Herren
Neue Deutsche Herrlichkeit
(CD, Laute Helden, 2017)
Oh Mann. Hubert Kah war einst ein wirklich sehr anständiger Pop-Sänger, der zu Hochzeiten der Neuen Deutschen Welle mit “Rosemarie” und “Sternenhimmel” zwei Ohrwürmer lieferte, dann ins Michael-Cretu-Universum flog und mit diesem dann noch die Hits “Engel 07” und “Wenn der Mond die Sonne berührt” nachlegte, bevor englischsprachige Nummern nicht mehr den gewohnten Erfolg brachten. Es wurde ruhig um Hubert Kah und diverse Comeback-Versuche im Laufe der nachfolgenden Jahrzehnte scheiterten. Erst ein Auftritt in der TV-Show “Promi Big Brother” brachte ihn, der hier 2014 durch extravagante Verrücktheit polarisierte und dann auch seine privaten Depressionen öffentlich machte, zurück ins Interesse des Volks – zumindest des Teils, der sich solche Shows anschaut und/oder Regenbogen-Presse konsumiert.
Als die Dessauer Metal-Band Herren im Juni 2017 verkündete, dass Hubert Kemmler, wie Kah bürgerlich heißt, ihr neuer Frontmann sei, da war man überrascht, und irgendwie auch nicht, denn hier kamen offen ersichtlich zwei Interessen zusammen. Kemmler will zurück ins Rampenlicht, und dahin möchte Herren auch – nur nicht zurück. Der angestammte Sänger Christian Reichel war aus gesundheitlichen Gründen ausgestiegen, und nachdem 2016 mal Martin Soer (Stahlmann) am Mikrofon aushalf, singt nun also Hubert Kah.
Musikalisch und optisch hat sich hierdurch nichts geändert – Herren klingen mit harten Riffs, donnernden Drums und ihrem Gesangsstil wie Rammstein, die beiden R im Bandnamen-Logo sind auch ähnlich stilisiert – nur wird das Ganze durch einen ehemaligen NDW-Popper am Mikro natürlich nicht zwingend glaubhafter. “Ich habe immer davon geträumt, mit einer Band auf der Bühne zu stehen, bei der das Publikum schon durch den Rhythmus animiert wird”, erklärt Hubert seine Entscheidung. “Man steht einfach da, genießt die Situation und lässt die Sau raus!”
Dem Albumtitel entsprechend strebt man zusammen nun also die “Neue Deutsche Herrlichkeit” an – was auch immer das sein mag. Etwas mehr Provokation muss da natürlich noch her, und so gibt sich Kah im Video zu “Liebessachen” auch größte Mühe, manisch zu wirken – dazu noch zwei knutschende Mädels und ein gewollt provozierender Text, das muss doch irgendwie ziehen. Muss es? Nein. Das ganze Album klingt nach einem dürftigen, inhaltlich armen Rammstein-Plagiat, welches man halt einfach nicht braucht, weil das Original so hervorragend und einzigartig ist. Und wenn Herren dann bei “Seelenräuber” auch noch Ideen von Oomph! klauen, dann schlägt man schon die Hände vor dem Kopf zusammen, oder besser vor den Ohren. Einzig ideenreich kommt da irgendwie “Einmal nach Amerika” daher, wo die Refrain-Melodie aus Hubert Kahs “Einmal nur mit Erika” ins Metal-Metier transportiert wird. 44 Minuten, die man nicht braucht.
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