Eels
“The Deconstruction”
(CD, E Works, 2018)
Vor vier Jahren erreichten die Eels erstmals in ihrer bereits seit 1995 andauernden Karriere die Top Ten der deutschen Album-Charts, und auch in Großbritannien, wo die amerikanische Band bislang am erfolgreichsten abschnitt, war “The Cautionary Tales Of Mark Oliver Everett” die erste Top-Ten-Scheibe seit dem großartigen Album “Daisies Of The Galaxy” aus dem Jahr 2000. Dass eben dieser Mark Oliver Everett alias E, seines Zeichens Mastermind der Band, eine coole Sau ist, weiß man sowieso, sieht man aber auch wieder bestätigt, wenn er in seinem Intro-Text zum neuen Album “The Deconstruction” mit dieser schönen Wahrheit eröffnet: “We could do the usual record company ‘bio’ about this new record, but, seriously… who gives a fuck.”
Auf dem bereits zwölften Studioalbum der Band, in der die Besetzung rund um den Sänger, Multiinstrumentalisten und vor allem Songschreiber E immer wieder mal wechselt, findet man 15 neue Tracks auf 43 Minuten – was passt, da drei Stücke nur kurze Zwischenspiele darstellen, die sich zu den zwölf neuen Songs gesellen. Neben E wurden diese von Koool G Murder am Bass und P-Boo an der Gitarre eingespielt, zusammen mit dem Deconstruction Orchestra und Chor.
Da E die Scheibe größtenteils selbst produziert hat, überrascht der Sound keineswegs und klingt – anders will man es ja auch nicht haben – 100% nach Eels. Bei einigen Stücken durfte auch Mickey Petralia produzieren, der aber auch schon Eels-Erfahrung hatte, wenn auch lange zurück liegend – zuletzt war er am Album “Electro-Shock Blues” (1998) beteiligt.
“The world is a mess. This is just music.” fasst E die momentane Lage der Welt zusammen – oder auch seine. In den letzten vier Jahren hat er auch einiges erlebt. Nach der Tour zum letzten Album fühlte er sich ausgebrannt und benötigte eine musikalische Pause. In dieser muss man nicht zwingend heiraten, ein erstes Kind bekommen und sich dann wieder scheiden lassen, aber bei E war das so, und viele seiner ehemaligen Texte scheinen hier bereits vorab passend geschneidert worden zu sein, wie z.B. für “It’s A Motherfucker” aus dem Jahr 2000: “It’s a motherfucker being here without you, thinking ’bout the good times, thinking ’bout the bad, and i won’t ever be the same.”
Da überrascht es fast, dass E sich auf der neuen Scheibe umso hoffnungsvoller und versöhnlicher präsentiert, wie beispielsweise in der Single “Today Is The Day”: “Today is the day, it starts right here, don’t got a thing to worry about now.” Hierzu kommt der Song für Eels-Verhältnisse überschwänglich fröhlich daher. Seinem Sohn Archie widmet er eines der kurzen Zwischenspiele als Gute-Nacht-Lied Archie (“The day is so long, but you are way too small to keep on carrying on as you do. So it’s time to go to sleep, don’t make a peep, little Archie, goodnight to you.”)
Um noch einmal auf Marks Gedanken zum Album zurück zu kommen, er glaubt an die Kraft des Individuums, Änderungen zu bewirken (“You can make changes. Thus, you can change the world. Right?”) und an die positive Auswirkung freundlichen Verhaltens: “The other thing we can do while everything’s such a mess is just try to be kind. Why not? We all have bad days, but why not put in the effort whenever possible? Nobody has it easy, however their story may appear from a distance. So why not try to be nice? Starting with yourself. That’s a nice change for the world right there. Good things will grow out of that.”
Schöne Worte eines oftmals düster dreinschauenden Eigenbrötlers. Willkommen in der Welt von E. So spannend, wie er als Person ist, so spannend ist auch weiterhin seine Musik, in der Melancholie immer eine dominante Rolle spielen wird. Bereits der Titelsong als Opener, in dem er langsam aber sicher zerfällt, weiß zu begeistern mit seiner direkt gefangen nehmenden Atmosphäre zwischen wohliger Entspannung und Endzeitstimmung.
Eigentlich könnte sich Mark auch C nennen, denn wenn Eels-Songs eine Konstante haben, dann ist es die Coolness, mit der sie allesamt daher kommen – das C könnten aber ja auch die ebenso wunderbaren Cake belegen, also bleiben wir bei E. “Bone Dry” kommt als knochentrockene Single knarziger und rockiger daher, “Rusty Pipes” fließt einlullend voran, “Be Hurt” macht auf beeindruckende Weise Mut zur Verletzlichkeit, und “You Are The Shining Light” groovt rockig und psychedelisch mit 70er-Charme ab.
Natürlich gibt es auch wieder ruhige Stücke wie das wunderschöne “There I Said It” über das ersehnte und doch manchmal so schwierige Bekunden der Liebe, oder das fast sakral anmutende “In Our Cathedral”, zu dem E sagt: “Maybe if there’s anything we have any true control over, it’s how we see things. There’s a song about that here. The ‘our’ of ‘In Our Cathedral’ is the collective ‘our’ – all of us.”
“The Deconstruction” bietet wieder so viele tolle Momente auf, dass es nicht groß ins Gewicht fällt, wenn mit “Sweet Scorched Earth” auch mal ein langweiligeres Stück zu finden ist. Selbst dieses aber besitzt noch seinen Reiz in einem natürlich nicht handelsüblichen, liebesschwangeren Text.
“The world is going nuts. But if you look for it, there is still great beauty to be found.” E bringt es auf den Punkt, im Text zur Scheibe und auch in deren Stücken, inhaltlich wie musikalisch. Ein weiteres, starkes Album einer der herausragenden Bands der letzten 25 Jahre.
Hier sind die Eels live zu sehen – Tickets gibt es z.B. hier bei Eventim (Partnerlink):
17.06. Mannheim – Maifeld Derby Festival
25.06. München – Tonhalle
26.06. Köln – E-Werk
28.06. Berlin – Tempodrom
29.06. Hamburg – Mehr!-Theater
www.eelstheband.com
facebook.com/THEEELS