Marteria
“5. Dimension”
(CD, Four Music, 2021)
Marteria hat es geschafft. Nachdem der Rostocker Rapper mit seinem zweiten Album “Zum Glück in die Zukunft” 2010 erstmals in die deutschen Top Ten einzog, eroberte er mit dem Nachfolger “Zum Glück in die Zukunft II” 2014 Platz 1 der Charts, und “Roswell” verkaufte sich 2017 mit Rang 2 und 30 Wochen in der Liste auch nicht viel dürftiger. Nebenbei erreichte er mit seinen als grüner, haschaffiner und stimmlich hochgepitchter Alien Marsimoto veröffentlichten Longplayern “Grüner Samt” (2012), “Ring der Nebelungen” (2015) und “Verde” (2018) jeweils auch noch Rang 3, und im September 2018 trat er vor 32.000 Fans als erster Rapper Deutschlands in einem ausverkauften Fußballstadion auf, seinem heimischen Ostseestadion.
Die letzte Dekade war für Marten Laciny, wie er bürgerlich heißt, also von massiven Erfolgen geprägt. Das Leben als Musikstar hat aber auch ihn zwischenzeitlich geschafft, als er 2015 mit Nierenversagen in ein Krankenhaus eingeliefert wurde, weil er zu lange nichts getrunken und seinen Körper in den Jahren zuvor mit Alkohol und anderen Rauschmitteln gesundheitlich auch nicht geschont hatte. Nun veröffentlicht Marteria sein neues Album “5. Dimension”, und dieses beschäftigt sich mit durchzechten Partynächten und ihren Folgen, wozu das Coverbild mit lädiertem Gesicht bestens passt.
Auf den 42 Minuten des Albums findet man zwölf Tracks, und im März bereits ließ die erste Vorab-Single “Niemand bringt Marten um” erahnen, dass der Rapper sich diesmal klanglich etwas anders präsentieren würde, weit elektronischer, poppiger und rave-lastiger als gewohnt. Der sanft melancholische und schwer eingängige Electro-Bouncer ging gut ins Ohr, und inhaltlich reflektiert Marteria seine Vergangenheit und sein persönliches 2020, aber auch die Themen, die uns alle beschäftigt haben: das Virus, die Polarisierung, Widerstände und Weitermachen mit optimistischer Hoffnung. Im Video zum Song fand sich Marteria mit Feine Sahne Fischfilet-Sänger Monchi nach durchzechter Nacht auf hoher See wieder.
Ende April untermauerte “Paradise Delay” als zweiter Vorbote die Annahme, dass Marterias neue Songs zwar weiter im HipHop liegen, aber weit synthielastiger angerichtet sind, allerdings ohne an Reiz zu verlieren. “303 und 808 rufen zum Gebet – mein Gott drückt wieder mal auf Play. Kann jetzt noch nicht gehen, bleib für immer hier, häng fest im Paradise Delay!” Getragen hypnotisch und erneut schwer eingängig setzte sich Marteria hiermit im Gehörgang fest, untermauert mit Beats von DJ Koze und produziert von ihm und The Krauts.
Die Scheibe ist auch ein Resultat der Lockdowns. Eigentlich sollte 2020 für Marten ein von Reisen und Erholung geprägtes Jahr werden – und dann kam die Pandemie. Auf Barbados gelandet begann er, wieder Musik zu machen, ballerte Skizzen in die Handy-App Voloco, tauschte Beats und Ideen mit DJ Koze und dem der Berliner Elektronik-Institution Siriusmo aus, hing mit seinen langjährigen Produzenten The Krauts in Zoom-Calls.
Marteria wollte eine Platte machen, die von der Nacht erzählt und das Feiern feiert. “5. Dimension” tut dies, auch mit dem gut abgroovenden, treibenden “Love, Peace & Happiness” feat. ÄTNA & Yasha. Die Scheibe bietet aber auch kritische Nebentöne auf. Im weich dahin fließenden und gleichzeitig tanzbaren “Loft & Liebe” mit Miss Platnum ist eine völlig fertige Sprachnachricht von Angelkumpel Stephan “Hacki” Hackbarth zu hören, wo er völlig verkatert berichtet, wie fertig er sei.
In “Traffic” geht es darum, sich nicht gegen den fortschreitenden Rausch wehren zu können, und der “Zug der Erkenntnis” läuft dann zwar lang erseht im nächsten Track ein, aber selbige führt nicht immer zur Verhaltensänderung, das kennt man ja selbst. Und dann gibt es vielleicht doch die nächste Party mit Dummheiten, die erst um bzw. mit “6:30 (Good Night)” endet – so wie auch diese Scheibe.
Um die Verlockungen der Nacht ging es auch in der dritten Single “Marilyn”. Groovy und entspannt geht es hier zu, basierend auf dem Track “Important Movie Scene” von Siriusmo, der seinen leisen Underground-Klassiker gemeinsam mit Marteria und dessen langjährigen Weggefährten The Krauts in einen eingängigen Elektro-Rap-Popsong verwandelt.
Vordergründig handelt die Nummer zwar von der Frau der Träume und der Liebe, die Figur steht aber auch für all die reizvollen Dinge in der Welt, von denen man nicht die Finger lassen kann und will. Und so tut dann manchmal einfach alles weh, wie im düsteren, tickenden “DMT” zu hören ist.
Sehr entspannt und warm wird es hingegen, wenn Marten sich als “Strandkind” auf zur Brandung macht, um am Meer abzuchillen, während “Neonwest” sich danach an die Zeit in Berlin erinnert, als die Großstadt zunächst so wunderbar und aufregend wirkte. “Interstellar” feat. Yasha bietet Breakbeats, weichen Bass und Synthie-Flächen, erzählt hierbei vom Aufpassen, dass jemand anderes nicht zu viel Party macht.
Ein interessantes Album von Marteria, der hier mal eine klanglich doch andere Facette von sich offenbart und hiermit glücklich ist: “Jeder Song ist etwas ganz Besonderes für mich. Es ist, als hätte ich mich selbst wieder gefunden. So will ich mich hören, und so soll ich in Erinnerung bleiben. Liebe.” Hier übrigens noch der neueste Clip, der Teile von “Zug der Erkenntnis”, “Traffic” und “Neon West” aufbietet.
2022 ist Marteria dann auch wieder live zu sehen. Hier die Termine – Tickets gibt es z.B. hier bei Eventim (Partnerlink):
29.05.2022: Rostock – Stadthalle
16.07.2022: Hamburg – Open Air am Volkspark
26.08.2022: Berlin – Waldbühne
29.11.2022: A-Wien – Stadthalle
01.12.2022: München – Olympiahalle
02.12.2022: Trier – Arena
04.12.2022: Kempten – Bigbox Allgäu
05.12.2022: Frankfurt am Main – Festhalle
12.12.2022: Leipzig – Quarterback Immobilien Arena
13.12.2022: Stuttgart – Schleyer-Halle
15.12.2022: CH-Zürich – Hallenstadion
17.12.2022: Köln – Lanxess Arena
18.12.2022: Münster – Halle Münsterland
20.12.2022: Bremen – ÖVB-Arena
www.marteria.com
facebook.com/marteria.official
Bewertung: 8 von 10 Punkten
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