Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit
Darsteller: Willem Dafoe, Oscar Isaac, Mads Mikkelsen, Emmanuelle Seigner
Regie: Julian Schnabel
Dauer: 111 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
Website: dcmworld.com/portfolio/van-gogh
Facebook: facebook.com/dcmworld
Der umtriebige Regisseur Julian Schnabel (“Basquiat”, “Schmetterling und Taucherglocke”) ist ja selbst auf dem Gebiet der Bildenden Kunst nicht ganz unbeleckt, schließlich gestaltete er die Albencover renommierter Bands wie Lou Reed und den Red Hot Chili Peppers, und eins seiner Werke hängt sogar schon geraume Zeit im Foyer des bekannten Frankfurter Opernturms. Nicht zufällig hat er dann auch den Durchbruch im Filmbusiness 1996 mit seiner Biografie des New Yorker Künstlers Jean-Michel Basquiat geschafft, ehe er sich jetzt nach zwei weiteren Biopics mit “Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit” wieder dem Schaffen – in diesem Fall des berühmten niederländischen Malers – eines Kreativen widmet.
Dabei ist die Vita Vincent van Goghs ja nicht zuletzt durch diverse Filme hinlänglich bekannt, und er macht es sich mit seinem gewählten Sujet damit nicht gerade leicht. Diese Tatsache lässt dann also nur den Schluss zu, dass es ihm als Maler ein großes Anliegen war, dem großen Maler Van Gogh einen Teil seiner filmischen Schaffenskraft zu widmen und ihm so seine Referenz zu erweisen. Und das, da braucht man mit dem Urteil über seinen Film gar nicht lange hinter dem Berg zu halten, gelingt ihm wirklich auf ganz besondere Weise, fühlte man sich dem leidgeplagten Künstler wohl noch nie so nah.
Schnabel konzentriert sich hier auf die letzten beiden Jahre Van Goghs (Willem Dafoe), steigt mit uns erst zu dessen Pariser Zeit ein, als der längst von seiner Alkoholsucht und seinen Depressionen beherrscht wird und glücklicherweise in der Avantgarde die Bekanntschaft von Paul Gauguin (Oscar Isaac) macht, der ihm schon bald zu einem guten Freund wird. Dessen gut gemeintem Drängen zu einem zwingenden Tapetenwechsel gibt er dann auch schließlich nach und es verschlägt ihn daraufhin in die Provence, wo er seine wohl berühmteste Schaffensphase durchlebt.
So weit, so bekannt. Was aber Willem Dafoe mit dem wenig überraschenden Plot anfängt, kann man nur als sensationell bezeichnen. Vom Anfang in den schummrigen Pariser Kneipen bis hin zum Therapiegespräch in einer südfranzösischen psychiatrischen Einrichtung nimmt er uns mit auf eine erhellende Reise in die Psyche des Getriebenen. Hatte man vorher nur eine vage Idee von der Psychose des Irren, der sich im Wahn sein Ohr abschnitt, so macht Dafoe das Handeln des schüchternen, missverstandenen Van Gogh nur allzu nachvollziehbar. Der auf sein nahezu gesamtes Umfeld nur verstörend wirkende Künstler ist uns so fast vom ersten Moment an sympathisch und lässt uns sein Schicksal mitleidig hautnah erleben.
Mit ihm atmen wir auf, als er niedergeschlagen nach einer gefühlten Ewigkeit endlich die hellen Farben des provençalischen Frühlings erleben darf, die ihn sofort zu Landschaftsbildern inspirieren, von denen wir einige auch wiedererkennen. Genauso aber spüren wir die Depressionen kommen, wenn er, nur durch seinen wohltätigen Bruder Theo (Rupert Friend) unterstützt, beim erbarmungslos blasenden Mistral in seiner zugigen Bude mal wieder über seine karge Existenz sinniert. Das alles ist nicht nur genial durch Willem Dafoe transportiert, dessen Mimik jeder Nahaufnahme standhält, sondern natürlich genauso virtuos von Schnabel eingefangen, der auch vor wild verwackelten Handkamerabildern nicht zurückschreckt, um uns Van Goghs Rastlosigkeit näherzubringen.
So bekommt man eine gute Vorstellung vom Genie des Spätimpressionisten, dessen Werk erst posthum richtig gewürdigt wurde und erfährt in den Diskussionen mit seinem Kollegen Gauguin noch dazu eine Menge über seine künstlerische Sichtweise, die erst die Interpretation des Malers Schnabel herauskitzelt. Das ist nicht nur überaus lehrreich, sondern macht den atmosphärisch dichten Streifen vor allem dank Willem Dafoe zu einem eindringlichen Erlebnis.
Trailer:
Bewertung: 9 von 10 Punkten