Duran Duran
“FUTURE PAST”
(CD, Tape Modern, 2021)
Denken dem Jugendalter schon etwas länger entwachsene Semester unter uns an Duran Duran, dann fallen einem tolle Songs ein, mit denen die Briten seit Anfang der 80er-Jahre eine ganze Zeit lang die Charts aufmischten. Von der ersten Single “Planet Earth” im Jahr 1981 über das starke zweite Album “Rio” mit packenden Stücken wie “Hungry Like The Wolf” oder dem Titelsong und dem dritten Longplayer “Seven And The Ragged Tiger” 1983 mit Hits wie “Save A Prayer”, “Is There Something I Should Know?” oder dem großen “The Reflex” bis zum weltweiten Megaseller “The Wild Boys”, der Teilnahme am Band Aid-Charity-Projekt mit der Single “Do They Know It’s Christmas?” und dem Titellied zum James Bond-Film “A View To A Kill” 1985 war die Karriere von Simon Le Bon (Gesang), John Taylor (Gitarre), Andy Taylor (Gitarre), Nick Rhodes (Keyboard) und Roger Taylor (Schlagzeug) eine einzige Erfolgsgeschichte.
Dann begannen schwierigere Jahre für Duran Duran mit einigen Nebenprojekten wie den Bands Arcadia und The Power Station sowie dem Ausstieg von Roger und Andy Taylor. Die 1986 und 1988 mit aufgefülltem Line-Up veröffentlichten Alben “Notorious” und “Big Thing” wurden keine großen Erfolge mehr, ebenso wie “Liberty” 1990. Als man dachte, die Glanzzeiten von Duran Duran seien eben vorbei, überraschten die Jungs mit der auf Grund seines Covers als “The Wedding Album” bekannten Scheibe, die 1993 mit wieder mehr songorientiertem anstatt experimentell modernem Stil und Singles wie “Ordinary World” oder dem tollen “Come Undone” zu überzeugen wusste. Die Cover-Scheibe “Thank You” verkaufte sich 1995 noch ganz okay, danach verschwand die Band mit “Medazzaland” (1997) und “Pop Trash” (2000) in der Versenkung. Aus dieser tauchte sie nach Wiedervereinigung in alter Erfolgsformation mit “Astronaut” (2004) noch einmal kurz auf, um mit “Red Carpet Massacre” (2007) wieder abzutauchen. Auch die Alben “All You Need Is Now” (2010) und das immerhin mal kurz wieder die UK-Top-Ten erreichende “Paper Gods” (2015) waren danach nur kurze Gäste in den Charts.
Im Mai 2021 nun kündigten Duran Duran in der Formation Simon Le Bon, John Taylor, Nick Rhodes und Roger Taylor ihr 15. Studioalbum “FUTURE PAST” für Oktober an und veröffentlichten mit “INVISIBLE” (ja, alles soll bitte aus künstlerischen Gründen groß geschrieben werden) eine erste Single aus der Scheibe, wobei das Spannendste an der monoton vor sich hin stampfenden Nummer eher noch war, dass der Videoclip zum Song von der KI-Software “Huxley” hergestellt wurde.
Nick Rhodes fand das Stücke weit interessanter: “Für Duran Duran war schon immer eine gewisse Klangarchitektur von großer Wichtigkeit. Ich denke, mit ‘INVISIBLE’ ist es uns gelungen, die Song-Skulptur tatsächlich so zu formen, wie wir es auch geplant haben. Klanglich ist es ein sehr ungewöhnliches Stück Musik. Ich denke, wenn man all diese Instrumente ineinanderfließen lässt, entsteht ein Gesamtsound, den man möglicherweise in dieser Form noch nie zuvor gehört hat.”
Dadurch, dass die neue Scheibe von Erol Alkan, Giorgio Moroder und Mark Ronson produziert wurde und Gäste wie Blurs Graham Coxon an der Gitarre oder David Bowies ehemaligen Pianisten Mike Garson ebenso aufbietet wie Lykke Li, die Gastvocals beisteuert, war aber ja doch einiges Intertessantes zu erwarten – und ja, man findet es auch hier und dort.
Im August folgte mit “MORE JOY!” ein zweiter Vorbote, und der tanzbare, eingängige Elektropop-Rock-Song kam weitaus reizvoller daher, auch dank einer Prise J-Pop-Disco-Punk dank Kollaboration mit CHAI, einer aufstrebenden Girl-Punk-Band aus Nagoya/Japan. Nick Rhodes erklärte: “‘MORE JOY!’ entstand aus einer verrückten Jam-Session mit Duran Duran, Graham Coxon und Erol Alkan. Es war ein so ungewöhnliches Stück, dass wir anfangs nicht sicher waren, ob es wirklich zu uns passen würde. Es erinnerte mich an eines dieser japanischen Retro-Videospiele. Die Idee zum Sprechgesang ‘more joy’ kam schon sehr früh auf und wurde schließlich zum Schlüsselelement des Songs. Wir waren uns alle einig, dass diese Zeile noch besser klänge, wenn sie mit japanischen Frauenstimmen besetzt würde. Da hatte Simon die zündende Idee, CHAI zu fragen, mit uns zusammen zu arbeiten. Zu unserer Freude stimmten sie zu, und das Ergebnis hat dem Song eine unglaubliche neue Energie verliehen. Sie sind etwas ganz Besonderes!”
