Wilco
“Ode To Joy”
(CD, dBpm Records, 2019)
Mehr als drei Jahre mussten die Fans von Wilco nach ihrem letzten Album “Schmilco” auf einen neuen Longplayer warten. Die Zeit verkürzte Frontmann Jeff Tweedy zwar mit den Soloalben “Together At Last” (2017) und “Warm” (2018, lies unsere Rezension hier) sowie dem Erscheinen seiner Autobiografie “Let’s Go (So We Can Get Back): A Memoir of Recording and Discording with Wilco Etc.”, nun aber wurde es auch wieder Zeit für neue Songs der Band.
Einen kleinen Vorgeschmack auf die neue Scheibe lieferte die Band aus Chicago bereits bei ihren drei Konzerten in Deutschland, die im September und somit noch vor Veröffentlichung des Albums gespielt wurden (lies unseren Konzertbericht aus Köln).
Da ist es nun also, das elfte Album “Ode To Joy”, mit elf Tracks auf 43 Minuten. Zwei der Stücke wurden ja bereits vorab veröffentlicht, und natürlich ist die schöne, gemütliche Folk-Nummer “Love Is Everywhere (Beware)” als erste Single ebenso auf dem Album zu finden wie das trockenere, flottere, durchaus fröhlich angerichtete und deutlich rockigere “Everyone Hides”.
Generell ist es ja so, dass Wilco in ihren Aufnahmen bei weitem nicht so progressiv daher kommen, wie die Jungs es live gerne mal zeigen, besonders in den Schlusspassagen ihrer Stücke. Diesmal liegt dies aber auch am Fokus auf reduziertere, getragenere Stücke mit klaren Songstrukturen. Drummer Glenn Kotche arbeitete mit Tweedy zum Beispiel lange an den Schlagzeugsounds und darf nur selten gewittern, und Gitarrist Nels Cline kann seine unbestrittene Klasse auch nicht oft so richtig zeigen. Das ist den Songs geschuldet und macht sie doch nicht automatisch schlechter.
Eröffnet wird das Album, das insgesamt dazu ermutigen soll, auch in den heutigen politisch düsteren Zeiten stets nach der Freude und dem Glück zu suchen und ihr einen festen Platz in seinem Leben zu schenken, im Kontrast zu den melodischen Singles vom sich bewusst eher mühselig voran schleppenden “Bright Leaves” und dem auch eher melancholisch gefärbten “Before Us” – eine reine Ode an die Freude ist die Scheibe also dann zunächst doch nicht, und Tweedys Stimme passt zwischen Lässigkeit, Sensibilität und Ausdrucksstärke natürlich wieder bestens.
Neben den Singles gibt es aber auch weitere positive Songs wie das feine “One And A Half Stars”, das eingängige “Hold Me Anyway” oder das ebenfalls leichter bekömmliche “White Wooden Cross”. “Quiet Amplifier” hingegen kommt mit rhythmisch gleichmäßigen, an einen Marsch erinnernden Drums, wie Wilco sie gerne immer wieder mal nutzen, etwas monotoner daher, aber nicht ohne Reiz, was auch für das sphärischer angerichtete und hier dann doch mal hinten raus wild rockige “We Were Lucky” oder das im Vergleich hierzu konstantere “Citizens” gilt. Als Abschluss gibt es dann mit “An Empty Corner” das ruhigste Stück der Scheibe.
Jeff Tweedy umschreibt das Ergebnis des Songwriting- und Aufnahmeprozesses als “really big, big folk songs, these monolithic, brutal structures that these delicate feelings are hung on”. Fans mögen vielleicht etwas brauchen, um sich mit allen Stücken anzufreunden, während einzelne direkt ihren Weg ins Ohr finden – aber je öfter man die Scheibe hört, umso besser gelingt dies.
wilcoworld.net
facebook.com/wilcohq
Bewertung: 7 von 10 Punkten
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