Home MusikCD-Rezensionen Chilly Gonzales versieht seine melancholische, tolle Weihnachtsscheibe mit etwas Hoffnung

Chilly Gonzales versieht seine melancholische, tolle Weihnachtsscheibe mit etwas Hoffnung

Autor: Tobi

Chilly Gonzales "A Very Chilly Christmas"

Chilly Gonzales

“A Very Chilly Christmas”

(CD, Gentle Threat, 2021)

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Zwei Jahre ist es her, da kam die Doku “Shut Up And Play The Piano” ins Kino und wurde dann auch für das Heimkino veröffentlicht (lies unsere Rezension hier). Im Film porträtierte Philipp Jedicke den preisgekrönten Komponisten, Klaviervirtuosen und Entertainer Chilly Gonzales, der als Enfant Terrible der Musik- oder sagen wir besser Kulturszene zwischen Stilen wandelt, uns schon viele tolle Alben und Kollaborationen bescherte und dabei gerne in Bademantel und Pantoffeln daher kommt.

Chilly Gonzales (© ANKA)

(© ANKA)

Mit “A Very Chilly Christmas” bescherte uns der Kanadier im letzten Jahr ein Weihnachtsalbum, und dieses wurde seinem Titel völlig gerecht und bot eine sehr entspannte Untermalung zur Adventszeit. Nun wäre Chilly nicht Chilly, wenn wir hier schlichte Fahrstuhlmusik oder gewöhnliche Interpretationen von Klassikern verabreicht bekommen hätten.

Die 15 Tracks waren alles andere als gewöhnlich, eliminierten sie doch passend zum vor allem durch die Pandemie von viel Sorge, Trauer und Dunkelheit geprägten Jahr die überschwängliche Fröhlichkeit aus den sonst so beschwingten Liedern zum Fest der Liebe, ohne hierbei allerdings auf Schönheit zu verzichten.

Chilly erklärt: “Für mich ist die Weihnachtszeit ein Wechselbad der Gefühle, und der bestehende Liederkanon klingt oft wie ein gezwungenes Lächeln. Weihnachten ist typischerweise die Zeit für oberflächliche Fröhlichkeit, aber auch für Besinnung und Trauer über die schmerzvollen Ereignisse des vergangenen Jahres. Die Lieder in Molltonarten zu spielen, macht Weihnachten authentischer und realistischer.”

Nun erscheint die Scheibe neu mit 16 Tracks auf 39 Minuten, also einem mehr. Hierbei handelt es sich um “White Christmas”, und im Gegenzug zum ansonsten von Molltönen dominierten Album stellt Chilly seine Piano-Interpretation in gewohntem Dur an den Anfang, was sicherlich die Hoffnung ausdrücken soll, dass wir bald doch wieder zur alten Normalität zurück kehren können.

Es ist schon eine ganz besondere Stimmung, die Chilly bei uns aufbaut, wenn er von “Silent Night” ab dann in Melancholie umschwenkt. Die hier zur Hälfte des Songs einsetzende Violine gesellt sich sehr schön zu den Klavierklängen und verdeutlicht, dass Chilly nicht nur auf seine geliebten Tasten setzt, auch wenn diese “Good King Wenceslas” sowie das mit Stings “Russians” versetzte “God Rest Ye Merry Gentlemen” dann wieder alleine bestreiten und auch “Silver Bells” beherrschen.

Es gibt aber nicht nur instrumentale Stücke. Bei der einzigen Eigenkomposition, dem besinnlichen “The Banister Bough”, singt Feist, und beim schönen, ebenfalls mit Geige bereicherten “In The Bleak Midwinter” hören wir den einst als Frontmann der Britpop-Helden Pulp bekannt gewordenen Jarvis Cocker, mit dem Chilly 2017 das tolle Album “Room 29” veröffentlichte. Beim mit Flötentönen verzierten “Snow Is Falling In Manhattan” sind Cocker und Feist dann sogar beide dabei.

Von moderneren Weihnachtsklassikern hat sich Gonzales mit Whams “Last Christmas” und Mariah Careys “All I Want For Christmas Is You” zwei absolute Dauerbrenner vorgenommen und spielt feine Piano-Interpretationen dieser ansonsten manchmal schon übergehörten Songs, die so aber mit neuem Charme wieder zu gefallen wissen.

“Jingle Bells” ist ein Paradebeispiel dafür, wie Chilly aus Dur Moll gemacht hat und trotzdem Wärme und Schönheit versprüht, und “O Tannenbaum” kommt dann wie jeder andere Song hier zwar ohne Schlagzeug-Rhythmen, aber trotzdem recht groovy daher. Das gute alte “Maria durch ein Dornwald ging”, “O Come All Ye Faithful” mit Zitherklängen, “We Three Kings” mit Violine und choralen Flächen und zum Abschluss “Auld Lang Mynor” mit Mundharmonika zum immer präsenten Piano – ein sehr schönes Album, das man nun mit etwas Hoffnung bereichert umso passender genießen kann.

Im November und Dezember spielt Chilly Gonzales einige Weihnachtskonzerte bei uns. Hier die Daten – Tickets gibt es z.B. hier bei Eventim (Partnerlink).

28. November 2021 Ludwigshafen, BASF Feierabendhaus
14. Dezember 2021 Berlin, Konzerthaus Berlin
28. Dezember 2021 Köln, Kölner Philharmonie
29. Dezember 2021 Köln, Kölner Philharmonie

www.chillygonzales.com
facebook.com/chillygonzales

Bewertung: 9 von 10 Punkten

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