Berlin, 26. Januar. Aufgrund des Nieselregens und kalten Windes freue ich mich, als ich die Columbiahalle betrete, wobei ich gestehen muss, dass die heutigen Auftritte von Bush und Muse noch mehr Grund zur Freude geben. 19.40 Uhr, noch zwanzig Minuten bis zum überall verkündeten und gedruckten Konzertbeginn, und doch, Muse spielen bereits – so ein Scheiß! Vom mürrischen Einlasser erfahre ich, dass er keine Ahnung hat, wie lange der Gig schon läuft, er aber glaubt, das seien vielleicht fünf Minuten. Auch wenn ich dem Kerl nicht die Bohne vertraue, hoffe ich mal, dass er Recht hat. Der Saal ist noch nicht voll, vielleicht zur Hälfte, kein Wunder, normalerweise beginnen die Konzerte so gut wie nie vor der veranschlagten Zeit. Muse, die ich ja einen Monat zuvor an gleicher Stelle bereits als Support von Live gesehen habe, überzeugen mich wieder total mit ihrer zwar stark an Radiohead erinnernden, aber dann doch auch wieder eigenen Musik. Sänger Matthew springt zielsicher zwischen den Oktaven hin und her, dazu entlockt er seiner Gitarre die verschiedensten Töne, stellenweise auch über dem Kopf oder hinter dem Körper – mach mir den Hendrix, fehlt nur noch die Zunge! Da auch die Herren Bassist und Drummer sich keine Blöße geben, legen Muse eine starke Show auf das Parkett, und die Anwesenden danken es mit viel Bewegung und Applaus. Man merkt klar, dass Muse sich einen immer größer werdenden Bekanntheitsgrad erspielt haben, vor allem natürlich durch ihr großartiges “Muscle Museum”. Der bullige Kartenabreißer hatte übrigens anscheinend Recht, denn das, was ich sehe, muss schon das fast ganze Support-Showchen sein. Fazit: mal wieder überzeugend!
Nach einer nicht unbedingt kurzen Umbaupause folgen dann die Mannen, auf die der inzwischen proppevolle Saal wartet: Bush. Die Band um Sänger Gavin Rossdale gibt gleich richtig Gas und hat die Menge voll unter Kontrolle, ohne viel dafür tun zu müssen. Vor einer teilweise ins Auge stechenden, aber doch anständigen Lightshow spielen Bush die besten und bekanntesten Tracks aus ihren Alben, das Publikum hüpft auf und ab oder schwingt auf der Stelle die Hüften, was teilweise aufgrund der Sardinenbüchsen-Enge gar nicht so einfach ist. Natürlich fehlen die Hits wie das aktuell erfolgreiche “The Chemicals Between Us” oder das ältere “Glycerine” nicht, und bei einem Track wie “Mouth” erklingt dann auch mal ein wenig zusätzliche Elektronik. Während die restlichen Bandmitglieder eher unscheinbar bleiben, sonnt sich Gavin, seinen durchtrainierten Oberkörper längst freigelegt, in seiner Superstar-Rolle, die er aber nun einmal auch inne hat. Ob er Soft-Stagediving (meist von Ordnern dabei an den Beinen gehalten, damit er sich nicht zu weit von der Bühne entfernt) zelebriert, einmal am Rand der Halle auf der kleinen Tribüne zwischen den Fans Gitarre spielt oder einfach die Masse durch fordernde Handbewegungen zu akustischen oder sprungtechnischen Begeisterungsbekundungen bringt – er hat sie voll im Griff. Zum Schluss gibt es noch drei Tracks, darunter den größten Hit “Swallowed”, und die sowieso schon sehr gute Stimmung erreicht nun ihren Siedepunkt. Unzufrieden geht hier sicher niemand nach Hause.