Per Gessle
“Small Town Talk”
(CD, BMG Rights Management, 2018)
Auch wenn Per Gessle schon um die zehn Soloalben veröffentlicht hat, kennt man ihn vor allem als Hälfte des Ende der 80er- und zu Beginn der 90er-Jahre äußerst erfolgreichen Duos Roxette. Nachdem Sängerin Marie Fredriksson im Frühjahr 2016 bekannt gab, sich aus gesundheitlichen Gründen zurück ziehen zu müssen, führte dies automatisch dazu, dass sich Gessle wieder seiner Solokarriere widmete.
Mit “Small Town Talk” legt der Schwede nun ein Album vor, dem man in jeder Rille – wenn es Vinyl wäre – anhört, dass es in Nashville aufgenommen wurde. Folgerichtig hören wir Country-Musik und nicht wie früher so oft auf Bombast gebürsteten Power-Pop mit rockigen Elementen. Ein reines Folk-Album ist allerdings nicht entstanden, einige der Stücke wie beispielsweise die Vorab-Single “The Finest Price” oder das im Gegensatz zum Rest zu unorganisch klingende “Name You Beautiful” besitzen schon noch unüberhörbaren Einschlag von Mainstream-Pop, und beim ruhigen, sphärischen “It Came Too Fast” kommt Gessle leicht düster daher, was aber weit mehr gefällt.
Die 13 Songs auf 52 Minuten hat Gessle mit einer Mischung aus schwedischen und amerikanischen Musikern eingespielt. Als die Arbeiten in den Blackbird Studios im Herbst 2016 begannen, da war noch ein Schwedisch-sprachiger Longplayer geplant – und es entstanden sogar zwei, “En Vacker Natt” und “En Vacker Dag”, beide letztes Jahr veröffentlicht.
Gut, wenn man schon mal in Nashville ist, dann kann man natürlich das Ganze auch gleich noch in einer international vermarktungsfähigen Variante einspielen, und so sind die besten Songs aus den zwei Alben nun auch in Englisch zu hören, zusammen mit einer Neuaufnahme von Roxettes “No One Makes It On Her Own” aus dem Jahr 2011 und zwei zusätzlichen Nummern.
Gessle erklärt: “Ich fühlte, dass ich etwas Input von außen brauchte, und Sharon Vaughan – ein Mitglied der Country Music Hall of Fame – war genau das, was ich suchte. Die Texte sind wirklich sehr wichtig, um nicht zu sagen zentral, für dieses Album. Es geht um Dinge, die wir alle durchmachen: das Vergehen des Lebens, unsere Hoffnungen, Träume und Enttäuschungen. Es ist die magische Verschmelzung von Wort und Musik, die dafür sorgt, dass ein Lied im Kopf und im Herzen des Hörers stecken bleibt. Es hört nie auf, mich zu verblüffen”.
Nicht nur bei der ersten Single singt Gessle zusammen mit Helena Josefsson, bei fünf Songs sind sie im Duett zu hören. Dies ist angenehm – nicht dass Pers Stimme missfällt, aber schon bei Roxette war er nicht umsonst weniger stimmlich aufgefallen. Auch wenn Gessle auch am Mikro seine Sache sehr solide macht, gesangliche Schönheit wie Josefsson oder auch Savannah Church (The Church Sisters) bei der tollen Ballade “Far Too Close” und Jessica S beim abschließend im Midtempo groovenden “Rudy & Me” weiß er nicht zu versprühen. Somit gewinnen viele der Stücke hier im Vergleich zu ihren schwedischen Originalen an Klasse.
Wo wir gerade bei den Gästen sind darf der Titeltrack nicht fehlen. Die starke Ballade singt Gessle zusammen mit einem seiner Idole und Hauptinspiratoren, dem Briten Nick Lowe, der dem Song mit seiner tollen Stimme besonderes Flair verleiht. Zum hohen Anteil an Kollaborationen erklärt Per: “Ich liebe Duette, und dieses Album hat acht Duette von dreizehn Songs. Es bietet einen neuen Blickwinkel zum Schreiben von Texten und eröffnet spannende Arrangements.”
Insgesamt eine Scheibe, die sich abgesehen vom enttäuschenden Plätscher-Popper “Name You Beautiful” gut anhören lässt, auch wenn die Musik mit der Klasse des Coverfotos von Anton Corbijn nicht ganz mithalten kann – aber gerade die ruhigeren Stücke sind gut gelungen. Das Prinzip aber, Songs erst in Landessprache zu veröffentlichen und dann ein Jahr später noch einmal in englischen Varianten nachzuschieben und das Ganze wie ein Album mit brandneuen Songs zu vermarkten, erzeugt etwas Stirnrunzeln.
Unter dem Titel “Per Gessle’s Roxette” startet am 9. Oktober in Leipzig seine Europa-Tour durch zehn Länder. Die Daten bei uns – Tickets gibt es z.B. hier bei Eventim (Partnerlink):
09.10.2018 Leipzig, Haus Auensee
11.10.2018 Hamburg, Laeiszhalle
18.10.2018 A-Wien, Stadthalle F
22.10.2018 Berlin, Admiralspalast
23.10.2018 Köln, E-Werk
www.gessle.com
facebook.com/RealPerGessle
Bewertung: 7 von 10 Punkten
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