Touch
Darsteller: Egill Ólafsson, Pálmi Kormákur, Kōki, Masahiro Motoki
Regie: Baltasar Kormákur
Dauer: 121 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: upig.de/micro/touch
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Kinostart: 8. August 2024
Wie so oft sind es auch in Ólafur Jóhann Ólafssons Romanvorlage erst äußerst widrige Lebensumstände, die ihren Protagonisten Kristófer dazu bewegen endlich die unerledigten Dinge seines Lebens anzugehen. Die beschäftigen ihn schon seit Jugendtagen, und diese Problematik greift der Isländer Baltasar Kormákur („2 Guns“, „Everest“) in seinem neuen Film „Touch“ nur zu gerne auf. Er strickt aus Olafssons Buch ein feinfühliges Liebesdrama, mit dem er auf Kristofers (Egill Ólafsson) Leben zurückblickt.
Genau genommen ist es Kristófers Arzt, der hier den Stein ins Rollen bringt, als er ihn mit seiner fortschreitenden Demenz konfrontiert und ihm nahelegt, eventuell vorhandene, dringende Angelegenheiten noch zeitnah zu regeln, bevor es endgültig zu spät ist. Davon hat Kristófer vor allem diese eine, die ihn schon fünfzig Jahre lang verfolgt und noch immer seine Seele belastet. Also schließt er auch wegen der langsam einsetzenden Corona-Pandemie kurzerhand sein Restaurant in Island und begibt sich auf die Suche nach der Antwort auf die größte Frage seines Lebens.
Und schon befinden wir uns mitten im London der 60er Jahre, in das uns Kormákur mit seinen gut getimten Rückblenden hier mitnimmt, und wo der junge isländische Freigeist Kristófer die komplette Sorglosigkeit seines Studentenlebens genießt. Der wird genauso smart wir sympathisch von Pálmi, dem Sohn des Regisseurs, gespielt und verguckt sich eines Abends in die schöne Japanerin Miko (Multitalent und Japan-Superstar Kōki), wegen der er spontan sein Studium schmeißt und als Küchenhilfe im japanischen Restaurant ihres Vaters anheuert.
Damit ist der Weg bereitet für eine zarte Liebesgeschichte, die uns der eigentlich für seine Verdienste im Actionfach bekannte Kormákur hier behutsam und in aller Ruhe erzählt. Natürlich hilft auch Miko regelmäßig im Restaurant aus, und so dauert es auch nicht lange, bis Kristófers Rechnung aufgeht mit seinem Job Kontakt zu ihr zu bekommen. Es ist wirklich schön anzuschauen, wie aus den anfangs noch recht schüchternen und einseitigen Annäherungsversuchen Kristófers allmählig auch Miko eine tiefe Zuneigung zu dem attraktiven und noch dazu äußerst intelligenten Isländer entwickelt. Schließlich zeigt der sich ja auch nicht nur ihretwegen überaus interessiert an der japanischen Kultur und spricht nach kurzer Zeit sogar schon ganz passabel Japanisch.
Doch während wir noch gerührt in der Komfortzone seiner geschaffenen Wohlfühlepisode in London verharren, holt uns der Regisseur auch schon auf den Boden der Tatsachen zurück, wenn er uns über fünfzig Jahre später mitten in den Wirren der ausbrechenden Pandemie mit Kristófer auf Spurensuche und eine große Reise schickt. Denn da war ja noch was, was dringender Klärung bedarf und damals in London seinen Anfang nahm. Geschickt spielt Kormákur jetzt mit den Zeitebenen, hält lange Zeit die Spannung hoch, auch wenn wir uns denken können, dass das Idyll der wunderbaren Liebe zwischen den beiden nicht lange anhalten wird.
Und so erfahren wir auch bald den Grund für Kristófers latente Unausgeglichenheit, als Miko im schönsten Moment ihrer Beziehung von einem Tag auf den anderen ohne ein Wort spurlos verschwindet. Von ihrem Vater ist nichts zu erfahren, und nur kurze Zeit später schließt der auch sein Restaurant. Der unsterblich verliebte Kristófer bleibt mit einigen Fragezeichen und einem stattlichen Trauma zurück, welches er jetzt im hohen Alter endgültig zu bekämpfen versucht.
Unweigerlich bewirkt die Reise in Kristófers Jugendzeit eine Beschäftigung mit unserer eigenen Vergangenheit, die die späte Aktivität des Seniors nur allzu nachvollziehbar macht. Dabei erzeugt Kormákur mit seiner stimmigen Inszenierung der zärtlichen Liebesbeziehung, die von den beiden Hauptdarsteller:innen wunderbar umgesetzt wird, eine Basis seines einfühlsamen Films, auf die sich leicht aufbauen lässt. Leider aber kann seine Gegenwartsebene auch wegen einiger pandemiebedingter Ungenauigkeiten dieses hohe emotionale Niveau nicht ganz halten, und so nimmt uns seine Auflösung am Ende auch nicht halb so sehr mit wie die intensive Beziehung der frisch Verliebten.
Trailer:
Bewertung: 7 von 10 Punkten