Weil du nur einmal lebst – Die Toten Hosen auf Tour
Dokumentarfilm
Regie: Cordula Kablitz-Post, Paul Dugdale
Dauer: 107 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
Website: www.dietotenhosen-derfilm.de
Facebook: facebook.com/dietotenhosen
Die Toten Hosen muss man nach über 19 Millionen verkauften Tonträgern ja eigentlich nicht mehr vorstellen. Die Düsseldorfer Punkrock-Combo wurde 1982 gegründet und hat sich mit ihren Liedern über Spaß, politische Missstände und Gesellschaftskritik Massen an Fans erspielt, nicht nur in Deutschland, wo sie von großen Arenen bis zu Stadien alles ausverkauft bekommt und mit ihren Alben Dauergast auf Platz 1 der Charts ist, wie zuletzt auch wieder mit dem 2017er-Longplayer “Laune der Natur”, der schon doppelt Platin eingefahren hat.
Auf der “Laune der Natour”, ihrer Konzertreise zum Album, begleiteten Cordula Kablitz-Post als Regisseurin und Paul Dugdale als Verantwortlicher für die Konzertaufnahmen die Band mit einem kleinen Filmteam, um den Doku-Film “Weil du nur einmal lebst – Die Toten Hosen auf Tour” zu erschaffen, der bereits im Rahmen der Berlinale lief und nun also für alle im Kino zu sehen ist.
Auch wenn Cordula Kablitz-Post, die für ihre Porträtreihe “Durch die Nacht mit…” den Grimme-Preis erhielt, Die Toten Hosen seit über zehn Jahren immer wieder mal filmisch begleitet hat, war es alles andere als selbstverständlich, dass Sänger Campino und seine Jungs sie so nah an sich heran lassen, um das wahre Tourleben mit all seinen Höhen und Triumphen aber auch Tiefen und kleinen Krisen zu zeigen.
Kablitz-Post erklärt ihren Ansporn für die Doku folgendermaßen: “Ich vermutete, die demokratische
Herangehensweise innerhalb der Band könnte das Erfolgsrezept sein. Andere Bands schlüsseln genau auf, wer die Texte oder die Musik eines Songs geschrieben hat und dafür Geld bekommt. Die Hosen teilen alle Einnahmen zu gleichen Teilen auf. Diese einzigartige Bandchemie machte mich wieder neugierig. Wie funktioniert die im Tour-Alltag?”
Zudem waren es die Individuen, die sie faszinierten: “Ich hatte den vorherigen Kontakt zu den Toten Hosen menschlich immer als sehr angenehm wahrgenommen. Sie sind ja nicht abgehoben. Das sind keine Diven mit Allüren, sondern sehr bodenständige Leute. Was sie auf der Bühne verkörpern, entspricht ihren Charakteren. Meine Erfahrungen während des Drehs zu ‘Weil du nur einmal lebst’ bestätigten das. Ich habe sie natürlich bestimmt auch genervt. Dann kam die Ansage: ‘Jetzt mach mal bitte die Kamera aus!’ Aber zum Glück selten. Sie waren extrem geduldig. Wir durften eigentlich überall dabei sein. Letztlich reagierte da jeder etwas anders. In der Band sind ja nicht alle gleich, das ist Teil dieser Chemie. Breiti ist zum Beispiel jemand, der sich lieber hinter den Tonmann stellt, weil er weiß, dass er dann nicht gefilmt wird. Ich habe aber drauf geachtet, dass alle möglichst häufig vorkommen.”
Das hat sie gut gemacht, denn der Film macht klar, dass Campino vielleicht manchmal nicht nur auf der Bühne den Ton angibt und generell natürlich als Frontmann mehr im Mittelpunkt steht, dass hier aber eine Band größtenteils aus Spaß an der Musik und an der Interaktion mit ihren Fans als Gemeinschaft der treibende Faktor ist.
Wir sehen die Hosen auf einer umjubelten Konzertreise, die von insgesamt fast einer Million Zuschauern besucht wurde. Ob im Tourbus oder auf der Bühne von Stadien und Open Air-Locations, inzwischen herrscht bei aller Lockerheit einer Punkband strickter Professionalismus, so wie ihn das Musikgeschäft ja auch erfordert. Na klar wird hier und da ein Bierchen gezwitschert, aber besoffene Gigs wie früher gibt es längst nicht mehr, und die Routine beherrscht auch nicht alles, wird doch z.B. tatsächlich täglich die Setlist für den abendlichen Gig gemeinschaftlich festgelegt, die manchmal ja sogar mitreisenden Fans bekommen also ebenso noch Abwechslung geboten wie die Band selbst.
Auch wenn die meisten Abende im Triumph eines tollen Gigs enden, so brachte die Tour doch auch Rückschläge mit sich. Der größte war sicher Campinos plötzlicher Hörsturz vor dem Konzert in der Berliner Waldbühne, auf Grund dessen nicht nur selbiges abgesagt werden musste, sondern gleich einige Gigs der Tour – und letztendlich gab es sogar Unsicherheit, ob es für Campino überhaupt weiter gehen würde. So war das erste Konzert danach durchaus eines mit Nervosität und vielen fiel ein Stein vom Herzen, dass alles gut ging. Viele, das sind mehr als die Band, denn auch der Rest der Crew, die bei solch Tourneen ja durchaus zahlreich ist, ist oftmals schon seit etlichen Jahren mit der Band unterwegs und man ist zu einer Familie zusammen gewachsen, bei der man sich stets fair behandelt. Auch das transportiert die Doku bestens.
Wir erleben mit, wie die Hosen auf die rechtsradikalen Vorfälle in Chemnitz reagierte und bei dem dort spontan organisierten Konzert aus voller Überzeugung gerne mit am Start waren, um Flagge für Toleranz und gegen jede Fremdenfeindlichkeit zu zeigen.
Kameramann Christopher Rowe war stets nah an der Band und liefert authentische Aufnahmen, die uns die sympathischen Protagonisten noch einmal näher bringen. Für starke Konzertbilder sorgte zudem der renommierte Musikfilmregisseur Paul Dugdale, der bereits mit Coldplay und den Rolling Stones zusammengearbeitet hatte. Natürlich macht es Spaß, viele der Hits der Band auch im Kino in hochwertigem Dolby Atmos zu erleben, wie “Hier kommt Alex, “Schönen Gruß, auf Wiedersehen, “Wünsch Dir was, “Bonnie & Clyde, “Pushed Again” oder “Tage wie diese”.
Am Ende zeigt der Film, dass die Hosen nicht nur im deutschsprachigen Raum ein Phänomen sind, wenn er uns mit nach Argentinien nimmt, wo die Band seit 26 Jahren bereits auf enthusiastischste und treue Fans zählen kann. Die dort gedrehten Szenen sind das i-Tüpfelchen einer bestens gelungenen Doku über eine der besten und schillerndsten deutschen Bands. Für Fans ist “Weil du nur einmal lebst – Die Toten Hosen auf Tour” somit natürlich ein Muss, aber nicht nur für diese interessant.
Trailer:
Bewertung: 9 von 10 Punkten