Wochenendrebellen
Darsteller: Florian David Fitz, Cecilio Andresen, Aylin Tezel, Joachim Król
Regie: Marc Rothemund
Dauer: 109 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
Website: www.leoninedistribution.com/filme/166966/wochenendrebellen.html
Facebook: facebook.com/LEONINEStudios
Kinostart: 28. September 2023
Gegen was hier am Wochenende rebelliert wird, wie uns der Titel von Marc Rothemunds („Dieses bescheuerte Herz“, „Sophie Scholl – Die letzten Tage“) Tragikomödie „Wochenendrebellen“ suggerieren will, ist auch nach Ende des Films nicht so richtig klar. Letztendlich aber übernimmt der Regisseur nur einen Teil des Buchtitels von Mirco von Juterczenkas Autobiografie „Wir Wochenendrebellen“, in der dieser seine und die Erfahrungen seines autistischen Sohns Jason in ihrem nicht immer einfachen Leben miteinander schildert. Also mutmaßen wir mal, dass es ihm dabei um den Widerstand gegen Ausgrenzung und die Auflehnung gegen die Folgen der Erkrankung im Alltag geht. Bewegend ist es jedenfalls allemal, was er uns an Erlebnissen der „rebellischen“ Vater-Sohn-Kombination zu erzählen hat, die sich Wochenende für Wochenende aufmacht, dem Asperger-Autismus die Stirn zu bieten.
Diese Diagnose erhält Jason nämlich schon im Kleinkindalter, als erste Abnormitäten seines Verhaltens zu beobachten sind, und er sich teilweise unzugänglich in seiner eigenen Welt zu bewegen scheint. Das soll sich zum Kummer seiner Eltern Mirco (Florian David Fitz) und Fatime (Aylin Tezel) bestätigen, macht ihr Familienleben nicht unkomplizierter, droht jedoch erst richtig zu eskalieren, als sich die unkontrollierten Wutausbrüche des inzwischen 10-jährigen Jason (Cecilio Andresen) in der Schule häufen. Von der Schulleitung, die bislang trotz der Probleme großen Inklusionswillen gezeigt hat, wird ihnen deshalb nahegelegt, Jason besser eine Sonderschule besuchen zu lassen, um ihm besser gerecht zu werden.
Und schon stehen sie wie so viele Eltern vor der Frage, was für ihren Sohn wohl das Beste wäre, wägen das Stigma des Sonderschülers gegen das Mobbing und die permanente Unzufriedenheit ab und beziehen neben dem hochintelligenten Jason auch die Großeltern in ihre Entscheidungsfindung mit ein. Opa (Joachim Król) schließlich ist großer Fußballfan und kommt auf die grandiose Idee, den Fußball doch als Ventil für Jasons immer wieder außer Kontrolle geratende Emotionen, vor allem aber als Vater-Sohn-Gemeinschaftsprojekt zu nutzen. Denn auch bei Mirco existiert eine Baustelle, der sich komplett in seinen Dienstreisen-Job kniet, auch um dem stressigen Familienalltag zu entkommen.
Also ist schnell der Deal gemacht, sich mehr Zeit für Jason zu nehmen, wenn der sich im Gegenzug bemüht, seine Wutausbrüche besser zu kontrollieren. Und Opas Fußball ist auch im Spiel, denn sie geben als Ziel aus, einen Lieblingsverein für Jason zu finden, der anhand einer nicht gerade anspruchslosen No-Go-Liste ermittelt werden soll. War der Grundtenor des Films bis dahin eher tragischer Natur, dreht Rothemund spätestens hier die Stimmung ins Heitere, stehen auf Jasons Liste doch Punkte wie: keine Nazifans, keine bunten Schuhe der Spieler oder kein blödes Maskottchen, die natürlich einer Überprüfung im Stadion bedürfen. Das sind alles Kriterien, die unbedingt Sinn machen, Fußballkenner wie Papa Mirco aber wissen sofort, dass die Auswahl unter den deutschen Profiklubs eine langwierige Prozedur werden kann. Kein Problem für Jason, er hat ja Geduld alle 56 infrage kommenden Vereine vor Ort unter die Lupe zu nehmen.
Was mit den Roadtrips der beiden zu den verschiedenen Stadien, denen man vor allem als Fußballfan eine Menge abgewinnen kann, einen unheimlich unterhaltsamen Charakter bekommt, hat hier auch immer eine ernste Seite. So lässt Rothemund die beiden immer wieder in Situationen geraten, die auch von Mirco kaum zu beherrschen sind, obwohl er seinen Sohn schon sein ganzes Leben lang kennt. Wenn Jasons Zwänge ihm vorgeben, dass auf seinem Teller Nudeln und Sauce streng getrennt sein müssen, sein Essen aber weder weggeworfen noch geteilt werden darf, kann das bei Missachtung durch die Speisewagenbedienung schon mal zu einem, auch für ihn selbst nicht lösbaren Konflikt führen.
Genau das macht den Film so einfühlsam, lässt uns Rothemund zumindest ungefähr erahnen, welchen unüberwindlichen Hürden Asperger-Patienten wie Jason in ihrem Umfeld Tag für Tag gegenüberstehen und erzeugt damit Verständnis ohne pädagogisch oder allzu dramatisch zu werden. Besonders eindrücklich gerät ihm dabei eine Szene, in der er uns mit Filtereffekten und spezieller Tonspur Jasons Wahrnehmung seines Schulalltags näherbringt, der so auch für uns eine enorme Herausforderung darstellen würde. Letztendlich aber sensibilisiert er uns mit den Dilemmas auf den Reisen seiner beiden Hauptfiguren, die der unbedarft aufspielende Cecilio Andresen und Florian David Fitz als geduldiger, aber teilweise überforderter Vater so sympathisch nachvollziehbar machen. Dass das Drehbuch das Ganze manchmal unnötig ausschmückt, verzeiht man bei all der transportierten Herzenswärme daher gütig.
Trailer:
Bewertung: 7 von 10 Punkten