Home MusikCD-Rezensionen Alice Cooper bietet eine abwechslungsreiche Hommage an seine Heimatstadt

Alice Cooper bietet eine abwechslungsreiche Hommage an seine Heimatstadt

Autor: Tobi

Alice Cooper "Detroit Stories"

Alice Cooper

“Detroit Stories”

(CD+DVD, earMUSIC, 2021)

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Mit den 15 Songs auf den 51 Minuten seines neuen Studioalbums “Detroit Stories” veröffentlicht Alice Cooper eine Hommage an seine Heimatstadt. Wer die größte Stadt des US-Bundesstaates Michigan kennt, der weiß, dass früherer Glanz hier schon lange verloren gegangen ist und erst ganz langsam wieder zurück zu kehren scheint.

Da hat es die Musik des Altrockers einfacher, kommt sie doch beschwingt und frisch daher, feiert hierbei aber auch klanglich alte Zeiten. Alles begann im Jahr 1970, als der aufstrebende Musikproduzent Bob Ezrin ein Farmhaus am Stadtrand von Detroit aufsuchte, um mit der Band um Alice Cooper zu arbeiten. Diese hatte Los Angeles hinter sich gelassen, da sie das Gegenteil der dortigen Flower-Power- und Hippie-Szene mit ihren Idealen von Liebe und Frieden verkörperte. Alice Cooper scharte seine deutlich düstere Gang in Detroit um sich.

“Detroit war wirklich der Ort für Heavy Rock”, erklärt Alice. “Im Eastown zum Beispiel konnte man an einem Abend Alice Cooper, Ted Nugent, The Stooges und The Who sehen, und das alles für 4$! Dann am nächsten Wochenende im Grande standen MC5, Brownsville Station und Fleetwood Mac auf der Bühne, oder auch Savoy Brown und die Small Faces. Als Soft-Rock-Band hatte man da echt nichts verloren.”

“Los Angeles hatte einen eigenen Sound mit The Doors, Love und Buffalo Springfield”, fügt er hinzu. “In San Francisco gab es The Grateful Dead und Jefferson Airplane. In New York The Rascals und The Velvet Underground. Aber in Detroit wurde wütender Hard Rock geboren. Alice Cooper mit dem gitarren-lastigen Hard-Rock-Sound und der krassen Bühnenshow hat einfach nirgendwo in den USA reingepasst, weder musikalisch noch imagetechnisch. Detroit war der einzige Ort, an dem Außenseiter wie wir reinpassten. Und als die Leute noch rausfanden, dass ich im Osten von Detroit geboren wurde … waren wir zu Hause angekommen.”

Alice Cooper (© earMUSIC / Jenny Risher)

(© earMUSIC / Jenny Risher)

50 Jahre später nahmen Alice und Ezrin nun in einem Studio in Detroit gemeinsam mit einer Vielzahl legendärer Detroiter Musikern das Album “Detroit Stories” auf. Als ersten Vorboten veröffentlichte Cooper im November 2020 seine Interpretation von “Rock & Roll”, einem Klassiker von The Velvet Underground aus deren Album “Loaded”. Das Lied handelt von dem einen magischen, euphorischen Moment, an dem wir alle zum ersten Mal Rock & Roll im Radio hörten. Die Nummer wurde Anfang der 70er-Jahre von einer Band namens Detroit in Detroit gecovert – produziert von Bob Ezrin und geprägt vom Gitarrenriff Steve Hunters.

Hunter gehört nun neben Johnny “Bee” Badanjek (Detroit Wheels), Paul Randolph (legendärer Detroiter Jazz- und R&B-Bassist) und den Ehrengästen Joe Bonamassa und Tommy Henriksen zu den Musikern, mit denen Alice die im Midtempo sich druckvoll einhämmernde Hardrock-Blues-Nummer neu aufnahm.

