Thelma – Rache war nie süßer
Darsteller: June Squibb, Richard Roundtree, Fred Hechinger, Parker Posey
Regie: Josh Margolin
Dauer: 98 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.upig.de/micro/thelma-rache-war-nie-suesser
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Kinostart: 10. Oktober 2024
Telefonbetrug ist eine ungemein profitable Masche, der immer wieder hauptsächlich Senioren zum Opfer fallen und danach oftmals ebenso beschämt wie ohnmächtig ihrem Verlust nachtrauern. Kaum ein Film führte uns das so eindrucksvoll vor Augen wie unlängst „Eine Frage der Würde“ (2023) des Bulgaren Stephan Komandarev, der drastisch und ungeheuer authentisch das perfide Vorgehen der Kriminellen beleuchtete. Regisseur Josh Margolin wählt jetzt, angeblich von seiner eigenen inzwischen 103-jährigen (!!!) Oma zu der Story inspiriert, für seinen Kino-Erstling „Thelma – Rache war nie süßer“ einen etwas anderen Ansatz, wenn er seine Protagonistin humoristisch Selbstjustiz üben lässt.
Die 93-jährige Thelma (June Squibb) nämlich fällt auf den klassischen Enkeltrick herein, als sie einem angeblichen Anwalt für die Verteidigung ihres vorgeblich wegen eines Verkehrsunfalls im Gefängnis sitzenden Enkels 10.000 Dollar per Post schickt. Enkel Danny (Fred Hechinger), sonst eher Slacker als ambitionierter Karrierist, ist aber auch ihr Ein und Alles, kommt als einziger regelmäßig auf ein Schwätzchen vorbei und kümmert sich nebenbei auch noch geduldig um ihre Computerprobleme. Verständlich also, dass sie ihm spontan helfen will, was ihre Tochter und deren Mann natürlich ganz anders sehen und daraufhin dezent ihre Alltagstauglichkeit anzweifeln. Als sich dann auch noch die Polizei in der Sache wenig kooperativ zeigt und auf die Aussichtslosigkeit der Ermittlung hinweist, nimmt sie, ganz wie ihr Held Tom Cruise in „Mission: Impossible“, die Sache kurzerhand selbst in die Hand und startet auf eigene Faust eine Rückbeschaffungsaktion ihres Geldes.
Obwohl das von vornherein reichlich absurd erscheint, weiß man selbst da noch nicht, wo die Reise hingehen soll in Margolins Kriminalstück, das uns anfangs irgendwo zwischen Empörung und Belustigung hängen lässt. Zwar ist der Verlust für die niedliche Seniorin Thelma überaus schmerzvoll, anders als im erwähnten bulgarischen Drama jedoch keinesfalls existenzbedrohend und hat so in Sachen Schicksal eine weitaus geringere Dimension. Und das ist auch gewünscht, beginnt Thelmas Feldzug im Namen der Gerechtigkeit doch im nahegelegenen Altersheim, wo sie sich erstmal einen fahrbaren Untersatz besorgen will. Der besteht ganz ihrem Alter entsprechend im Elektroscooter ihres Freundes Ben (Blaxploitation-Ikone Richard Roundtree in seiner letzten Rolle), der diesen allerdings nicht freiwillig rausrücken will.
Ein erstes Augenzwinkern kann sich Regisseur Margolin schon hier nicht verkneifen, inszeniert seine Verfolgungsjagd auf den Gängen des Pflegeheims wie einen Actionfilm in Zeitlupe und unterlegt diese obendrein mit einschlägigem Soundtrack. Spätestens jetzt ist klar, dass wir es hier mit einer Parodie auf das gängige Actiongenre zu tun haben, die ihre zweifellos netten Ideen aber doch zu oft unnötig ausreizt. Letztendlich ist auch Ben mit im Boot, oder besser: auf dem Scooter, wenn sich Thelma, frisch in einer listigen Aktion mit der alten Pistole ihrer Freundin Mona ausgestattet, auf die Suche nach dem Postfach begibt, an das sie ihr Geld geschickt hat.
Was folgt, ist ein temporeduziertes Katz-und-Maus-Spiel unseres rüstigen Rentner-Duos vor allem mit Thelmas besorgter Familie, die inzwischen ihretwegen selbst die Polizei eingeschaltet hat. Doch nebenbei verliert die zum Äußersten entschlossene Thelma selbst in Anbetracht der Einwände ihres vernünftigeren Begleiters Ben nie ihr großes Ziel aus den Augen, ihren Betrügern das Handwerk zu legen, auch wenn sie dabei ganz auf sich allein gestellt sein sollte.
Margolins Actionkomödie im Seniorentempo ist eine tiefe Verneigung vor einer Generation, die allzu gern komplett vergessen wird und oft im Altersheim ein eher trostloses Dasein fristet. Hier jedoch sind sie die Stars, die es gleich mit vielen Widersachern gleichzeitig aufnehmen können, wenn auch die Rasanz ihrer Mission zur Verbrechensbekämpfung weitgehend ihrem Alter angepasst ist. Das aber macht den Charme des Films aus, der zwar den Realismus seiner Szenen nicht ganz so wichtig nimmt, dafür aber mit der tollen 94-jährigen Hauptdarstellerin June Squibb aufwartet. Die gibt ihre Thelma so liebenswert, dass man dem unterhaltsamen Streifen so manch abwegige Situation verzeiht und stattdessen voller Respekt auf die Leistung der aktiven Rentner schaut.
Trailer:
Bewertung: 6 von 10 Punkten