Bring Me The Horizon
“Amo”
(CD, RCA, 2019)
Bring Me The Horizon haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich nach oben gespielt. Ihr drittes Album mit dem sperrigen, aber poetischen Titel “There Is A Hell, Believe Me I’ve Seen It. There Is A Heaven, Let’s Keep It A Secret” brachte die Jungs aus Sheffield 2010 erstmals weiter nach oben in die Charts, der Durchbruch erfolgte dann nach dem Label-Wechsel zu RCA aber 2013 mit “Sempiternal”, welches in Großbritannien Platz 3 erreichte. Nachdem “That’s The Spirit” 2015 weltweit die Top Ten erreichen konnte (Platz 2 in UK und den USA, Rang 6 bei uns), schreiben sie ihre Erfolgsgeschichte nun nach vier Jahren mit “Amo” weiter – da wir unsere Rezension etwas verspätet bringen, wissen wir dies bereits, erklommen sie hiermit doch erstmals die Spitze der britischen Charts, und bei uns ist Platz 3 auch bereits erreicht.
Hört man die 13 Songs auf den 52 Minuten des Albums, dann ist einem sofort klar, dass die Diskussion um zu viel Pop-Einfluss in den neuen Stücken unausweichlich war. Wie kann man offensiver damit umgehen, als einen Song namens “Heavy Metal” auf der Scheibe zu platzieren, der sich genau hiermit beschäftigt und klar macht, dass die Band sich selbst verwirklicht und sich nicht dem Druck einiger Fans oder der Musikindustrie beugt: “Yeah, I keep picking petals, I’m afraid you don’t love me anymore, ’cause some kid on the ‘gram said he used to be a fan, but this shit ain’t heavy metal.” Dass die mit dem amerikanischen Beatboxer Rahzel aufgenommene Nummer trotz gemächlicher Passagen zu den härtesten Stücken auf dem Album gehört und am Ende “No, this ain’t heavy metal!” gebrüllt wird, ist ein ironisches Ausrufezeichen, das sitzt.
Frontmann Oli Sykes erklärt: “‘Amo’ ist ein Liebesalbum, das jeden Aspekt dieses kraftvollsten aller Gefühle auslotet. Es handelt von den guten, schlechten und hässlichen Seiten und herausgekommen ist ein Album, das experimenteller, abwechslungsreicher, seltsamer und wundervoller ist, als alles, was wir bisher gemacht haben.”
Gut, in Sachen Liebe hat Sykes auch durchaus turbulente Jahre hinter sich, heiratete er im Juli 2015 doch erst seine langjährige Freundin und Verlobte Hannah Pixie Snowdon, von der er sich dann Mitte 2016 wieder trennte, um schließlich im Sommer 2018 das brasilianische Model Alissa Salls zu ehelichen. Die hierbei verarbeiteten Gefühle spiegeln sich natürlich auch in den Songs wider, die den Sommer 2018 über in Los Angeles geschrieben und aufgenommen wurden, produziert von Sykes und Keyboarder Jordan Fish.
Nachdem BMTH sich ja schon vor dem Labelwechsel vom Deathcore deutlich hin zum Metalcore bewegt hatten, öffnen sie sich stilistisch nun noch weit mehr und bescheren tatsächlich auch unharte Momente, wobei man nicht immer alles gleich als poppig bezeichnen muss, nur weil mal kurz der Hammer weggelegt wird. Der sphärische Opener “I Apologise If You Feel Something” ist hier schon genau die richtige Einleitung, und wenn dann beim folgenden, starken “Mantra” direkt abgerockt wird, ist klar gemacht, dass BMTH nicht zu musikalischen Schmustigern geworden sind.
Okay, das mit Disco-Beats und elektronischen Klängen durchsetzte “Nihilist Blues”, das sie mit der kanadischen Sängerin Grimes aufgenommen haben, wirkt im Klangkosmos der Band noch ebenso fremd wie das von Breakbeats und Flächenklängen bestimmte “Fresh Bruises”, aber diese Songs bauen voll auf Atmosphäre und stören daher keinesfalls.
Auch Songs wie “Mother Tongue” und “Medicine” mit ihrer eher sanften Grundstimmung oder die Midtempo-Nummer “In The Dark” mit ihren funky Licks lassen jede Anmutung von Core-Härte vermissen, sind aber durchaus anständige Songs, die man im melodischen Alternative Rock einordnen kann.
BMTH rocken aber auch noch gut ab, ob bei besagten “Mantra” und “Heavy Metal”, beim fetten Midtempo-Knaller “Wonderful Life”, den sie mit Dani Filth, seines Zeichens Frontmann von Cradle Of Filth, aufgenommen haben, oder bei “Sugar Honey Ice & Tea”. Den Abschluss bildet mit dem durch Streicher bereicherten “I Don’t Know What To Say” dann eine getragene Midtempo-Nummer, bei der es gegen Ende immer rockiger zugeht.
Bring Me The Horizon klingen also durchaus oft anders auf “Amo”, aber die Songs sind immer noch gut und kommen nun natürlich umso abwechslungsreicher daher. Ein Verrat am eigenen Stil ist daher nicht auszumachen, vielmehr eine Öffnung hin zu seichteren und noch mehr auf Melodien bauenden Gefilden und all dem, worauf die Jungs um Oli Sykes halt gerade Lust hatten – und Lust sollte bekanntlich ja auch zur Liebe gehören, also alles gut.
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Bewertung: 8 von 10 Punkten
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