Home Film “Was uns hält” – ein geschickt erzähltes Familiendrama um Seitensprung-Konsequenzen und überwindende Liebe

“Was uns hält” – ein geschickt erzähltes Familiendrama um Seitensprung-Konsequenzen und überwindende Liebe

Autor: Tobi

"Was uns hält" Filmplakat (© Film Kino Text)

Was uns hält

Darsteller: Alba Rohrwacher, Luigi Lo Cascio, Laura Morante, Silvio Orlando
Regie: Daniele Luchetti
Dauer: 100 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.filmkinotext.de/was-uns-haelt.html
Kinostart: 20. Juni 2024


Dass ein Seitensprung schwerwiegende Konsequenzen haben kann, das weiß man. Der italienische Filmemacher Daniele Luchettis verdeutlicht dies nun erneut in seinem Drama “Was uns hält”, einer Verfilmung des Romans “Auf immer verbunden” von Domenico Starnone – im Original beide “Lacci” betitelt, was übersetzt “Schnürsenkel” bedeutet. Es geht also anscheinend mehr noch um Bindung als Trennung, und doch wird beides zum Thema im Gezeigten, das generationenübergreifend ist.

Der Film nimmt uns mit zurück in die frühen 80er-Jahre, in denen Aldo (Luigi Lo Cascio) und Vanda (Alba Rohrwacher) als Ehepaar ein einfaches, aber wohl glückliches Leben mit ihren Kindern Anna und Sandro in Neapel haben. Die Chemie zwischen beiden scheint trotz eingekehrter Routine noch zu stimmen, Spaß hat die Familie auch, und doch ziehen dunkle Wolken auf, als Aldo seiner Frau nach einer Karnevalsfeier abends einen Seitensprung gesteht.

Alba ist geschockt und eifersüchtig, vor allem, als sie heraus findet, dass ihr Mann der attraktiven, jüngeren Lidia (Linda Caridi) verfallen ist. Anstatt in stillen Frust zu verfallen reagiert sie eher hysterisch und attackiert ihre Nebenbuhlerin sogar auf offener Straße vor den Augen der unter der Situation mehr und mehr leidenden Kinder, wenn es nicht gerade wieder Streitereien zu Hause gibt, wo Aldo dann auch bald rausgeworfen wird, da er sich nicht zur Beendigung der Affäre durchringen kann.

Was wie ein Ende anmutet, war dann aber doch keines, zeigen uns Bilder drei Jahrzehnte später doch Aldo (nun Silvio Orlando) und Vanda (Laura Morante) wieder als Paar, das nach Zeiten des Sturms, in denen sie aber auch nie die Scheidung eingereicht hatten, wieder zueinander gefunden hat und auch insgesamt nett miteinander umgeht. Auch wenn es hier und da mal eine kleine Spitze gibt, die Spannungen scheinen beide hinter sich gelassen zu haben – bis eine unerwartete Situation den alten Konflikt wieder aufflammen lässt.

"Was uns hält" Szenenbild (© Film Kino Text)

(© Film Kino Text)

Das Drehbuch für “Was uns hält” schrieb Regisseur Daniele Luchetti zusammen mit dem Romanvorlagen-Autor Domenico Starnone und Francesco Piccolo, und es präsentiert uns nicht nur die Story eines Ehepaars in schlechten und dann wieder guten Zeiten, sondern eine Familiengeschichte – werden doch die erwachsenen Anna (Giovanna Mezzogiorno) und Sandro (Adriano Giannini), die rückblickend den Schmerz weit weniger wegzuwischen vermögen, noch zu einem Faktor.

Die über Zeiten hin und her springende Handlung vermag es, interessant zu bleiben, wenn man mitansieht, wie der sanftmütig erscheinende Aldo den unbestrittenen, verführerisch in Szene gesetzten Reizen von Lidia nicht widerstehen kann, was ihn als Familienvater natürlich nicht nur für die leidende Vanda in die Position des Versagenden bugsiert, auch wenn man in die Augen der leidenden Kinder schaut. Dann aber haben beide später wieder ihren Frieden geschlossen, die ursprüngliche Liebe hat also dann doch, wenn auch moderat abgekühlt, über den Reiz und die Hormone gesiegt – bis es erneut kompliziert wird in einer dann eigentlich unerwarteten Wendung.

Schauspielerisch wissen die momentan abseits von Blockbustern omnipräsent wirkende Alba Rohrwacher und Luigi Lo Cascio als scheiterndes Ehepaar voll zu überzeugen, aber auch die anderen wie Laura Morante und Silvio Orlando als ihre älteren Ichs spielen glaubwürdig und eindringlich. “Was uns hält” ist ein gut erzähltes Drama, vor allem durch seine Zeitsprünge und den Wechsel der Sichtweise von Vanda in den früheren Jahren auf Aldo später und dann sogar die Kinder – mit finalem Kniff. Dass dann tatsächlich die Technik zum Binden der Schnürsenkel auch eine Rolle spielt, vor allem im Verhältnis von Vater und Sohn, erklärt den Originaltitel, wobei hier auch die deutsche Benennung mal Sinn macht, betrachtet man das Ganze. Der Eröffnungsfilm der Internationalen Filmfestspiele von Venedig 2020, der auch mit seinen Bildern und der musikalischen Untermalung zu gefallen weiß, hat seinen späten Kinostart bei uns in jedem Fall verdient.

Trailer:

Bewertung: 7 von 10 Punkten

 

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