Triangle of Sadness
Darsteller: Harris Dickinson, Charlbi Dean, Woody Harrelson, Dolly De Leon
Regie: Ruben Östlund
Dauer: 147 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.alamodefilm.de/kino/detail/triangle-of-sadness.html
Facebook: facebook.com/triangleofsadness.film
Einfache Stoffe sind Ruben Östlunds Sache nicht. Wie schon in den Vorgängern „Höhere Gewalt“ (2014) und „The Square“ (2017) geht es dem unter dem prägenden Einfluss seiner kommunistischen Mutter aufgewachsenen Regisseur auch in seinem neuesten Streich „Triangle of Sadness“, mit dem er wie schon mit „The Square“ die Goldene Palme in Cannes gewann, weniger um seichte Unterhaltung als darum, unserer so fortschrittlichen Gesellschaft einmal mehr den Spiegel vorzuhalten. Widmete er sich zuvor schon der Verkommenheit des Skitourismus respektive der Kunstszene, so hat er es diesmal eindeutig auf die oberflächliche Modebranche mit ihren Verbindungen in die Oberschicht abgesehen, in der einen ein „Triangle of Sadness“ – eine Sorgenfalte zwischen den Augenbrauen – schon mal den Job kosten kann. In diesen Mikrokosmos projiziert er hier mit seinem wieder einmal äußerst anregenden Drehbuch die Verhältnisse unserer westlichen Gesellschaft hinein und wirft damit einen bitterbösen Blick auf die Welt der Schönen und Reichen.
Als deren Repräsentanten stellt er uns die zu Geld gekommenen Models und Influencer Yaya (Charlbi Dean) und Carl (Harris Dickinson) vor, deren Beziehung an einem seidenen Faden hängt, als sie sich anfangs bei einem Streit um eine Restaurantrechnung regelrecht in Rage reden. Denn während sich die gut im Geschäft befindliche Yaya gern von Carl einladen lässt, fühlt der sich in seiner vorausgesetzten Männerrolle zunehmend ausgenutzt. Schon damit beweist Östlund seine feine Beobachtungsgabe, entlarvt die Geldfixierung der privilegierten Scheinwelt mit jeder Sekunde mehr und geht uns Normalsterblichen mit dem genüsslichen Auswalzen der Luxusprobleme seiner Figuren in der ausufernden Sequenz gezielt auf die Nerven. Und das soll nicht das letzte Mal sein, denn nach dann doch rasch erfolgter Versöhnung schickt er seine beiden Schönen auf eine gesponserte Luxuskreuzfahrt, auf der sich außer ihnen ausschließlich eine illustre Auswahl von unter moralisch nicht immer unbedenklich zu Vermögen gekommenen Superreichen befindet.
Was für ein gelungen gewähltes Szenario, sich die Dekadenz der Millionäre vorzunehmen, die sich ohne Gedanken sogar ein Glas Nutella mit dem Hubschrauber einfliegen lassen, wenn ihnen danach ist. Und in all dem Überfluss auf der Jacht drehen sich die Gespräche fast schon obsessiv vor allem um eins: Wie ist man an sein Geld gekommen und wie lässt sich der Reichtum noch vermehren. Da fühlen sich Yaya und Carl fast schon fehl am Platze und nutzen doch ihre Stellung aus, um sich eindeutig oberhalb der unterprivilegierten Crew zu positionieren.
Gut, dass es an Bord noch den dauerbesoffenen, marxistischen Kapitän (wunderbar anarchisch: Woody Harrelson) als Gegenpol gibt, der hier fast schon geistesgestört den Ton angibt. Aber selbst der kann nicht verhindern, dass auch auf seiner Jacht nun mal das Geld regiert, und die gelangweilte Gattin (Sunnyi Melles) eines russischen Oligarchen (Zlatko Buric) aus einer Laune heraus ein Bad der kompletten Besatzung auf hoher See anordnet. Und doch werden die Verhältnisse irgendwie wieder geradegerückt, als der Kapitän in geistiger Umnachtung das prestigeträchtige Captain’s Dinner ausgerechnet am Tag eines aufziehenden Sturms abhält und damit eine exzessive Kotzorgie provoziert, die alle vor der Natur wieder gleichsetzt. Nach anfänglicher Belustigung ist diese Eskalation in der epischen Länge ihrer Inszenierung jedoch eindeutig ein bisschen zu viel des Guten und strapaziert damit unsere Geduld gehörig. Entschädigt wird man immerhin dadurch, dass sich der Kapitän mit dem nicht minder betrunkenen, kongenialen Rhetoriker Dimitry auf einen ungemein unterhaltsamen Diskussionswettstreit über konträre Gesellschaftssysteme einlässt.
Das eigentliche Highlight seiner schwarzhumorigen Gesellschaftssatire aber spart sich Östlund für das Ende auf, als beim unvorhergesehenen Stranden eines Teils der Besatzung auf einer einsamen Insel Geld plötzlich keine Rolle mehr spielt, und die Klofrau Abigail (Dolly De Leon) durch ihre Survival-Kenntnisse nun eine uneingeschränkte Machtposition einnimmt. Das rundet den Streifen wunderbar ab, der zwar vorher schon das eine oder andere Schmunzeln provozierte, jetzt aber mit der Umkehr der Verhältnisse unheimlich inspirierend wirkt. Und auch wenn Östlunds Provokationen im Gegensatz zu denen seiner mit feinerem Gespür inszenierten Vorgänger hier etwas plumper ausfallen, ist seine anspruchsvolle Komödie mit ihrer integrierten Gesellschaftskritik auch über die gut zweieinhalb Stunden wieder enorm unterhaltsam.
Trailer:
Bewertung: 8 von 10 Punkten