Matthias Schweighöfer
“Hobby”
(CD, Airforce1 Records, 2020)
Mit den 45 Minuten von “Hobby” veröffentlicht Schauspieler Matthias Schweighöfer drei Jahre nach seinem Top-5-Debüt “Lachen Weinen Tanzen” sein zweites Album. Im äußerst persönlichen Opener “Anfang” erklärt er sich mit “Jeder, der mich nicht kennt, fragt: ‘Wieso muss er übertreiben, statt einfach nur beim Film zu bleiben? Ey, Schuster bleib bei deinen Leisten!’ Bin mein Leben lang was nachgejagt, aber glücklich hat’s mich nicht gemacht. Frag die Menschen, die mich lieben und mir nah sind – hey, die wissen das.” oder später auch “Nimm mir nicht die Musik, sie ist meine Therapie, deshalb entflieh ich in Wort und Melodie” bis hin zu “Wenn du’s nicht magst, dann mach doch aus” oder “Nenn mich Kopie von der Kopie, hey, ich scheiß auf deren Meinung.”
Das authentischste Lied stellt er somit dem Titel entsprechend an den Anfang, und mit diesem weiß er wirklich zu berühren, wenn er auch über seine Ängste spricht, ob nun vor dem Zahnarzt oder dem Vatersein. Schweighöfer erklärt die Musik als sein Ventil, welches man ihm doch bitte nicht nehmen soll, versäumt in der Folge dann aber, Glaubwürdigkeit zu erzeugen. Hätte er nur reduziertere Lieder wie “Sonnenberg”, “Motten”, “Türkis”, “Du fehlst”, “Ins Licht”, “Zeit” oder “Ende” geboten – und ja, das ist die Mehrheit – dann wäre diese Scheibe vermutlich weit besser in Erinnerung geblieben, trotz stimmlicher Defizite, ist Schweighöfer doch definitiv ein besserer Schauspieler als Sänger.
Der Fehler aber, den man Matthias Schweighöfer durchaus vorwerfen darf, ist das Aufklappen eines stilistischen Bauchladens zu Beginn des Albums. Mit “BEEM” haut er einem einen groovigen, eher fett produzierten Soul-Pop-Song mit Chören um die Ohren, mit der Single “Lauf” einen recht austauschbaren Pop-Song, den von Bosse bis zu Mark Forster wohl viele hätten singen können.
Eher negativ stößt das Stück “Melodie” auf, bei dem Schweighöfer mit dürftigen Trap-Anleihen und viel zu viel Autotune-Effekt zu einer Nummer singt bzw. spricht, die kaum weniger Melodie haben könnte. Das kratzt an der Glaubwürdigkeit seiner Musik, und diese wünscht er sich doch so sehr.
Ähnlich fühlt man sich später bei “Ping Pong”. Nachdem sich Schweighöfer zunächst zu Piano größte Mühe gibt, einen emotional zu packen, und ihm dies mit relativ kitschigen Streichern dazu auch fast gelingt, folgt ein klanglich progressives Ende, welches man dem Song nicht abnimmt und welches dem Album nicht zugute kommt. Das anknüpfende “Eifersucht” nimmt den Ball auf und drischt ihn amtlich neben das Gehäuse – Schweighöfer als harter Rapper … nee!
Zwei Dinge muss man Matthias Schweighöfer bescheinigen – er gaukelt einem nichts vor, denn er hat an jedem Song mitgeschrieben, und er bleibt sympathisch und man fühlt sich schon fast schlecht, wenn man dem Album nur Mittelmaß bescheinigen kann. Als Hobby geht das Ganze sicher locker durch, aber sowohl gesanglich wie auch textlich, wo es in der Vielzahl an Liedern zumeist über die Liebe eher simpel zugeht, sind doch klare Grenzen erkennbar. Und dann ist es eben doch schade, dass Schweighöfer durch seine schauspielerische Bekanntheit mit der Musik eine weit größere Masse erreichen wird als musikalisch weit wertvolle Veröffentlichungen dieser Tage von Künstler*innen wie Ada Morghe (lies unsere Rezension hier) oder Alin Coen (lies unsere Rezension hier). Das aber kann man ihm nicht vorwerfen, ebenso wenig wie die Tatsache, dass er seinem Hobby nachgeht und Musik macht.
facebook.com/matthias.schweighoefer
Bewertung: 5 von 10 Punkten
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