“Nick schlug vor, bei ‘MORE JOY!’ mädchenhafte Frauenstimmen einzubringen und ich wusste genau, wo ich sie finden würde”, fügt Simon Le Bon an. “CHAI sind eine postmoderne japanische Punkband, deren Energie und purer Sinn für Spaß einem tatsächlich die Ohren wegblasen könnten! Wir fühlen uns geehrt, dass sie ihren neonpinken, magischen Stachelstaub auf unseren Song streuen. Jetzt heißt es ‘MORE JOY!’ (feat. CHAI). CHAI – für immer geliebt!”
Zum Album erklärt der Frontmann: “Als wir Ende 2018 zum ersten Mal wieder zusammen ins Studio gingen, habe ich versucht die Jungs zu überzeugen, dass wir nur zwei oder drei neue Tracks für eine EP bräuchten. Vier Tage und mehr als 25 extrem starke Rohentwürfe später wurde mir klar, dass es wohl doch ein wenig länger dauern würde, als ursprünglich geplant. Doch das alles spielte sich vor Covid ab. Mittlerweile ist es 2021; hier stehen wir nun mit unserem 15. Studioalbum, das schon mit den Hufen scharrt, um endlich veröffentlicht zu werden. Music by Duran Duran unter Mithilfe von Graham Coxon, Lykke Li, Mike Garson, Erol Alkan, Mark Ronson, Giorgio Moroder (um Gottes Willen!). Ich sage nicht, dass es ein episches Teil geworden ist, aber nun ja… das ist es aber.”
Ähm, nein, episch ist das Album nicht, aber doch auch nicht schlecht. Die dritte, ebenfalls vom britischen DJ und Produzenten Erol Alkan produzierte Single “ANNIVERSARY” kommt im bandtypischen Stil angerichtet und fröhlich daher, was aber ja auch passt, schließlich feiern die Jungs hiermit ihr 40-jähriges Bestehen. John Taylor erklärt: “‘ANNIVERSARY’ ist ein besonderer Song für uns. Natürlich waren wir uns unseres eigenen, bevorstehenden Jubiläums des gemeinsamen Musikmachens bewusst. Dennoch wollten wir die Bedeutung so offen wie möglich halten. Nachdem wir so lange zusammengespielt und -gearbeitet haben, wissen wir, was ‘Zusammensein’ und ‘Zusammenbleiben’ wirklich bedeuten kann. Vor 40 Jahren hätten wir den Song nicht für albumwürdig gehalten, heute aber schon! Es hat auch Spaß gemacht, einen Track mit Anspielungen auf frühere Duran-Hits zu schreiben. Sie sind wie Ostereier, die die Fans finden können.”
Mit dem groovy catchy daher kommenden “ALL OF YOU” und “LAUGHING BOY” gibt es feine, melodische Pop-Rock-Songs, das tanzbare, von Synthieklängen dominierte “BEAUTIFUL LIES” ist gut gemacht, “GIVE IT ALL UP” fließt mit der schwedischen Sängerin und Songwriterin Tove Lo als Gast mal getragen und mal energetisch ins Ohr, das starke, teilweise mit toller Melodie aufwartende “WING” bietet viel von altem Bandcharme, “INVOCATION” lässt sich gut anhören, und “VELVET NEWTON” weiß als modernes und elektronisches Intermezzo zu gefallen.
Es gibt aber neben einigem Licht leider aber auch noch diversen Schatten a la “INVISIBLE”. Der Titelsong “FUTURE PAST” mutet langweilig an, das unattraktive “TONIGHT UNITED” ist viel zu einfach gestrickt, “NOTHING LESS” plätschert vor sich hin, und auch “HAMMERHEAD” haut einen mit Rap-Einlage von Ivorian Doll nicht vom Hocker. Da ist es doch schön, dass mit “FALLING” zum Abschluss noch eine gute Nummer zu finden ist, mit Mike Garson erst ruhig und dann energetischer werdend arrangiert. Insgesamt ist das Ohrwurm-Potenzial der Songs stark limitiert und Duran Duran bieten eine Scheibe, die sich im Mittelmaß okay platziert und anhören lässt, aber zu oft eben auch nicht überzeugt, zu wenig zu packen weiß.
Der Longplayer ist auf allen gängigen Digitalplattformen verfügbar, und neben der Standard-CD gubt es physisch auch eine limitierte Deluxe-Edition als Hardback-Book inklusive drei Bonussongs, außerdem eine farbige Vinyl. Im offiziellen Bandstore sind außerdem exklusive Formate als Vinyl und Kassette mit signierten und limitierten Drucken zu haben.
duranduran.warnereprise.com
facebook.com/duranduran
Bewertung: 5 von 10 Punkten
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