Vice – Der zweite Mann
Darsteller: Christian Bale, Amy Adams, Sam Rockwell, Steve Carell
Regie: Adam McKay
Dauer: 115 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.universumfilm.de/filme/151842/vice-der-zweite-mann.html
Facebook: facebook.com/Vice.DerFilm
Nachdem Regisseur Adam McKay zwischen 2004 und 2013 fünf Komödien wie z.B. “Anchorman” und “Die Stiefbrüder” drehte, in denen allesamt Will Ferrell die Hauptrolle spielte und die nicht nur dadurch nicht zwingend als die tiefsinnigsten ihrer Zunft gelten, überraschte er 2015 mit dem weitaus ernster angesiedelten “The Big Short”, dass ironisch auf die Finanzkrise blickte. Nun widmet er sich in seinem bisher besten Film “Vice – Der zweite Mann” dem Aufstieg Dick Cheneys zum vielleicht mächtigsten US-Vizepräsidenten aller Zeiten.
Gespielt wird dieser von Oscar®-Preisträger Christian Bale, der auch für diese Rolle erneut als “Bester Hauptdarsteller” nominiert wurde – und das völlig zu Recht. Hierbei geht es nicht darum, wie viele Kilos er sich angefuttert hat, um Cheney zu spielen, sondern um den großartigen Ausdruck, den er der Figur verleiht und der so nah am Original liegt, dass man Bale kaum noch erkennt. Den Golden Globe® nahm er hierfür bereits mit nach Hause.
Der Film startet in einer Zeit, in der Cheney alles andere als erfolgreich agierte. 1963 war es, als er mit 22 Jahren nach ausgiebigen Saufexzessen und Prügeleien das Studium in Yale abgebrochen und stattdessen einen Job als Stromleitungs-Techniker angenommen hatte. Nachdem die Polizei ihn völlig betrunken am Steuer erwischte und eine Anklage folgte, machte ihm seine Frau Lynne (Amy Adams) deutlich, dass er sich entscheiden müsste, entweder weiter zu saufen oder sein Leben zu ändern.
Cheney tat Letzteres und ging nach Washington, wo er als Laufbursche des zotigen Kabinettsmitglieds Donald Rumsfeld (Steve Carell) erste Berührung mit der Politik erlebte. Da sich Cheney geschickt anstellte und die richtigen Beziehungen pflegte, ging seine Karriere steil bergauf und er machte nicht nur Lynne stolz, als er es bis zum Verteidigungsminister unter Präsident George Bush Sr. (John Hillner) brachte. Das sollte nicht alles bleiben, denn auch wenn er sich eine Zeit lang in die Wirtschaft verabschiedete, um CEO der Erdöl-Firma Halliburton zu werden, überredete ihn George W. Bush (Sam Rockwell) schließlich, mit ihm in den Wahlkampf zu ziehen, um so als Vizepräsident zu kandidieren.
Wie wir wissen, wurde Bush Präsident, der riesige Einfluss seines Vizes Cheneys auf weltpolitisch gesehen einschneidende Entscheidungen aber ist nur den wenigsten bekannt – und hieraus resultierten bei weitem nicht nur gute Dinge. So spannt Adam McKay in seinem Film auch den Bogen bis in die Gegenwart und verdeutlicht, dass sogar das Entstehen der Terrororganisation IS seinen Ursprung in Cheneys Einfluss hatte. Ganz zu Beginn des Films weist er allerdings darauf hin, dass eventuell nicht jedes Detail stimmen könnte, sei Cheney doch eine sehr geheimnisvolle Person – und doch habe er sein “fucking best” gegeben, alles so wahrheitsgetreu wie möglich darzustellen.
Das Ergebnis ist so einseitig gefärbt, dass der Film seine bisherigen Zuschauer absolut spaltet, denn McKay brät dem auch noch unter einer mehrfach auftretenden Herzkrankheit leidenden Cheney so massiv und provokant einen über, dass man das Gefühl hat, er sei die Wurzel allen Übels der letzten Jahrzehnte, während Bush und Co. halt einfach nur naive Marionetten waren. In den wenigen netten, menschlichen Momenten Cheneys hat man so schon fast Mitleid mit ihm, das sich dann aber auch immer wieder rasch legt.
Ist man bereit für die überspitzte Anprangerung, so ist der Film äußerst sehenswert. Zum einen ist die Handlung eben doch sehr interessant und manchmal möchte man kaum glauben, was man sieht – ja, die US-Politik war auch damals schon skandalös, und wie! Zum anderen hat McKay einige großartige Ideen gehabt, das Ganze zu inszenieren. So gibt es z.B. mitten im Film bereits einen Abspann, als Cheney die Politik zeitweise verlässt, der dann natürlich darin gipfelt, dass das Telefon klingelt – Bush ruft, und Cheney zögert erst, sein unglaublicher Machthunger aber siegt. Nicht der einzige großartige Schachzug der filmischen Machart, diese Szene.
Nicht zu vergessen sind die starken schauspielerischen Leistungen, denn neben dem überragenden Christian Bale überzeugen auch Amy Adams als Stütze an seiner Seite, Sam Rockwell als George W. Bush, der völlig plan- und ziellos das Land regiert, und Steve Carell als zweifelhaftes Unikum Rumsfeld. So steht einem manchmal der Mund vor Staunen offen, oft aber hat man auch einfach viel zu lachen, denn auch wenn dies keine zwingende Kömodie ist, ist der Streifen doch mit jeder Menge Situationskomik gespickt. “Vice – Der zweite Mann” ist hierdurch beste Unterhaltung, bei der man auch noch einiges lernen kann, selbst wenn nicht jedes Detail stimmen sollte.
Trailer:
Bewertung: 8 von 10 Punkten