Home Film “Stronger” – ein Terroropfer zwischen Regeneration und Medienrummel

“Stronger” – ein Terroropfer zwischen Regeneration und Medienrummel

Autor: Tobi

"Stronger" Filmplakat

Stronger

Darsteller: Jake Gyllenhaal, Tatiana Maslany, Miranda Richardson, Clancy Brown
Regie: David Gordon Green
Dauer: 119 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.studiocanal.de/kino/stronger
Facebook: facebook.com/ARTHAUS


Während in einigen momentanen Kinofilmen wie dem in Kürze startenden “7 Tage in Entebbe” über eine Flugzeugentführung im Jahr 1976 oder dem unterhaltsamen “I, Tonya” über einen Sportskandal aus 1994 reelle Vorkommnisse aus der Vergangenheit noch einmal beleuchtet werden, die bereits länger zurück liegen und daher einem entweder, wenn man jung ist, gar nicht oder vielleicht nicht mehr im Detail im Gedächtnis geblieben sind, ist das in “Stronger” thematisierte Bombenattentat während des Boston-Marathons 2013 noch sehr präsent. Die schlimmen Bilder der Explosion und Verletzten gingen ebenso um die Welt wie die Verfolgungsjagd nach den beiden tatverdächtigen Brüdern, die für drei Todesopfer und 264 Verletzte beim Anschlag verantwortlich waren, zu denen dann noch ein toter und ein schwer verletzter Polizist im Zuge der Fahndungen hinzu kamen.

Das Attentat sorgte aber neben weltweiter Anteilnahme auch – wie eigentlich immer zu beobachten – für ein neues Zusammenhaltsgefühl in der betroffenen Stadt, und es brachte kleine Heldengeschichten mit sich, was vor allem in Amerika medial gerne groß aufbereitet wird. “Stronger” basiert auf dem gleichnamigen Buch von Jeff Bauman und beleuchtet nicht nur dessen Geschichte als Attentats-Überlebendem, sondern auch sein Unbehagen dabei, zum Helden stilisiert zu werden.

Eigentlich steht Jeff Bauman (Jake Gyllenhaal) nur an der Ziellinie des Boston-Marathons, um seiner Ex-Freundin Erin (Tatiana Maslany) zuzujubeln, der er immer noch hinterher trauert und der er hiermit und mit seinem angefertigtem Plakat beweisen will, wie wichtig sie ihm noch ist. Dann kommt es zur Explosion, und der 27-jährige verliert beide Beine. Im Krankenhaus wird ihm nach einer Notoperation das Ausmaß seiner Verletzung bewusst, und doch besitzt er die Stärke, bei der Identifikation der Attentäter zu helfen, bevor er – natürlich – in ein tiefes Loch des Trübsals fällt. Anfangs noch vom Frust dominiert, beginnt er bald, zu kämpfen. Für sich, aber auch, weil Erin nun wieder oft bei ihm ist, die sich von Schuldgefühlen geplagt, aber nicht nur wegen dieser, wieder zu Jeff hingezogen fühlt.

Bald hat er auch seinen Humor zurück und macht das Beste aus der Situation – was auch gut zu seiner Familie passt, die man mit ihren Charakteren und Verhaltensweisen durchaus als speziell bezeichnen kann. Die anfänglich noch widerwillig begonnenen Reha-Maßnahmen zeigen erste Früchte, und irgendwann kann Jeff – im Rollstuhl – das Krankenhaus verlassen. Dass er hierbei von den Medien gefeiert wird und als Symbol des unter dem Motto “Boston Strong” gestarteten Widerstandes gegen den Terrorismus gilt, überrumpelt ihn nicht nur. Trotz eines gewissen Stolzes geht ihm die Situation dem eher zurückhaltenden Jeff bald schon gehörig auf die Nerven und die dauerhaft präsenten Journalisten missfallen ihm ebenso wie seine sich in den Fokus drängende Mutter. Das ist nicht das Leben, für das er sich zurück gekämpft hat.

“Stronger” ist ein guter Film geworden. David Gordon Green (“Ananas Express”, Regie-Bär der Berlinale 2013 für “Prince Avalanche”) inszenierte das Drama mit viel Gespür für Intensität, so dass man emotional schnell gepackt wird, was aber auch am hervorragenden Schauspiel von Jake Gyllenhaal liegt. Untermauert wird das Ganze von beeindruckenden Bildern, für die Sean Bobbitt (“12 Years A Slave”) gesorgt hat.

 

Im Gegensatz zum Anfang 2017 bei uns gestarteten Film “Boston” (Originaltitel: “Patriots Day”) von Peter Berg fällt hier die Identifikation natürlich leichter, denn damals spielte Mark Wahlberg mit dem erst beim Marathon, dann bei der Verfolgungsjagd eingesetzten Polizisten Tommy Saunders eine fiktive Person, während die Geschichte von Jeff Bauman real ist. Etwas schade ist nur, dass die im Film lange so hervorragend thematisierte, abstoßende Glorifizierung von Individuen gegen ihren Willen, die vor allem in amerikanischen Medien immer wieder zu beobachten ist, am Ende leider auch im Film nicht mehr ganz ausbleibt, womit er dann nicht mehr komplett konsequent wirkt. Ansonsten aber ist “Stronger” ein starker Film.

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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