Robert Plant
Carry Fire
(CD, Nonesuch Records, 2017)
Robert Plant kennt man nicht nur als Frontmann der legendären Led Zeppelin von der Gründung im Jahr 1968 bis zur Auflösung 1980 – und auch beim einzigen Reunion-Konzert 2007 zu Ehren des verstorbenen Atlantic-Records-Gründers Ahmet Ertegün war er natürlich mit von der Partie und wohl auch das ausschlaggebende Element, warum es trotz Millionen-Offerten bei diesem einen Konzert blieb. Neben zwei Alben mit seinem Bandkumpel Jimmy Page als “Plant & Page” in den Jahren 1994 und 1998 veröffentlicht Robert Plant seit 1982 Solo-Scheiben, mit denen er sich regelmäßig in den USA und in Großbritannien recht gut in den Charts platziert, wenn auch selten ganz vorne.
Nachdem sein Solo-Debüt “Pictures At Eleven” 1982 in USA wie auch UK die Top 5 erreichte, gelang ihm dies erst wieder 2007 mit der Scheibe “Raising Sand”, die er zusammen mit Alison Krauss eingespielt hatte und mit der sie nicht nur Platz 2 in USA und UK erklommen, sondern auch fünf Grammys mit nach Hause nahmen. Beflügelt hiervon erreichte das 2010er-Album “Band Of Joy” Platz 3 in UK und Platz 5 in den USA, und auch das 2014 veröffentlichte “Lullaby And … The Ceaseless Roar” verkaufte sich mit Platz 2 in UK und Platz 10 in den USA gut.
Mit den 50 Minuten seines neuen Albums “Carry Fire” bestätigt Robert Plant, dass er auch im fortgeschrittenen Alter – welches er auf dem wie ein Gemälde eines alten Meisters wirkenden Cover auch nicht verleugnet – von inzwischen 69 Jahren musikalisch noch nicht zum alten Eisen gehört. Der Brite hat im Westen Englands und in Wales elf neue Songs eingespielt, bei denen man meint, die Entspanntheit einer langen und erfolgreichen Karriere heraus hören zu können. Hier muss sich niemand mehr beweisen, hier kann Plant einfach das abliefern, worauf er gerade Lust hatte. Neben seiner Band The Sensational Space Shifters hat Plant einige Gäste ins Studio eingeladen, und so hört man Chrissie Hynde (The Pretenders) als Duettpartnerin bei der blues-folkigen, kratzigen und im Verbund gut gefallenden Coverversion “Bluebirds Over The Mountain”, außerdem sind der albanische Cellist Redi Hasa und der Violinist Seth Lakeman bei je drei Songs mit von der Partie.
Auch wenn Plants immer noch gute Stimme im Fokus steht wurde hörbar viel Augenmerk auf abwechslunsgreiche und interessante Songstrukturen und Instrumentierungen gelegt, so dass die zumeist eher verhaltene, entspannte Rockmusik durch Elemente aus Weltmusik, aus Blues, Folk, Jazz und Klassik bereichert wird. Plant erklärt: “Es geht um den Willen. Ich habe Respekt vor meinem bisherigen Werk und mag es sehr gern, doch jedes Mal fühle ich den Drang und den Impuls, ein neues Werk zu schaffen. Ich muss das Alte mit Neuem verbinden. In der Konsequenz hat sich die Triebkraft der Band etwas in ihrer Achse gedreht, und der neue Sound und die geänderten Räumlichkeiten öffneten den Weg zu einer aufregenden und dramatischen Landschaft von Stimmungen, Melodie und Instrumentierung.”
Das vorab bereits veröffentlichte, hypnotisch im Midtempo voran schleichende “The May Queen” fungiert als Opener und gibt schon mal die Richtung des Albums vor. “New World…” kommt rockiger, aber hierbei immer noch chillig daher, hätte auch ein älterer Bowie-Song sein können, und kein schlechter. “Dance With You Tonight” ist ein düsteres, gegen Ende aber auch hoffnungsvolles Liebeslied. “Season’s Song” und das sphärische, nur akzentuiert instrumentierte “A Way With Words” sind ruhige, schöne Nummern, bei denen Plants hier sehr sanfte Stimme noch mehr im Mittelpunkt steht. Mit dem bluesigen, zur Abwechslung mal kratzigeren “Carving Up The World Again … A Wall And Not A Fence” schickt Plant einen politischen Gruß in Richtung Trump und aller Isolierer dieser Welt, und mit “Bones Of Saints” gibt es auch eine eindeutige Rocknummer, die aber nicht brettert, sondern sich gut ins Gesamtbild einpasst.
Der Titelsong “Carry Fire” besticht mit Weltmusik-Klängen, hier wird afrikanisch-arabischer Raï mit entspanntem Rock und hinten raus auch Violine zu einem psychedelischen Betörer, der vielleicht das Highlight einer Scheibe ist, aus der man eigentlich keinen Song heraus heben möchte, weil alle gefallen. “Keep It Hid” ist mit seinen Elektro-Licks und seinen jazzigen, soften Beats das experimentellste Stück. Mit dem wundervollen, von chilligem Bar-Jazz beeinflusstem “Heaven Sent” bietet Plant dann einen grandiosen Abschluss und unterstreicht die Klasse dieser abwechslungsreichen, beeindruckenden Scheibe.
Hier noch ein Liveauftritt in der Sendung von Jools Holland im englischen BBC-Fernsehen, wo Plant gemeinsam mit seiner Band The Sensational Space Shifters neben “Bones Of Saints” auch “New World…” spielte:
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