Jazzkantine
“Mit Pauken und Trompeten”
(CD, Rap Nation Records, 2019)
25 Jahre ist es her, dass ein musikalisches Kollektiv in Braunschweig unter dem Namen Jazzkantine an den Start ging, um die deutsche Musiklandschaft zu bereichern. Inspiriert von Quincy Jones’ legendärem “Back on the Block”-Album, das eine Vielzahl prominenter Musiker verschiedener Musikrichtungen versammelte und fusionierte, hat die Jazzkantine ihren ganz eigenen Sound erschaffen. “Ich bin geprägt von meinem Vater, der ein großer Jazz-Fan war. Für mich stellte sich 1994 die Frage: Bekommt man so etwas auch mit deutschen Jazzern und Rappern hin? Und das hat gut funktioniert”, erinnert sich Christian Eitner, Bandleader, Bassist und Produzent, an die Anfänge der Formation.
Geplant war zunächst nur eine Compilation mit Gastmusikern und kleiner Band, doch plötzlich lagen Angebote von drei Major Labels vor, die schnell fragten ob das auch auf Tour gehen kann. So nahm die Geschichte ihren Lauf. Das selbstbetitelte Debüt schaffte es bis auf Platz 62 der deutschen Charts, verkaufte über 100.000 Exemplare und gewann zudem einen German Jazz Award, später auch den Echo. Auch ohne Hitsingles, aber mit zwölf Alben und unermüdlicher Livepräsenz erspielte sich das vielfältige Langzeitprojekt vor allem in deutschsprachigen Ländern über die Jahre einen guten Namen.
“Wir waren ein Teil derer, die den traditionellen Jazz entstaubt haben”, erklärt Eitner. Mit 15 Musikern ging es damals im doppelstöckigen Nightliner auf die erste Tour. Eine musikalische ‘Klassenfahrt’ – natürlich mit allen exzessiven Begleiterscheinungen. “Wir waren und sind die Rock’n’Roll-lastigste Jazz-Band” meint Frontmann Cappu. Die Jazzkantine hat bis dato um die 1.500 Konzerte gespielt – hierbei unzählige Gigs in kleinen schmuddeligen Clubs, aber auch in piekfeinen Theatern und in riesigen Arenen.
Zum 25-jährigem Jubiläum erscheint nun das neue Album “Mit Pauken und Trompeten”, und die 15 Tracks auf 58 Minuten sind Jazzkantine pur, bereiten wieder jede Menge Freude und bieten tolle Musik. Nach einem kurzen Intro arbeitet die Band ihre eigene Geschichte auf, wenn sie in den paar Minuten der Single “Eine Ehre” ihre Story erzählt und sich dabei vor allem bei den Weggenossen bedankt. “Hey, hey an alle Wegbereiter, an alle Mitstreiter, hey, hey, die Show geht weiter, es war uns eine Ehre und so soll es immer sein”, rappen Cappuccino und Tachi im chilligen Ohrwurm.
Mit “Lass sie doch” hält die Jazzkantine dann allen Eltern den Spiegel vor, die ihren Kindern durch zu viele Verbote das Toben und Spielen verderben und die ihren eigenen Ehrgeiz im Hobby der Kleinen umgesetzt sehen wollen. Als Helikopter-Elternteil, Übermutter oder Bulldozer-Papa hört man hier etwas beschämt zu, wippt dank des packenden Grooves der starken Nummer aber mit Sicherheit trotzdem mit.
Eine weitere potentielle Single ist das mitreißende “Tanz, Baby” mit seinem Dancefloor-Jazz und seinen Latino-Anleihen, und auch textlich wird man hier in beste Laune und Partystimmung versetzt. Während die drei genannten Songs HipHop und Jazz relativ gleichberechtigt fusionieren, gibt es auf der Scheibe aber auch einige reine Jazznummern. Hier sind instrumentale Stücke wie “Jordu”, “Die wollen nur spielen” oder “Cloud Nine” zu nennen, aber auch eine Nummer wie das mächtig entspannte “Irgendwo” über unerwartete, aber willkommene Gedankenablenkung während einer Bahnfahrt liegt klar im Jazz.
Textlich geht es wieder sehr breit gefächert zu. Das schwungvolle “Information” kritisiert den heutigen Online-Wahn, “Adrenalin” thematisiert schnelle Gereiztheit, und “Augenblick” widmet sich ruhig der Entschleunigung. Mit der sanften, sphärischen Ballade “Wichtig” und dem entspannten “Lass mich” bleibt auch die Liebe nicht außen vor, und das chillige “Die Zeit bleibt stehen” wirkt mit seiner Poesie wie ein verträumtes Gedicht aus alten Tagen.
Die Jazzkantine wäre nicht selbige, wenn sie nicht auch hochklassige Gäste mit am Start hätte. So sind Posaunist Nils Wogram und Simon Oslender an der Hammond-Orgel ebenso dabei wie De-Phazz-Frontfrau Pat Appleton, RnB-Sänger Albert N´Sanda und Johnny Strange von Culcha Candela. Ein überzeugendes Album einer Formation, die auch nach 25 Jahren noch mächtig Freude bereitet und aus der deutschen Musiklandschaft nicht mehr wegzudenken ist.
Mitte Oktober startet die “25 Jahre Jazzkantine”–Tour – Tickets gibt es z.B. hier bei Eventim (Partnerlink).
19.10.2019 – Brilon, Jazznacht
20.10.2019 – Kassel, Theaterstübchen
23.10.2019 – Braunschweig, Westand (ausverkauft)
24.10.2019 – Berlin, frannz
25.10.2019 – Hamburg, Fabrik
26.10.2019 – Minden, Jazzclub
27.10.2019 – Würzburg, Jazzfestival
28.10.2019 – Aschaffenburg, Colos-Saal
29.10.2019 – Osnabrück, Lagerhalle
01.11.2019 – Freiburg, Jazzhaus
02.11.2019 – Stuttgart, BIX (ausverkauft)
www.jazzkantine.de
facebook.com/jazzkantine
Bewertung: 8 von 10 Punkten
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