pärchen Paddy (James McAvoy) und Ciara (Aisling Franciosi) trifft. Zwar hat Paddy ein fast schon aufdringlich einnehmendes Naturell, und auch Töchterchen Agnes (Alix West Lefler) will mit dessen sprachbehindertem Sohn Ant (Dan Hough) nicht so richtig warm werden. Dafür aber haben sie alle bei den gemeinsamen Unternehmungen mit dem extrovertierten Selbstdarsteller und seiner eher devoten jungen Partnerin eine Menge Spaß, der Louise und Ben angenehm von ihren omnipräsenten Eheproblemen ablenkt. Und schon sehen sie sich, obwohl es ihnen sichtlich unangenehm ist, in einen Besuch bei Paddy und Ciara in deren britischen Landhaus gequatscht, der genauso wie ihr Urlaub eine Abwechslung zum tristen Alltag sein soll.
Geschickt baut Watkins hier schon Spannung auf, wo eigentlich gar keine ist. Einzig die von James McAvoy wunderbar verkörperte, fast schon martialische Präsenz Paddys kündet von Ungemach, was Ben und Louise ebenso spüren wie wir. Dieses Unbehagen jedoch ist zunächst einmal nicht rational zu begründen und wird vom charismatischen Paddy dann auch regelmäßig charmant wegmoderiert. Kaum auf dem englischen Bauernhof angekommen aber wird Paddys betont dominantes Verhalten langsam aufdringlich und streift in der einen oder anderen Situation sogar nur haarscharf an der Übergriffigkeit vorbei. Grund genug jedenfalls für Ben und Louise, sich zunehmend unwohl zu fühlen und ihren baldigen Absprung vorzubereiten.
Das alles inszeniert James Watkins um sein Zentrum Paddy herum gekonnt unheimlich und zieht mit dem wachsenden Unwohlsein langsam die Spannungsschrauben an. Denn schon bald bleibt es nicht mehr bei Paddys nervender toxischer Männlichkeit, die er gerne auch auf Ben projizieren würde, sondern werden seine Aktionen für die Besucherfamilie immer bedrohlicher. Wie aber können sie sich jetzt aus ihrer unangenehmen Lage befreien, ohne mit den gesellschaftlichen Normen zu brechen, die Respekt gegenüber dem Gastgeber einfordern, wie er sich auch immer verhalten mag? Gesellschaftliche Normen jedoch sind Paddy herzlich egal, der sich im Verlauf mehr und mehr in Widersprüche verstrickt und damit Abgründe seiner Seele offenbart, die sich selbst die zunehmend skeptischer werdenden Ben und Louise kaum vorzustellen wagen.
James McAvoy trägt hier den Film mit seiner Darstellung des Paddy, den er wieder einmal in seiner schon des Öfteren verkörperten Paraderolle des durchgeknallten Psychopathen gibt. Dennoch ist es auch hier wieder eine wahre Freude mitanzusehen, wie er langsam immer mehr der kranken Psyche seines Paddy zu erkennen gibt, und sich die zuerst latente Bedrohung zur brutalen Geiselnahme einer Familie auswächst, die er sich im Urlaub gezielt zu diesem Zweck ausgesucht hat. Dass der drangsalierte Sohn Ant dabei mit seiner verkümmerten Zunge eine entscheidende Rolle spielt, überrascht uns nicht, sorgt aber zum Ende hin nochmal für ein Spannungsmoment, das den dann längst zum Splatterstreifen mutierten Thriller durchaus bereichert.
So ist Watkins‘ Remake in puncto Spannungsaufbau wirklich gelungen, den er mit seinen fein nuancierten Psychospielchen zwischen den beiden Pärchen extrem fesselnd gestaltet und sich damit einmal mehr als Meister des subtilen Grauens erweist. Dass sein Ausgang der Tragödie trotz aller Blutspritzer den bösen Biss des dänischen Originals komplett vermissen lässt, mag dabei dem einen oder anderen wissenden Betrachter aufstoßen. Ein packender, kurzweiliger Psychothriller aber ist sein „Speak No Evil“ allemal.
Trailer:
Bewertung: 7 von 10 Punkten