Home MusikCD-Rezensionen Archive veröffentlichen zum 25-jährigen Bandjubiläum eine Werkschau ihrer tollen Musik mit acht neuen Songs

Archive veröffentlichen zum 25-jährigen Bandjubiläum eine Werkschau ihrer tollen Musik mit acht neuen Songs

Autor: Tobi

Archive "25"

Archive

“25”

(2CD, Dangervisit, 2019)

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Das englische Kollektiv Archive gehört nun bereits seit 25 Jahren zum Spannendsten und Besten, was die Musikszene zu bieten hat. Zur Feier des Jubiläums veröffentlichen sie “25” in verschiedenen Varianten, von der Doppel-CD bis zu den handsignierten Deluxe-Vinyl- und Deluxe-CD-Boxsets mit 43 bzw. 42 Tracks sowie einem 160-seitigen Buch mit zeitgenössischen Interviews mit aktuellen und ehemaligen Bandmitgliedern und Fotos aus den privaten Sammlungen.

Wer jetzt denkt, wir hätten das Cover oben irgendwie vergessen, der irrt – und doch sieht man so gut wie nichts, ist die digitale “25” auf dem Cover doch kaum zu erkennen. Dies passt ins künstlerische Konzept einer Band, deren Musik dafür alles andere als farblos ist.

Archive (Foto: © Brian_Cannon)

(Foto: © Brian_Cannon)

Zwölf Studioalben haben Archive inzwischen veröffentlicht und sich mit diesen, vor allem aber mit umwerfenden Live-Shows Kultstatus erarbeitet. “25” nimmt uns mit auf die Reise durch ihr Universum, bietet aber auch acht bislang unveröffentlichte, neue Songs. Für diejenigen, die noch nichts von Archive zu Hause haben und nur an den Highlights interessiert sind, mag die z.B. auf Doppel-CD erhältliche Variante mit 26 Tracks ausreichen – die immerhin vier der neuen Stücke aufbietet. Fans hingegen kommen an den Deluxe-Versionen kaum vorbei, also schauen wir auch auf alle 43 Tracks, die einem über viereinhalb Stunden musikalischen Genuss bescheren.

“It felt like the right moment to take a breath, take stock of how far we’ve come on this journey of ours. I’m really proud of the work we’ve done as a collective over the years, and I’m excited to be celebrating that work in 2019”, erklärt Darius Keeler, neben Danny Griffiths Gründungsmitglied und kreativer Kopf der Band.

Das epische Meisterwerk “Again” steht mit seiner über 16 Minuten langen Version aus dem hervorragenden Album “You All Look The Same To Me” aus dem Jahr 2002 völlig zu Recht am Anfang der ausgesuchten Titel. Dieses Stück mit seinem sphärisch balladesken Beginn und seiner Steigerung an Dramatik und Klangfülle bis hin zu avantgardistischen Sounds, auf die dann wieder ein ruhiger Teil folgt, der einen weiteren progressiven Ausbruch nach sich zieht, beschreibt die Band in ihrer damaligen Neuausrichtung besser als jeder andere. Zudem unterstreicht er, wie Archive es verstehen, einen zu packen und voll in ihren Klang- und Stimmungskosmos zu saugen.

Nach dem von TripHop stark beeinflussten Debüt “Londinium” aus dem Jahr 1996, dessen mit Rap von Rosko John versehenes, schönes Titelstück auch auf “25” zu finden ist, und dem schon weit progressivere Stücke aufbietenden Nachfolger “Take My Head” (1999), bei dem Danny Griffiths und Darius Keeler mit Suzanne Wooder als Sängerin zusammen arbeiteten, die danach nicht wieder im Line-Up auftauchte, legte “You All Look The Same To Me” als drittes Werk die Basis für die klangliche Zukunft der Band.

Ab 2000 war Craig Walker für einige Jahre als Hauptsänger stimmlich prägend, und mit ihm enstanden auch der Soundtrack zu “Michel Vaillant” (2003) und das ebenfalls tolle, voll überzeugende “Noise” (2004). Vom TripHop hatte sich die Formation größtenteils verabschiedet und lieferte rockigere Töne ab, die aber durch getragene Phasen, psychedelische Elemente und intelligente Strukturen immer äußerst abwechslungsreich blieben. Einige der Highlights aus “Noise” waren der wundervolle Zehnminüter “Waste” und das bitterböse “Fuck U”, die auch auf “25” zu hören sind, wohin es Perlen wie “Sleep” nicht geschafft haben.

Natürlich wollen Archive aber auch all die Jahre nach Walker, der auf Grund persönlicher Differenzen Ende 2004 ausstieg, gebührend würdigen. Bald schon stießen Dave Pen und Pollard Berrier dazu, die bis heute zur festen Besetzung zählen und neben Gesang und Gitarre auch am Songwriting beteiligt sind. Dies ist einer der Gründe, warum man nun von Archive als Kollektiv sprechen konnte – statt eines Masterminds sind seit 2005 gleich vier Hauptverantwortliche am Werk, statt einer zentralen Stimme hört man diverse.

