Es gibt so einige Bands, die früher große Hits hatten, die man heute noch gerne hört, die man aber niemals live gesehen hat. Für mich waren Madness eine dieser Bands. In den 80er-Jahren brachten die sieben Jungs mit ihrer 2-Tone-Musik Stimmung auf jede Fete – “Our House” war natürlich der große Hit, den auch heute noch jeder kennt, aber bei weitem nicht der einzige. Das ganze Debütalbum “One Step Beyond” war eine Demonstration intelligenter, fröhlicher Ska-Musik, die in Bein, Magen und Kopf geht, einen einfach mitreißt. Es folgten weitere Alben und Hits, bis sich Madness 1986 auflösten – zu einer Zeit, wo ich gerade mal meine ersten Konzerte gesehen hatte, und dazu gehörten Madness eben nicht. Chance verpasst – aber nicht für immer, wie sich zeigen sollte. So ganz weg vom Fenster waren Madness nämlich auch fortan nie. 1988 schon veröffentlichten vier der Jungs ein Album, um sich gleich wieder zu trennen. 1992 spielte die Band zusammen zuerst zwei Songs bei einem Konzertabend in der Notre Dame Hall, dann sogar zwei komplette Open Air Konzerte im Finsbury Park. Vom Erfolg getragen gab es dann wieder mehrere Shows, und im Zweijahresabstand 1994, 1996 und 1998 auch immer wieder “Madstock” im Finsbury Park. 1999 erschien als Bestätigung eines schleichenden Comebacks der siebente Longplayer “Wonderful”, der zwar mit “Lovestruck” eine Top Ten Single in Großbritannien enthielt, ansonsten aber nicht an alte Klasse anknüpfen konnte. Seitdem tingeln die Mitglieder der Band zwischen eigenen Projekten und ab und an Madness-Konzerten hin und her. 2002 wurde die Bandgeschichte als Musical “Our House” in London uraufgeführt, mit großem Erfolg – coproduziert von Madness.
Wir schreiben das Jahr 2003. Madness gibt es noch, und ich sehe sie endlich live. Das einzige Deutschland-Konzert der Truppe des Jahres am 4. Juli auf dem Museumsplatz in Bonn ist die Gelegenheit. Ob es am Preis von 45 Euro für ein Ticket oder am wechselhaften Wetter liegt, dass es zwar gut gefüllt, aber nicht ausverkauft ist, darüber kann man nur spekulieren. Da sind sie also. Mit den ersten Tönen von “One Step Beyond” betreten Suggs (Gesang), Chas (Gesang und Trompete), Bedders (Bass), Chris Foreman (Gitarre), Lee Thompson (Saxophon), Mike Barson (Keyboards) und Woody (Drums) die Bühne, und die Stimmung ist sofort klasse. Natürlich sind sie älter geworden, aber einerseits ist die Musik der Briten einfach toll, andererseits haben sie auch noch sichtbar Spaß daran, live zu spielen. Suggs und Chas singen wie in besten Tagen, bewegen sich hierzu auch noch lange nicht hölzern, gehen aber auch auf das Publikum ein, während der Songs wie auch mit Scherzen zwischen den Stücken. Lee hat ebenfalls gute Laune und lässt diese spüren. Die Songauswahl ist ein live dargebotenes “Best Of” von Madness, mit “Prince”, “My Girl”, “Embarrassment”, “House Of Fun”, “Tomorrow’s Just Another Day” oder “Baggy Trousers”. Bei “Our House”, welches schon vor den Zugaben gespielt wird, singt die ohnehin schon gut abfeiernde Fangemeinde noch ein paar Dezibel lauter mit, und mit dem tollen “It Must Be Love” gehen Madness erstmals von der Bühne. Als Zugaben spielen sie “Madness” und zum nochmaligen Abhotten “Nightboat To Cairo”, dann sind sie nach nur 75 Minuten fertig. Klasse Konzert einer Band, die nach wie vor riesigen Spaß bereitet und die sehr sympathisch daher kommt. Das war’s? Nein! Wer 45 Euro für ein Konzert zahlt und Madness endlich mal wieder live sieht, der lässt sich so einfach dann doch nicht zum Nach-Hause-Gehen bewegen. Das Publikum bildet eine Geräuschwand aus Applaus, Schlachtrufen und Pfiffen auf, will mehr. Madness scheinen nicht sicher, ob sie mehr geben sollen doer nicht – jedenfalls dauert es gut 15 Minuten, bis die sieben Jungs noch einmal auf die Bühne kommen und angefangen mit dem heute zweiten Mal “One Step Beyond” noch ein paar Minuten zum Tanzen und Feiern spendieren.
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Links:
Website von Madness
Homepage der Bundeskunsthalle Bonn