Boney M.
Worldmusic For Christmas
(CD, Sony Music, 2017)
Boney M. sind wieder da. Nun sind Boney M. nicht zwingend die Gestalten, die in der zweiten Hälfte der 70er-Jahre auf der Bühne standen und Hits wie “Daddy Cool”, “Sunny” oder “Rivers Of Babylon” feierten, Boney M. ist schlichtweg als Projekt des Produzenten Frank Farian zu sehen, der sich hiermit – nicht zu Unrecht – eine goldene Nase verdiente. Die bunt zusammen gewürfelte Truppe an in Deutschland lebenden Darstellern mit karibischem Aussehen dank karibischer Herkunft manifestierte sich in der Besetzung mit Bobby Farrell, Maizie Williams, Marcia Barrett und Liz Mitchell – die halt gut zusammen aussahen. Dass dafür stimmlich nicht alles paletti war und im Studio arg nachgeholfen werden musste, auch mit anderen Sängern, das störte anscheinend niemanden – Hauptsache die Stimmung war gut. Und im Gegensatz zu seinem späteren Goldesel Milli Vanilli gab Farian hier auch direkt zu, dass die Stimmen aus dem Lautsprecher nicht immer die der auftretenden Truppe waren. Der Erfolg dauerte so eine Weile an, drei Nummer-Eins-Alben wurden gefeiert, mit “Boonoonoonoos” riss der Erfolgsfaden dann aber 1981 ein, und das nach einer Pause 1984 veröffentlichte “Ten Thousand Lightyears” verkaufte sich mies und leitete das Aus für Boney M. ein, welches nach dem völligen Flop “Eye Dance” (1985) dann folgte.
2006 wiederbelebte Farian das Projekt noch einmal, das 30-jährige Jubiläum wurde mit dem Album “The Magic Of Boney M.” begossen, und als “Boney M. feat. Liz Mitchell” gab es auch eine Tour. Knappe zehn Jahre später sah Farian die Chance, erneut Jubiläum zu feiern, und so erschien 2015 mit “Diamonds” eine weitere Hitsammlung – wie üblich mit viel altem Material plus wenig Neuheiten, hier zwei neuen Stücken. Da es bis zum 50-jährigen Jubiläum und dem dann zu 99% anstehenden Album mit den alten Nummern noch etwas hin ist, hat sich Frank Farian überlegt, mal ein neues Album zwischen zu schieben. Und da es dazu einen Aufhänger braucht, nahm er Weihnachten – geht immer, kommt auch jedes Jahr wieder. Und das lief ja auch schon einmal gut, als “Mary’s Boy Child” 1978 zum Nummer-Eins-Hit wurde.
Nur Weihnachten, hmm, das reicht nicht, das machen auch zu viele. Nach vermutlich gar nicht allzu langer Grübelei entschied sich Farian dazu, das Ganze in der Weltmusik anzusiedeln, denn die Welt ist gerade voll in, mit all ihren Menschen und verschiedenen Kulturen. Um noch ein bisschen Boney M. der damaligen Zeit mit am Start zu haben, holte Farian Liz Mitchell ins Studio, die auch damals schon tatsächlich nicht nur als Gesicht, sondern auch als Sängerin taugte. Mit ihr und “Friends” wurde “Worldmusic For Christmas” aufgenommen, wobei Liz bei genauerem Hinschauen auch nur bei drei Songs zu hören ist – na ja, Boney M. ist halt nur ein Projektname zum Veröffentlichen, auch weiterhin.
Auf einer knappen Stunde findet man 17 Tracks, die Farian-typisch solide produziert sind – so richtig moderne Töne sind allerdings kaum zu ihm vorgedrungen. Ob man diese Songs aber irgendwie benötigt, das ist schon fragwürdig. In Miami (wo ist es weihnachtlicher?) wurden Weihnachtslieder wie “Carol Of The Bells”, “Ave Maria”, “Oh Christmas Boy” oder “Now It’s Christmas Time” aufgenommen, hierbei künstlich weltmusikalisch arrangiert. So erklingt mal ein Reggae-Beat, mal etwas tribales, mal ein Stammeschor, mal Latino. Hmm, das braucht eigentlich niemand, da erscheinen jedes Jahr massenweise wertigere Weihnachtsalben. Abgeschlossen wird die Scheibe dann noch von zweimal “Christmas Medley”, von 1981 und 1983, in remasterter Form – und auch diese sind überflüssig wie die gesamte Scheibe. Da passt es nur bestens, dass das Artwork so aussieht, als hätte es ein Praktikant an seinem ersten Tag in den 80ern mit Corel Draw entworfen. Das fiel anscheinend irgendwann auch dem Label auf, das den unterirdisch anmutenden Schriftzug “World Music For Christmas” (äh, ja, hier dann mit “Worldmusic” getrennt – siehe oben im Bild) rasch noch mit Aufklebern auf dem Plastik-Tray abdecken ließ. Das passt zum Projekt. Kommt nächstes Jahr dann “Weihnachten mit Milli Vanilli”?
www.boney-m.tv
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Bewertung: 2 von 10 Punkten