Mit dem Album “Lights” stieß Maria Q dazu, sang hier drei Stücke und zählt bis heute zu den von Fans besonders gerne gesehenen Mitgliedern, was nicht zuletzt die Begeisterung in den sozialen Medien untermauerte, als klar war, dass sie 2019 mit auf Tour geht – siehe unten. Der Titelsong, auch auf “25” zu finden, war mit seinen mehr als 18 Minuten ein weiteres, episches Meisterwerk.

“Controlling Crowds” war 2009 ein Inbegriff der Band-Vielfalt, und hier war dann auch Rosko John mal wieder als Rapper mit am Start, was den Facettenreichtum der Vorgänger noch steigern konnte. Mit “Bullets” zog allerdings ein progressives Stück am meisten Aufmerksamkeit auf sich und wurde die bislang erfolgreichste Single einer Band, deren Stücke oft alles andere als singletauglich sind, weil sie im kurzen Format zu viel ihrer Intensität verlieren würden. “Controlling Crowds – Part IV” schloss noch im gleichen Jahr an, 2012 dann folgte das mit gemischten Kritiken aufgenommene “With Us Until You’re Dead”, das Holly Martin als weitere Sängerin einführte und dem Archive 2014 den musikalisch unterlegten, 40-minütigen Kurzfilm “Axiom” folgen ließen.

Archive versanken aber nicht einem Loch zu viel künstlerischen Anspruchs. “Restriction” (2015) und “The False Foundation” (2016) knüpften wieder mehr an den geliebten Archive-Stil des ersten Jahrzehnts im Millenium an, und auch die acht neuen Stücke kommen sehr ansprechend daher. Mit der Single “Remains Of Nothing”, die in Zusammenarbeit mit der Band Of Skulls entstand, und dem mit dem schottischen Musiker Steve Mason – bekannt vor allem von der Beta-Band – aufgenommenen “Lightning Love” gehören zwei Kollaborationen zu den Neuheiten.

“It’s also been a great opportunity to collaborate with some new people, I think the track with Band Of Skulls is one of the best things we’ve ever done, and working with Steve Mason was a real honour too”, erklärt Keeler. Das getragene “Erase” ist ein weiterer Beleg dafür, wie wundervoll Archive auch nach 25 Jahren noch klingen. Und auch den vielen Fans ihrer epischen Tracks wird auch neues Futter verabreicht, wenn das 15-minütige “Heart Beats” größtenteils ruhig und sphärisch dahin schwebt, während Maria Q ihm auf betörende Art und Weise im wahrsten Sinne des Wortes Emotion einhaucht, wobei auch ein schrammeliges Klanggewitter nicht als Ausbruch fehlt. “25” ist eine gelungene Zusammenstellung mit viel Rückblick und tollem, neuem Material – was für eine Band!

Archive live:

Im Herbst sind Archive wieder live bei uns zu sehen, und neben Pollard Berrier, Dave Pen und Holly Martin ist hierbei auch Maria Q am Mikro wieder mit am Start. Wer Archive noch nie im Konzert erlebt hat, der sollte sich das Ganze nicht entgehen lassen. Tickets gibt es z.B. hier bei Eventim (Partnerlink).

19.09. Mannheim – Capitol
20.09. Essen – Colosseum Theater
21.09. Berlin – Tempodrom
22.09. München – Philharmonie im Gasteig
21.10. Hamburg – Große Freiheit 36
29.10. Leipzig – Werk 2
30.10. Stuttgart – Im Wizeman
31.10. Köln – E-Werk
29.11. CH-Zürich – X-tra
30.11. A-Wien – WUK

Die Tracklist der CD-Deluxe-Variante:

CD 1
01. Again
02. Londinium
03. Bullets
04. System
05. Kings Of Speed
06. Nothing Else
07. Kid Corner
08. Erase *
09. Noise
10. Shiver

CD 2
01. Controlling Crowds
02. Remains Of Nothing (feat. Band Of Skulls) *
03. Distorted Angels
04. Bright Lights
05. The Empty Bottle
06. Falling *
07. End Of Our Days
08. Finding It So Hard
09. Fuck U
10. The False Foundation
11. Take My Head

CD 3
01. Lights
02. Waste
03. Splinters
04. Collapse Collide
05. Black & Blue
06. Bridge Scene
07. Numb
08. Feel It
09. Wiped Out
10. Driving In Nails

CD 4
01. You Make Me Feel
02. Bastardized Ink
03. Pills
04. Violently
05. Hatchet
06. So Few Words
07. Lines
08. Lightning Love (feat. Steve Mason) *
09. The Hell Scared Out Of Me *
10. Hyperreal *
11. Heart Beats *

* = bisher unveröffentlicht

www.archiveofficial.uk
facebook.com/ArchiveOfficial

Bewertung: 10 von 10 Punkten

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