Insgesamt enthält das Album vier Coverversionen, größtenteils also eigene Stücke. Mit “Go Man Go” geht es flott treibend weiter, und später wissen auch das hymnische “Hail Mary”, das mit einigem Groove angerichtete “Detroit City 2021” als Neuauflage eines Songs vom 2003er-Longplayer “The Eyes Of Alice Cooper”, das in Passagen erzählerische “Independence Dave”, das punkrockig rotzige “I Hate You”, das wieder rauen Rock & Roll servierende “Sister Anne” als MC5-Cover, das energetische “Shut Up And Rock” und das abschließende “Easy Side Story” als Cover eines Klassikers von Bob Seger & The Last Heard gut abzurocken.

Dass es hier nicht nur härter, sondern auch mal melodiefokussiert zugeht, bewies Cooper mit der zweiten Vorab-Single “Our Love Will Change The World”, die als Cover eines Stücks von Outrageous Cherry sehr fröhlich und beschwingt daher kommt. Alice erklärt allerdings: “Ich glaube, ‘Our Love Will Change The World’ ist einer der ungewöhnlichsten Songs, die ich je gemacht habe. Er ist durch einen anderen Songwriter aus Detroit zu uns gekommen. Es ist so skurril, weil das Lied so fröhlich scheint – aber was es aussagt alles andere als fröhlich ist. Es ist einfach ein extrem bizarrer Gegensatz. Beim ersten Hören habe ich die Message sofort verstanden und gesagt: ‘Okay, das ist mal wirklich etwas Besonderes.’ Die Musik sagt eine Sache und der Text eine ganz andere, ich liebe diesen Song. Er ist komplett anders als jeder andere Song auf dem Album.”

Das auch gut treibende “Social Debris” als dritte Single sieht Alice als “Geschenk an Detroit, an meine Fans und an mich selbst. Der Song wurde von der ursprünglichen Bandbesetzung geschrieben. Wir haben nie geglaubt, dass wir jemals irgendwo reinpassen würden – die Alice Cooper Band passte nirgendwo dazu, weil wir immer Dinge taten, die keine andere Band gemacht hat. Wir passten nicht in die Folk-Szene, nicht in die Metal-Szene, eigentlich in keine Szene, die es damals gab. Deshalb fühlten wir uns immer wie Außenseiter. Wir fühlten uns wie sozialer Abfall, wir waren in unserer eigenen kleinen Welt. Also ist ‘Social Debris’ einfach ein Lied, dass die originale Band über sich selbst geschrieben hat. Und am Ende klang der Song, als wäre er direkt aus dem Jahr 1971 entstammt. Das ist einfach die originale Band – da ist nichts zu ändern, es ist einfach gut.”

Es wird aber auch abseits der härteren Klänge weitere Abwechslung geboten, mit dem durch Bläser und Frauenchor bereicherten Hüftschwinger “$1000 High Heel Shoes”, dem sich im Blues dem Titel entsprechend bewusst mühsam voran schleppenden “Drunk And In Love”, dem nicht viel flotter ins Ohr kriechenden “Wonderful World” oder der klanglich moderner anmutenden Midtempo-Metal-Nummer “Hanging On By A Thread (Don’t Give Up)”. Eine amtliche Liebeserklärung an Detroit, die sich gut anhören lässt.

“Detroit Stories” erscheint nicht nur als CD, als Vinyl-Doppel-LP und digital, sondern auch als CD im Bündel mit einer DVD und als Boxset, das neben der CD  eine Blu-ray Disc, ein T-Shirt, eine kleine Taschenlampe mit Alices Augen, einen Mund-Nasen-Schutz und einen Sticker enthält.

Auf DVD und Blu-Ray ist hierbei die Liveshow “A Paranormal Evening At The Olympia Paris” zum ersten Mal zu sehen – auch um in Zeiten von Covid-19 die Wartezeit bis zur nächsten Tour etwas zu verkürzen.

www.alicecooper.com
facebook.com/AliceCooper

Bewertung: 8 von 10 Punkten

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