Home Film “Till – Kampf um die Wahrheit” – ein lehrreiches Geschichtsstück um einen grausamen Lynchmord

“Till – Kampf um die Wahrheit” – ein lehrreiches Geschichtsstück um einen grausamen Lynchmord

Autor: Mick

"Till - Kampf um die Wahrheit" Filmplakat (© Universal Pictures)

Till – Kampf um die Wahrheit

Darsteller: Danielle Deadwyler, Jalyn Hall, Haley Bennett, Frankie Faison
Regie: Chinonye Chukwu
Dauer: 130 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: till-derfilm.de
Facebook: facebook.com/UniversalPicturesDE


Der Name Emmett Till steht noch immer für einen der aufsehenerregendsten Fälle von Gewaltverbrechen an Afroamerikanern in der Geschichte der USA. Aber erst seine Mutter Mamie Till Bradley wurde durch ihr couragiertes Vorgehen anschließend zur Ikone der Bürgerrechtsbewegung, als sie die Bilder ihres fürchterlich zugerichteten Sohnes an die Öffentlichkeit brachte und damit einen Schrei nach Gerechtigkeit ausstieß, der damals das ganze Land aufrüttelte und auch international Beachtung fand. Jetzt hat sich Regisseurin Chinonye Chukwu des Falls angenommen und ihn in ein Geschichtsdrama verwandelt, das einem die erschütternden damaligen Ereignisse emotional nahebringt.

Dazu nimmt sie uns mit in das Leben des 14-jährigen Emmett (Jalyn Hall), der zwar im Chicago des Jahres 1955 auch immer wieder mit dem alltäglichen Rassismus konfrontiert wird, insgesamt aber als aufgeweckter Junge zusammen mit seiner Mutter Mamie (Danielle Deadwyler) eine glückliche Kindheit in der schwarzen Vorort-Gemeinde verbringt. Deren Verhältnis ist nicht nur besonders herzlich, vielmehr fördert Mamie auch speziell die extrovertierte Art ihres Sohnes, um ihn zu einem selbstbewussten Menschen zu erziehen, der trotz des Nachteils seiner Hautfarbe engagiert seine Ziele verfolgt. Das schildert uns Chukwu eingangs mit ein wenig übertrieben wirkender, bonbonfarbener Ausstattung recht einfühlsam und zeichnet so eine kunterbunte, heile Welt, die sich in Kenntnis des Ausgangs der Geschichte einfach nur surreal anfühlen kann.

Bald entsteht nämlich die fatale Idee, dass Emmett in den Ferien seinen Onkel und dessen Söhne im Geburtsort seiner Mutter in Mississippi besuchen soll, um mal aus Chicago herauszukommen und deren so unterschiedliches Leben in den Südstaaten kennenzulernen. Das ist geprägt von offener, aggressiver Segregation, welche die schwarze Bevölkerung nahezu aller Rechte beraubt und sie somit zu äußerster Vorsicht im Umgang mit Weißen zwingt. Natürlich bläut Mamie ihrem Sohn die Gefährlichkeit der Lage kurz vor dessen Abreise nochmal nachdrücklich ein und nimmt ihm das explizite Versprechen ab, sich Weißen gegenüber überaus zurückhaltend zu verhalten. Doch Emmett ist halt als 14-Jähriger nicht immer Herr seiner Gefühle, und so kommt es, kaum im Süden angekommen, zu einem eigentlich harmlosen Flirt mit der einheimischen weißen Gemischtwarenhändlerin Carolyn (Haley Bennett).

"Till - Kampf um die Wahrheit" Szenenbild (© 2022 ORION RELEASING LLC. All Rights Reserved.)

(© 2022 ORION RELEASING LLC. All Rights Reserved.)

Der wirkt gerade nach Emmetts eingehender Belehrung durch seine Mutter so unnötig wie irgendwas, und doch gelingt es Chukwu in dieser entscheidenden Szene die Unbedarftheit des Heranwachsenden aus dem Norden herauszustellen, die sein fahrlässiges Verhalten allemal entschuldigt. Besser wird die Situation dadurch allerdings nicht, denn schon in der Nacht kommt Carolyns Familie Emmett aus dem Haus seines Onkels holen, der in erster Linie auf das Wohlergehen seiner eigenen Kinder bedacht ist und dessen Entführung nicht verhindern kann. Es folgt ein grausamer, widerlicher Lynchmord, den die Regisseurin zwar nur durch die Tonspur andeutet, uns seine Konsequenz aber in Form des übel entstellten Emmett im Sarg schockierend vor Augen führt.

Es ist der erschütternde Ausgangspunkt eines Dramas, das erst jetzt seine ganze Wucht entfaltet, als Emmetts Mutter die Nachricht vom gewaltsamen Tod ihres Sohnes erreicht. Als sie die gesamten Umstände des brutalen Verbrechens erfährt, sie auf einer Präsentation des offenen Sargs besteht und die Täter dennoch kurze Zeit später vor Gericht freigesprochen werden. Grund genug für Mamie Till Bradley, ihr Leben von da an hauptsächlich dem Streben nach Gerechtigkeit zu widmen, und für Chinonye Chukwu, ihr Rassismusdrama in ein lehrreiches Biopic über die Bürgerrechtlerin zu transferieren, in dem Danielle Deadwyler als zwischen Zorn und Trauer hin- und hergerissener Mamie brilliert. Schade nur, dass ihre manchmal allzu hysterische Darbietung auf die Dauer etwas nervt und ihre Mamie samt unterstützender Familie gerade in Anbetracht ihrer tiefen Lebenskrise doch übertrieben akkurat gestylt auftreten. Das kostet dann doch einige Authentizitätspunkte, die auch die erhellende, sauber recherchierte Handlung nicht ganz ausgleichen kann.

Trailer:

Bewertung: 6 von 10 Punkten

 

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