Home Film “The Bikeriders” – dramatischer Blick auf das Leben im Bikerclub

“The Bikeriders” – dramatischer Blick auf das Leben im Bikerclub

Autor: Mick

"The Bikeriders" Filmplakat (© 2024 Focus Features, LLC. All Rights Reserved.)

The Bikeriders

Darsteller: Austin Butler, Tom Hardy, Jodie Comer, Michael Shannon
Regie: Jeff Nichols
Dauer: 116 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.upig.de/micro/the-bikeriders
Facebook: facebook.com/Focus.Features.DE
Kinostart: 20. Juni 2024


Die Mythen, die sich um Motorradgangs wie die Hell’s Angels oder Bandidos ranken, sind gewaltig. Die Assoziationen reichen dabei von freiheitsliebenden Rockern bis zu organisierten Verbrecherbanden, wobei Letzteres sicherlich nicht ganz auszuschließen ist, betrachtet man allein die offizielle Kriminalitätsstatistik. Um einmal hinter den Mythos zu blicken, veröffentlichte der amerikanische Bildjournalist Danny Lyon schon 1968 den Fotoband „The Bikeriders“, mit dem er anschaulich das Leben als Mitglied eines der ersten Motorradclubs überhaupt, dem „Chicago Outlaw Motorcycle Club“, dokumentierte. Offensichtlich davon inspiriert spürt Regisseur Jeff Nichols („Take Shelter“, „Loving“) jetzt in seinem gleichnamigen Film den Anfängen der legendären Bikerbanden nach und stützt sich dabei wesentlich auf Lyons damals parallel geführte Interviews.

Er widmet sein Drama den fiktiven Vandals, die Mitte der 60er Jahre so etwas wie das Sammelbecken für alle Unangepassten und von der Gesellschaft Chicagos Ausgestoßenen sind. Die fahren schwere Maschinen, lassen sich von niemand etwas sagen und schrecken im Zweifel auch vor handfesten Auseinandersetzungen nicht zurück. So zählt sich auch der junge Benny (Austin Butler) zu den harten Jungs, den wir eingangs kennenlernen, wie er in einer Bar sein unantastbares Bekenntnis zum Club demonstriert. Lieber lässt er sich da böse vermöbeln, als vor den Angreifern seine heilige Kutte auszuziehen. Viel eindrucksvoller aber könnte uns Nichols wohl nicht einführen in das unerschütterliche Ethos des Motorradclubs, der nicht nur für Benny eine Religion darstellt.

Eigentlich ist schon das zu viel der wilden Männlichkeit. Als sich jedoch Kathy (Jodie Comer) und ihre Freundin in der Rockerkneipe der Vandals bösester Anmache ausgesetzt sehen, landet sie letztendlich doch auf dem Sozius des schönen Rebellen Benny. Der liefert sie zwar brav zuhause ab, bleibt mit seinem Motorrad aber gleich die ganze Nacht vor ihrer Tür. Ein eindeutiges Signal an Kathy, die sich anschließend dann auch für ihre Faszination von Benny und gegen ihren bodenständigen Monteurfreund entscheidet. Nur kurze Zeit später sind die beiden verheiratet, und Nichols‘ Drama tritt in seine nächste Phase ein.

"The Bikeriders" Szenenbild (© 2024 Focus Features, LLC. All Rights Reserved.)

(© 2024 Focus Features, LLC. All Rights Reserved.)

Denn jetzt gönnt er uns durch Kathy auch die weibliche Sicht auf das Bikerleben, schneidet immer wieder Interviewsequenzen des Journalisten Danny (Mike Faist) mit der Rockerbraut dazwischen, die den Realitätsbezug seines Streifens bestens spiegeln. Und die sagen vor allem eines aus: Natürlich gibt es neben der Gang noch ein Berufs- und Privatleben, doch das wird gegen den Club immer den Kürzeren ziehen. Das muss sich auch Kathy eingestehen, die ihren Benny fortan mit der Motorradbande und ihrem genauso ungehobelten wie integren Anführer Johnny (Tom Hardy) nicht nur teilen, sondern sich und ihre Ehe dem Diktat der Gang jederzeit unterordnen muss. Ist sie damit einverstanden, gibt es kein Problem. Ihre Sorgen und Versuche, Benny aus der toxischen Ergebenheit herauszulösen, jedoch bergen eine Menge Konfliktpotenzial, welches den Film ansprechend von früheren verklärenden Freiheitshymnen abhebt.

Wunderbar transportiert Nichols allerdings auch diese Emotionen, lässt den verschworenen Haufen in Formation über die Straßen knattern und macht damit mächtig Eindruck. Nur allzu gut nachzuvollziehen ist in diesen Momenten der Stolz auf die Maschinen und darauf, Teil von etwas sein zu dürfen, das einem das berauschende Gefühl der Unbesiegbarkeit verleiht. Dass dies aber nicht selten in wahren Orgien der Gewalt mündet, ist zumindest für die Außenstehende Kathy kaum zu ertragen, und macht den ganzen Zwiespalt zwischen Faszination und Unvereinbarkeit mit dem zivilen Leben deutlich.

Nichols‘ dramatischer Motorradfilm ist damit weit vielschichtiger als eine simple Milieustudie, obwohl die wirklich eindrucksvoll einen großen Teil seines Streifens einnimmt, stellt Fragen zu den Grenzen der Loyalität und deren Folgen, die jeder für sich selbst zu beantworten hat. Gestützt auf sein wundervolles Ensemble, aus dem Tom Hardy als Coolness auf zwei Beinen heraussticht, gelingt ihm so eine klischeefreie Auseinandersetzung mit einer immer größer werdenden Bewegung, die auch deren sukzessive kriminelle Unterwanderung nicht ausspart.

Trailer:

Bewertung: 7 von 10 Punkten

 

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