Wenn Gott schläft
Dokumentation
Regie: Till Schauder
Dauer: 88 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
Website: www.realfictionfilme.de/filme/wenn-gott-schlaeft
Facebook: facebook.com/real.fiction.filmverleih
Wohl jeder, der die 40 Jahre überschritten hat, kennt Salman Rushdie, den indisch-britischen Autor, der nach Veröffentlichung seines Werks “Die satanischen Verse” 1989 vom iranischen Staatsoberhaupt Khomeini mittels einer Fatwa zum Tode verurteilt wurde und seither um sein Leben bangen muss – das Kopfgeld auf ihn wurde von anfangs einer Million Dollar immer wieder erhöht, liegt inzwischen bei unglaublichen vier Millionen Dollar.
Weit weniger bekannt ist die Geschichte des iranischen Sängers Shahin Najafi, auch wenn einige internationale und nationale Medien wie die New York Times, der Guardian, der Spiegel oder die FAZ über ihn berichteten. 2012 veröffentlichte Najafi einen satirischen Rap, der so interpretiert wurde, dass er Ali al-Naghi verunglimpft habe, einen der zwölf Imame, die von den Schiiten verehrt werden. Großajatollah Scheich Lotfollah Safi Golpayegani erließ auch gegen ihn eine Todes-Fatwa, mit einem Kopfgeld von 100.000 Dollar.
Wie Rushdie einst tauchte Shahin Najafi unter, lebte zu seinem Glück aber sowieso bereits seit 2005 in Deutschland. Die Dokumentation “Wenn Gott schläft” erzählt uns die Geschichte des Musikers, der zwar die Gefahren erkennt, aber nicht darauf verzichten möchte, weiter Musik zu machen. Mit seinen Stücken zwischen Gitarrenpop, Rock und Rap ist er für viele Iraner weiterhin ein Star – und auch in Zeiten von YouTube und Co. möchte dieser nicht auf den Kontakt zu seinen Fans verzichten, also nicht komplett abtauchen. Natürlich aber ist jedes Konzert ein Sicherheitsrisiko, für Najafi genauso wie für seine Band und jeden Besucher.
Regisseur Till Schauder hat Najafi begleitet und einen interessanten Film erschaffen, der durchaus nachdenklich macht und einen auch emotional packt, schließlich ist die Bedrohung durch die Todes-Fatwa allgegenwärtig. Hierbei geht es weniger um die Musik Najafis, die sehr interessant und kraftvoll wirkt, als vielmehr um ihn als Menschen, und darum, wie seine nächsten Vertrauten mit ihm umgehen, wie seine Freundin Leili Bazargan, seine Manager und seine Musiker. Deren Verhalten ist geprägt von einer völlig verständlichen Zerrissenheit zwischen Loyalität sowie Zuneigung auf der einen Seite und Angst auf der anderen Seite. Angst um Shahin, aber auch Angst davor, bei einem möglichen Anschlag verletzt oder getötet zu werden. So ist es kein Wunder, dass der eine oder andere sich zurück zieht, mal temporär, mal dauerhaft. Najafi selbst zeigt sich hierbei auf der einen Seite verständnisvoll, wirkt auf der anderen Seite beim Durchsetzen selbst als gefährdet eingestufter Konzerte oder bei der Weigerung, die Öffentlichkeit danach aber auch umgehend zu meiden, aber auch etwas egoistisch. Für ihn steht die eigene Überzeugung an erster Stelle und manchmal bekommt man den Eindruck, dass er lieber als Märtyrer enden würde, als hin und wieder Sicherheit – nicht nur für ihn selbst – an die erste Stelle zu rücken. Wenn man dann aber sieht, welche Anspannung aus ihm heraus bricht, sobald er die Bühne betritt, dann wird einem klar, dass man sich selbst dann eben doch nicht in seine Lage versetzen kann.
Der Film vermeidet es, das Lied genauer unter die Lupe zu nehmen, welches Shahin die Fatwa bescherte. Hier hätte man als Besucher, gerade wenn man der iranischen Sprache nicht mächtig ist und das Lied nicht kennt, doch gerne etwas mehr über den Auslöser der Kontroverse verstanden. Ansonsten aber ist die Dokumentation durchaus gut gelungen und bietet viel Interessantes – schade, dass man am Ende nicht noch etwas vom gerade angesprochenen Konzert mit Orchester sieht.