Wenn eine Band es ohne einen Hit schafft, einige Locations ihrer Deutschland-Tour schnell “ausverkauft” melden zu lassen, dann hat sie sich bereits einen guten Ruf erarbeitet. Bei der aktuellen, auch durch sechs Clubs Deutschlands führenden Tour von Half Moon Run war dies der Fall – ob es das Luxor in Köln war oder das Lido in Berlin, schon lange im Voraus gab es keine Karten mehr. Dies lag zum einen sicher an überzeugenden Support-Gigs für Mumford & Sons vor zwei Jahren, zum anderen aber an einem hervorragenden Debütalbum “Dark Eyes”, welches 2012 erschien und sehr gute Kritiken verpasst bekam, auch wenn der kommerzielle Erfolg ausblieb. Zwischen alternativem Rock und Indie-Gitarrenpop hatte das Quartett aus Montreal starke Songs erschaffen, die abseits des Einheitsbreis Besonderheit brachten und einen in ihren Bann zogen.
Wir schreiben November 2015 – wie wir aus “Zurück in die Zukunft” wissen, hat diese inzwischen begonnen – hoffentlich auch für Half Moon Run, die mit einem erneut starken zweiten Album “Sun Leads Me On” auch etwas größere Verkaufszahlen verdient hätten. Das Luxor in Köln ist wie berichtet schon lange ausverkauft, an diesem milden Abend dementsprechend gut gefüllt, was dann ca. 500 Zuschauer und jede Menge Hitze auf engem Raum bedeutet. Egal, es soll sich lohnen…
Als Supportband haben die Kanadier aus ihrer Heimat Montreal The Franklin Electric mitgebracht. Diese entpuppen sich als weit mehr als gern genommene Aufwärmung – mit einigen Songs ihres Debüts “This Is How I Let You Down” und auch einigen neuen Stücken vom noch in Planung befindlichen zweiten Album wissen die vier Jungs um Frontmann Jon Matte voll zu überzeugen, bieten melodischen Indie-Pop-Rock, der stilistisch gar nicht mal weit entfernt von Half Moon Run angesiedelt ist. Gute Melodien, gut instrumentiert, guter Gesang – bodenständig und sympathisch kommen sie zudem daher – diese Jungs sollte man im Auge behalten!
Um 20.33 Uhr betraten Half Moon Run die Bühne und hatten das Publikum von der ersten Sekunde an auf ihrer Seite. Mit “Turn Your Love” und dem starken “I Can’t Figure Out What’s Going On” vom neuen Album wurde das Konzert eröffnet, die gut bei den Fans ankamen. Die folgenden “Nerve” und “Unofferable” vom Debüt zeigten dann aber schon, dass diese Scheibe den Fans im Saal noch besser bekannt ist, die Stimmung stieg noch an. In der Folge gab es dann eine bunte Mischung aus beiden Alben, mit schönen, melodischen Gitarrenpop-Tracks wie “Hands In The Garden”, balladesken Momenten wie bei “Sun Leads Me On” und “Need It” oder den nach hinten raus dann doch energischen “Everybody Wants” oder “The Debt”, oder auch flotteren, gut abrockenden Stücken wie “Call Me in the Afternoon” oder “She Wants to Know”. Musikalisch wussten Devon Portielje (Gesang, Gitarre, Percussion), Conner Molander (Gitarre, Keyboard, Gesang), Dylan Phillips (Drums, Keyboard, Gesang) und Isaac Symonds (Percussions, Mandoline, Keyboard, Gitarre, Gesang) hierbei voll zu überzeugen – sowohl an ihren Instrumenten, die ja ab und an auch mal wechselten, so dass Drummer Phillips plötzlich auch einen Bass auf dem Keyboard spielte oder Gitarrist Symonds plötzlich auch mal als zweiter Percussionist funigierte, als auch in puncto Spielfreude. Devon Portielje ist zudem ein guter Frontmann, der Präsenz und Stimme hat, den anderen Bandmitgliedern aber auch viel Raum gewährt. Das passte alles bestens, so dass ein hervorragendes Livekonzert geboten wurde, bei dem sich die Songs stark an den von den CDs bekannten Aufbau hielten, was aber ja nicht schlimm ist. Einen besonderen Moment gab es beim Folksong “Devil May Care”, als Portielje und Molander auf rein akustischen Saiteninstrumenten Nashville-Baratmosphäre aufkommen ließen, hier dann mal auf Hockern sitzend, während sonst die gesamte Bühne bewohnt wurde.
Nach einer Stunde wurde mit “Trust” der leider viel zu kurze, nur drei Songs umfassende Zugabenblock eröffnet. Hier wurde gut abgerockt, was man von der CD schon erahnen konnte, aber nochmal in einer ganz anderen Intensität, während “Full Circle” dann wieder eher chillig und sphärisch daher kam – diese Abwechslung ist es aber ja auch, die Half Moon Run zu einer Band weit über dem Durchschnitt macht. Abschließend gab es noch einen magischen Moment, wie man ihn nur wie guten Livekonzerten erleben kann, als Half Moon Run ihren Support The Franklin Electric auf die Bühne baten und zu acht eine wundervolle Version von Bob Dylans “I Shall Be Released” zum Besten gaben, damals durch The Band bekannt gemacht, heute von diesen beiden Bands als Einheit stimmungsvoll zelebriert, von den Fans gefeiert. Starkes Konzert einer großartigen Band!
_____________________
Links:
Website von Half Moon Run
Website von The Franklin Electric
Website des Luxor