Home MusikCD-Rezensionen The The um Mastermind Matt Johnson melden sich nach 24 Jahren mit einem guten, erneut Stile fusionierenden Album zurück

The The um Mastermind Matt Johnson melden sich nach 24 Jahren mit einem guten, erneut Stile fusionierenden Album zurück

Autor: Tobi

The The "Ensoulment"

The The

“Ensoulment”

(CD, Cinéola, 2024)

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Nach langen 24 Jahren melden sich The The um Mastermind Matt Johnson mit dem neuen Album “Ensoulment” zurück. 24 Jahre? Eigentlich sah es im Jahr 2000 nicht danach aus, als würde der 1961 in London geborenen Ausnahmemusiker planen, die Bandgeschichte auf Eis zu legen. Damals hatten The The nach Albumerfolgen mit “Infected” (1986), “Mind Bomb” (1989) und “Dusk” (1993) sowie gut bekannten Singles wie “This Is the Day” (im Remix als “That Was The Day” als Teil einer EP noch erfolgreicher), “Heartland” oder “The Beat(en) Generation” nach sieben Jahren mit “NakedSelf” gerade wieder ein neues Album mit eigenen Songs veröffentlicht und spielten ausverkaufte Konzerte.

Matt erklärte 2000 nach Gründung seines eigenen Labels Lazarus in unserem Interview zu “NakedSelf” (hier zu lesen), dass er hier das von seinem Ex-Label Epic abgelehnte Album “Gun Sluts” ebenso veröffentlichen werde wie die frühen, nicht erschienenen “The Pornography Of Despair” und “Spirits”, zudem die “Interpretations Issue One – ShrunkenMan”-EP mit anderen Künstlern. “Davon machen wir eine ganze Serie und ein Album, auf Lazarus. Wir haben damit gerade erst begonnen”, erklärte Johnson und hatte viel vor.

The The - Matt Johnson (© Gerald Jenkins)

Matt Johnson (© Gerald Jenkins)

Die “Interpretations”-EP erschien noch, aber dann wurde es ruhig um The The und zumeist auch um Matt, der sich fortan Soundtracks widmete, zu “Tony” (2010), “Moonbug” (2012) und “Hyena” (2015), ein weiterer folgte zu “Muscle” (2020). 2017 erschien zum Record Store Day überraschend die neue The-The-Single “We Can’t Stop What’s Coming”, und 2018 traten The The dann sogar wieder live auf. Zunächst waren nur zwei Gigs geplant, es wurden dann auf Grund des immensen Interesses einige mehr, und das Konzert aus der Londoner Royal Albert Hall wurde dann später 2021 als Livealbum “The Comeback Special” veröffentlicht.

Vielleicht ist es also nicht mehr ganz so überraschend, dass nun mit “Ensoulment” – man kann sich das Wort endlich nicht verkneifen – ein neuer Longplayer von The The vorliegt, als limitierte CD im Hardcover Mediabook, als CD im Jewelcase, als schwarze Doppel-Vinyl-LP im Gatefold Cover und als limitierte Crystal Clear 2LP im Gatefold Cover sowie digital … und weitere exklusive Formate gibt es im offiziellen Album Store.

Mit dem bedrohlich ins Ohr schleichenden “Cognitive Dissident” boten The The im Mai einen ersten Vorgeschmack auf die zwölf neuen Tracks, die nun auf 46 Minuten vorliegen – und der Song wurde auch als Opener auserkoren. Inhaltlich deckt Johnson mal wieder eine amtliche Bandbreite ab, von gesellschaftskritischen und politischen Themen über Krieg, Leben und Tod bis hin zur Liebe, auch körperlich.

Wenn es nicht musikalisch auch abwechslungsreich zugehen würde, dann hätte es alte Fans schon sehr gewundert – aber es ist wieder so. Das folgende, als dritte Auskopplung gewählte “Some Days I Drink My Coffee By The Grave Of William Blake” kommt gemütlich groovend als sanfte, im Hintergrund mit Geige bereicherte Blues-Rock-Nummer daher, die der englische Dichter, der sich für Menschenrechte einsetzte, sicherlich auch gerne gehört hätte.

Johnson hat die Songs der Scheibe im Studio Cinéola in London geschrieben und vorbereitet, dann in Proben weiter verfeinert, bevor sie in einer sechstägigen Session in Peter Gabriels Real World Studios aufgenommen wurde. Johnson, der ja seine BegleitmusikerInnen immer wieder mal austauschte, hat das Album mit James Eller am Bass, DC Collard an den Keyboards und Earl Harvin am Schlagzeug aufgenommen und somit mit Jungs, mit denen er bereits früher über einige Jahre zusammen hatte, wenn auch nicht immer gleichzeitig. Hinzu kam Barrie Cadogan, der seit dem Comeback an der Leadgitarre dabei ist, und als Gäste waren Gillian Glover (Backing Vocals), Terry Edwards (Bläser), Sonya Cullingford (Geige) und Danny Cummings (Percussion) im Studio. “Ensoulment” bedeutet zudem eine erneute Zusammenarbeit mit dem Co-Produzenten und Toningenieur Warne Livesey, der schon an “Infected” und “Mind Bomb” mitgewirkt hat.

Bluesig geht es auch beim mit tiefem Bass voran kriechenden “Zen & The Art Of Dating”, beim warm einlullenden “Kissing The Ring Of POTUS”, beim klavierlastigen, mal ruhig, mal augeraut erzählerischen “Down By The Frozen River”, beim groovigen “Risin’ Above The Need” und beim minimalistischer angelegten “I Hope You Remember (the things I can’t forget)” zu.

Johnson fusioniert wieder gekonnt Stile, lässt oft auch Soul, Rock und Pop mit einfließen, wie beim schönen abschließenden “A Rainy Day In May”, beim mal getragenen, mal mit Bläsern energischeren “Life After Life”, bei der schönen Ballade “I Want To Wake Up With You” oder dem ebenso feinen, nachdenklichen “Where Do We Go When We Die?”. Diese Songs lassen sich allesamt bestens anhören und kommen gut ausproduziert daher, und Johnson singt facettenreich wie einst, zwischendurch auch immer wieder mal sprechend.

Dass gerade das pulsierend und leicht verstörend erzählende “Linoleum Smooth To The Stockinged Foot” als zweiter Vorbote ausgewählt wurde untermauert, dass The The nicht auf Single-Erfolge aus sind. Im Song, den Matt während eines Krankenhausaufenthalts schrieb, als er sich unter Morphium-Einfluss von einer lebensrettenden Operation erholte, versucht er, eine halluzinogene, surreale Erfahrung zu vertonen.

“Ensoulment” ist – wenn auch nach so langer Pause – das nächste sehr interessante und gut gemachte Album eines musikalischen Masterminds und seiner Mitstreiter, und hoffentlich nicht nur eine temporäre Rückkehr von The The.

Hier sind sie im Rahmen ihrer Welttournee live bei uns zu erleben:

17.09.24 Berlin – Huxleys
18.09.24 Köln – Carlswerk Victoria

www.thethe.com
facebook.com/officialthethe
instagram.com/officialthe_the

Bewertung: 8 von 10 Punkten

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