The Royal Hotel
Darsteller: Julia Garner, Jessica Henwick, Hugo Weaving, Daniel Henshall
Regie: Kitty Green
Dauer: 91 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.upig.de/micro/the-royal-hotel
Facebook: facebook.com/UniversalPicturesDE
Kinostart: 11. Januar 2024
Schön war die unbeschwerte Jugendzeit, als man sich wie Hanna (Julia Garner) und Liv (Jessica Henwick) allerhöchstens mal Sorgen machte, wie man das nächste Bier bezahlen sollte. Denn die kanadischen Rucksacktouristinnen haben im neuen Thriller „The Royal Hotel“ der Australierin Kitty Green in Sydney nur eines im Sinn: Party machen bis die Kreditkarte glüht. Das tut sie dann auch bald, doch für diesen Fall gibt es in Australien ja immer noch die populäre Work-and-Travel-Agentur.
So sind sich die beiden auch für nichts zu schade, um die klamme Reisekasse aufzubessern, solange nur die Kohle stimmt. Selbstbewusst genug sind sie jedenfalls, um die Anmerkung der Agentin, der angebotene Barkeeper-Job bringe eine Menge „männliche Aufmerksamkeit“ mit sich, damit abzutun, davon eine Menge vertragen zu können. Schließlich kommen sie geradewegs vom knutschintensiven Trip auf dem Partyschiff, wo sie explizit auf der Suche nach gerade dieser männlichen Aufmerksamkeit waren. Und schon finden sie sich mitten im Nirgendwo des australischen Outbacks wieder, wo sie das titelgebende „Royal Hotel“ erwartet.
Royal allerdings sieht die schäbige Kneipe überhaupt nicht aus und wenn schon Hotel, dann höchstens als Bleibe für sie und die beiden britischen Mädels, die hier das Motto „Sex, Drugs & Rock’n’Roll“ allzu wörtlich nehmen, während sie auf ihre Ablösung durch die unbedarften Kanadierinnen warten. Soweit ist eigentlich noch alles im grünen Bereich für die abenteuerlustigen Freundinnen, lässt Green Hannas augenblickliche deutliche Aversion gegen den speckigen Laden noch gekonnt von der forscheren Liv wegmoderieren. Doch spätestens mit der ersten Schicht hinter der Bar gibt auch die Regisseurin ihre anfängliche Zurückhaltung auf und konfrontiert uns zusammen mit den Mädchen mit einer geballten Ladung testosterongesteuerter Anmache, die mit unbehaglich noch nett umschrieben ist.
Das Royal Hotel nämlich dient vornehmlich als Sauftempel für Minenarbeiter, die hier nach Schichtende regelmäßig ordentlich die Sau rauslassen und mit sexistischen Kommentaren gegenüber den jungen Barkeeperinnen nicht geizen. Unser Anfangsverdacht wird schnell zur bösen Gewissheit, dass hier ausdrücklich junge Mädels den Alkoholumsatz ankurbeln sollen und dabei gleichzeitig als Zielscheibe zotiger Bemerkungen zu dienen haben. Damit scheinen die Engländerinnen überhaupt kein Problem zu haben, tanzen auch mal halbnackt auf dem Tresen und sind sowieso fast integraler Bestandteil des johlenden, männlichen Publikums, das sein Verhalten dadurch legitimiert sieht. Doch bei den reservierteren Kanadierinnen sieht die Sache ganz anders aus, sind die doch keineswegs bereit jede Anzüglichkeit über sich ergehen zu lassen und stoßen so den Gästen unerwartet vor den Kopf.
Minütlich zieht hier Green an den Kneipenabenden die Schraube der Belästigungen weiter an, beginnt in der Enge der schummrigen Bar mit ersten zotigen Verarschungen der Neulinge und landet mit ungemein sicher aufgebauter Atmosphäre der Beklemmung recht schnell hart an der Grenze zur Übergriffigkeit, die besonders der bedrohliche Stammgast Dolly (Daniel Henshall) auch nach Feierabend zu überschreiten bereit scheint. Hilfe von Inhaber Billy (schön runtergekommen: Hugo Weaving) ist dabei nicht zu erwarten, der nicht nur selbst sein bester Kunde ist, sondern vor allem an den Einnahmen durch den nicht gerade deeskalierend wirkenden Alkoholkonsum interessiert ist.
Was wie ein Roadmovie-Abenteuer zweier Freundinnen beginnt, intensiviert die Regisseurin, kaum im „Royal Hotel“ angekommen, gekonnt zu einem feministischen Thriller, in dem ihre Protagonistinnen sich gegen immer konkreter werdende Bedrohungen zur Wehr setzen müssen. Die sind zwar lange nicht richtig greifbar, dennoch inszeniert Green die Schichten der beiden als ständigen Tanz auf der Rasierklinge, der in der toxischen männlichen Umgebung des Mikrokosmos Bar auch für uns immer unangenehmer wird. Hätte sie dabei auch noch die Geschichte ihrer hier hauptsächlich flach bleibenden Hauptfiguren erzählt, hätte einen ihr spannender Streifen noch mehr mitgenommen. So aber bleibt er immerhin ein intensives Statement gegen männliche Belästigung, der Frauen mitunter hilflos ausgeliefert sind.
Trailer:
Bewertung: 7 von 10 Punkten